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Geduldsprobe. Noch bis Ende Juni wird auf der S-Bahn-Strecke zwischen Wannsee und Potsdam gebaut, Fahrgäste müssen auf einen Ersatzverkehr mit Bussen umsteigen.

© Ralf Hirschberger/dpa

Wegen maroder Brücken: Zwei Jahre lang wird die Strecke von Berlin nach Potsdam blockiert

In Babelsberg sollen fünf Brücken saniert werden. Deshalb soll in den Jahren 2021 und 2022 entweder nur die S-Bahn oder nur die Regionalbahn nach Berlin fahren.

Streckensperrung, Ersatzverkehr und Behinderungen auch für Autofahrer – seit Freitagabend ist Potsdam vom S-Bahn-Netz abgekoppelt. Bis Ende Juni wird auf der Strecke das altersschwache Gleis ausgetauscht und der S-Bahnhof Babelsberg saniert. Mit Ausnahme von ein paar Wochen im Mai werden in dieser Zeit keine S-Bahnen zwischen dem Potsdamer Hauptbahnhof und Griebnitzsee beziehungsweise Wannsee fahren. Doch diese monatelangen Einschränkungen sind nur ein Vorgeschmack auf das, was schon in wenigen Jahren auf Nutzer der Verbindung Berlin–Potsdam zukommt.

In den Jahren 2021 und 2022 werden in Babelsberg fünf Brücken komplett saniert. Das bestätigten die Deutsche Bahn und die Stadtverwaltung auf Anfrage. Die Arbeiten sollen sich über zwei Jahre hinziehen. Betroffen sind die Brücken der S- und Fernbahnstrecke über die Karl-Liebknecht-Straße, die Wattstraße, die Anhaltstraße, die Plantagenstraße und die August-Bebel-Straße. Außerdem soll der Bahndamm verbreitert werden, so ein Bahn-Sprecher.

Die Brücken werden abschnittsweise saniert. Das bedeutet, dass zuerst die Brückenteile erneuert werden, über die die beiden Gleise der Regional- und Fernbahnstrecke verlaufen. Das soll im Jahr 2021 geschehen. Während der Bauarbeiten werden weder die wenigen Fernzüge den Potsdamer Hauptbahnhof ansteuern noch die vor allem von Pendlern von und nach Berlin stark genutzten Regionalzüge wie der Regionalexpress 1.

2022 sollen Brückenteile erneuert werden

Während dieser Zeit sollen nach den Vorstellungen der Bahn aber weiterhin die Züge der S-Bahn-Linie 7 nach Potsdam fahren. Babelsberg und der Potsdamer Hauptbahnhof bleiben damit in dieser Bauphase an Berlin angebunden – auch wenn es mit der S-Bahn länger dauern wird. Bei früheren baubedingten Streckensperrungen hatte die Bahn den RE1 von Werder (Havel) über Golm und Spandau nach Berlin umgeleitet. Damit ist auch diesmal zu rechnen. Allerdings verschlechtert sich dadurch auch die Verbindung zwischen Potsdam, Werder (Havel) und Brandenburg an der Havel.

Ist das überstanden, erneuert die Bahn die Brückenteile, über die das Gleis der S-Bahn verläuft. Das soll voraussichtlich im Jahr 2022 geschehen. Folglich wird sie dann für bis zu einem Jahr nicht zum Potsdamer Hauptbahnhof fahren. Ob die S7 aus Berlin bis Griebnitzsee fahren wird oder schon in Wannsee endet, ist noch offen. Die genaue Planung erfolgt erst zu einem späteren Zeitpunkt. Ziel sei es, während der Bauarbeiten den Bahnverkehr nach Potsdam aufrechtzuerhalten, so der Bahn-Sprecher. Das heißt, dass entweder die S-Bahn oder die Regionalbahn benutzt werden können.

Die Verbindung zwischen Berlin und Potsdam gehört zu den wichtigsten in der Region

Die Bahnverbindung zwischen Potsdam und der Berliner Innenstadt ist eine der wichtigsten Pendlerstrecken der Region. Rund 14 000 Potsdamer arbeiten in Berlin. Umgekehrt zieht es etwa die gleiche Zahl Berliner zum Arbeiten in die brandenburgische Landeshauptstadt. Dazu kommen zahlreiche Studenten. Etwa jeder zweite Potsdamer Student wohnt in Berlin. Zuletzt war Potsdam im Jahr 2012 von der Regionalbahn abgekoppelt. Seinerzeit wurden im Grunewald die Gleise und Oberleitungen der Regionalbahn erneuert und mehrere Brücken ersetzt. Die Sanierungsarbeiten kosteten insgesamt 36 Millionen Euro.

Während der Bauarbeiten waren Fahrgäste auf die S-Bahn-Linie 7 als Ersatz angewiesen. Häufig gab es Verspätungen. Als das überstanden war, sanierte die Bahn die Gleise der S-Bahn durch den Grunewald – unter laufendem Betrieb, weshalb sich die Arbeiten über anderthalb Jahre hinzogen. Auch dabei verlängerte sich die Fahrtzeit. Zeitweise ließ die Bahn statt der S7 die S1 nach Potsdam fahren.

Auch der Lärmschutz wird bei den Arbeiten eine Rolle spielen

Wie der Verkehr während der künftigen Bauarbeiten organisiert werden soll, ist im Detail noch offen – ebenso mögliche Auswirkungen auf den Nahverkehr in Potsdam selbst. Auch die Kosten stehen noch nicht fest. Formal steht noch ein Planfeststellungsverfahren durch das Eisenbahnbundesamt aus. Im Zuge dessen wird dann auch die Stadtverwaltung beteiligt, heißt es aus dem Rathaus.

In den weiteren Planungsphasen will die Bahn auch die Frage des Lärmschutzes an der Strecke untersuchen. Das ist nötig, weil durch die Verbreiterung des Bahndamms die Strecke verändert wird. Geprüft werden soll, ob es sich dabei um eine „wesentliche Änderung“ im Sinne der Verkehrslärmschutzverordnung handelt. In solchen Fällen müsse durch den Bau von Schallschutzwänden oder ersatzweise andere Maßnahmen erreicht werden, dass die Grenzwerte für die Anwohner eingehalten werden, hieß es.

Dass dies nicht zwangsläufig bedeutet, dass in Babelsberg Lärmschutzwände aufgestellt werden, ist beispielsweise auf der deutlich stärker befahrenen Stadtbahnstrecke in Berlin zu sehen: Dort gibt es keine Lärmschutzwände – allerdings sind die Züge wegen der kurvigen Strecke auch nur mit Tempo 40 unterwegs.

Die Brücke über die Wattstraße ist schon lange marode

Besonders die Brücke über die Wattstraße hatte die Bahn bereits seit Längerem im Blick: Schon vor zwei Jahren tauchte sie auf einer Liste maroder Bahnbrücken in Deutschland auf, die dringend ersetzt werden müssten. Das war aus einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion zum Zustand deutscher Bahnbrücken hervorgegangen. In Brandenburg ist das keine Seltenheit: Von 801 Eisenbahnbrücken im Land wiesen 65 „so gravierende Schäden auf, dass eine wirtschaftliche Instandsetzung nicht mehr möglich ist“.

Marco Zschieck

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