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Die damalige Bundesfamilienministerin Franziska Giffey spricht auf einem Presse-Termin. Von ihrem Amt ist sie mittlerweile zurückgetreten, jetzt soll sie nach dem Willen zweier Jugendverbände auch als SPD-Chefin gehen.

© imago images/Emmanuele Contini

Exklusiv

Wegen ihrer Haltung zu Enteignungen und Plagiaten: Nachwuchs von Berliner Grünen und Linken fordert Giffey-Rückzug

Der Ton im Berliner Wahlkampf wird rauer. Die Vorstände von Grüner Jugend und Linksjugend fordern in einem Schreiben den Rücktritt von Franziska Giffey.

Die Nachwuchsorganisationen von Linken und Grünen fordern SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey zum Rückzug von ihrem Amt als Landesvorsitzende und ihrer Position als Spitzenkandidatin auf.

In einem von beiden Landesvorständen der Jugendverbände der bisherigen SPD-Koalitionspartner unterzeichneten Schreiben, das dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt, heißt es: „Wir fordern Franziska Giffey zum sofortigen Rückzug von ihren Posten als Landesvorsitzende der SPD und Spitzenkandidatin auf.“ Giffeys Kandidatur sei „ein Mittelfinger an alle Berlinerinnen und Berliner, die nicht im Geld schwimmen“, schreiben die Vorstände in ungewöhnlicher Deutlichkeit.

Anlass sind vor allem die neuen Plagiats-Vorwürfe gegen Giffeys 16 Jahre alte Masterarbeit und ihre Aussagen zum Enteignungsvolksentscheid. Giffey hatte ein Nein zu Enteignungen am Wochenende zur Koalitionsbedingung nach der Wahl erklärt.

Jette Nietzard, Vorstandsmitglied der Grünen Jugend Berlin, sagte dem Tagesspiegel: „Wir wollen Berlin weiter mit linker Mehrheit regieren, doch durch Giffeys konservative Politik ist das gefährdet.“ Felix S. Schulz, Sprecher der Linksjugend, sagte über die Motivation für das Schreiben: „Grundsätzlich knüpfen wir unsere Politik an Inhalte und nicht an Einzelpersonen. Giffeys Absicht ist es jedoch anscheinend, die Erfolge der letzten rot-rot-grünen Koalition zu zerstören.“

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Schulz erklärte, Rot-Rot-Grün könne auch nach der Wahl funktionieren, „aber nicht mit Giffey an entscheidender Position“. Die beiden Jugendverbände listen sechs Punkte auf, deretwegen die ehemalige Familienministerin für sie nicht mehr tragbar sei.

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So umfasse das Amt der Regierenden Bürgermeisterin auch das der Wissenschaftssenatorin. Es sei „absolut zynisch“ dieses mit Giffey zu besetzen, die „nach aktuellen Medienberichten nicht nur in der Doktorarbeit, sondern offenbar auch in der Masterabschlussarbeit umfassend plagiiert“ habe.

Giffey soll Unwahrheiten über Enteignungsvolksentscheid verbreitet haben

Die Jungverbände werfen der SPD-Politikerin auch vor, noch im Juli für Abschiebungen von Straftätern nach Afghanistan geworben zu haben. „Die Todesstrafe ist in der Bundesrepublik Deutschland abgeschafft – ein Fakt, mit dem sich auch Giffey vertraut machen sollte“, heißt es in dem Schreiben.

Außerdem wird Giffeys Aussage kritisiert, eine Sozialwohnungsquote von mehr als 30 Prozent führe zu „zu viel Problemen an einem Platz“. Drei weitere Kritikpunkte richten sich gegen das Nein in der Enteignungsfrage, Giffeys Bedingung für eine Weiterführung der Koalition.

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Die Vorstände schreiben: „Eine Kandidatin, die das zur Koalitionsbedingung macht und demokratische Grundprinzipien so mit Füßen tritt, ist für uns in Berlin nicht tragbar.“ Auch sei ihre Aussage absurd, dass durch Enteignungen keine neuen Wohnungen geschaffen würden – darum gehe es gar nicht. Außerdem erzähle Giffey die Unwahrheit, wenn sie behaupte, auch Genossenschaften würden enteignet. Dies sei falsch.

Tonfall im Wahlkampf wurde zuletzt deutlich schärfer

Das Schreiben schließt dem Aufruf: Wegen all dieser Punkte sind wir entsetzt davon, welches Personal die SPD dieser Stadt zumuten will. Deshalb fordern wir die SPD Berlin auf, sich auf den Boden eigener Beschlusslagen zurückzubegeben."

Ihre Aussagen zum Enteignungsvolksentscheid hatte Giffey am Sonntag präzisiert. Sie schrieb: „Wir müssen das Anliegen und auch dessen Ausgang sehr ernst nehmen. Dennoch habe ich mich inhaltlich klar gegen Enteignungen positioniert.“ Zuletzt war der Ton zwischen den bisherigen Koalitionspartnern rauer geworden. So hatte die Linken-Vorsitzende Katina Schubert der SPD-Kandidatin „allgemeines Blabla“ vorgeworfen.

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