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Gerhard Schroeder, Alt-Bundeskanzler, bei einem Interview im August 2021. Er ist gut mit Wladimir Putin befreundet.

© imago images/Jens Schicke

Update

Wegen Engagement für Putins Regime: Berliner SPD-Kreisverbände fordern Parteiaustritt von Alt-Kanzler Schröder

Der Landesverband fordert Gerhard Schröder auf, seine Mandate bei russischen Konzernen niederzulegen. Aus drei Kreisverbänden kommen Parteiaustrittsforderungen.

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In der Berliner SPD wächst der Unmut über das Verhalten des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD), der trotz des Angriffs auf die Ukraine an seinen Geschäftsbeziehungen zu Russland festhält.

„Der Landesverband Berlin unterstützt die Linie der Bundesspitze und des Landesverbandes Niedersachsen, in dem Schröder Mitglied ist“, erklärte eine Parteisprecherin am Mittwoch auf dpa-Anfrage. „Beide haben sich klar von Schröder distanziert und fordern ihn auf, seine Mandate unverzüglich niederzulegen. Ein solcher Schritt von ihm ist längst überfällig.“

Einige Kreisverbände gehen einen Schritt weiter: Bis Mittwochabend forderten drei Berliner Kreisverbände Schröders Parteiaustritt. Der Kreisverband Mitte beschloss am Dienstagabend einen Antrag, in dem Schröder zum Austritt aus der Partei aufgefordert wird, wenn er nicht unverzüglich seine Ämter bei Rosneft und Nord Stream 2 niederlegt.

Die Pankower SPD-Spitze fordert Schröder ebenfalls dazu auf, alle russlandbezogenen Aktivitäten sofort zu beenden oder die Partei zu verlassen. Die SPD in Treptow-Köpenick arbeitet laut „Berliner Zeitung“ an einem Beschluss, mit dem sogar bei einem Parteischiedsgericht Schröders Ausschluss beantragt werden soll.

Kreisverband stellt Unvereinbarkeit fest

In dem Antrag aus Mitte heißt es: "Als SPD stehen wir an der Seite der ukrainischen Bevölkerung bei der Verteidigung gegen den Aggressor Wladimir Putin. Eine Zusammenarbeit mit dem Putin-Regime ist für Sozialdemokrat*innen daher nicht vereinbar." Der Kreisverband stellt eine Unvereinbarkeit einer SPD-Mitgliedschaft mit Aufsichtsrats- oder Vorstandsposten in russischen Staatsunternehmen fest.

"Wir fordern daher Gerhard Schröder, Bundeskanzler a.D., dazu auf, unverzüglich von seinen Ämtern bei Rosneft und Nord Stream, sowie der Nominierung für den Aufsichtsrat von Gazprom zurückzutreten", heißt es in dem Antrag weiter. Sollte das nicht passieren, fordert der Kreisverband Schröder zum Parteiaustritt auf.

Als Sofortmaßnahme fordern die Sozialdemokraten, Gerhard Schröder durch einen Beschluss des Bundestages seine Amtsausstattung zu entziehen. Dafür soll sich die SPD-Bundestagsfraktion einsetzen.

Pankower SPD kritisiert Lobbyismus

Die Co-Kreisverbandsvorsitzende Rona Tietje erklärte: „Nahezu alle SPD-Mitglieder, die ich kenne, sehen die Tätigkeit von Gerhard Schröder für russische Energiekonzerne extrem kritisch.“. Die einhellige Bewertung sei, dass diese Form von Lobbyismus „inakzeptabel für einen ehemaligen sozialdemokratischen Bundeskanzler ist – übrigens auch schon vor der aktuellen Eskalation durch Putin“.

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Für einen Partei-Ausschluss gebe es jedoch zu Recht hohe Hürden und langwierige Verfahren, so Tietje: „In der SPD Pankow gibt es derzeit keinen Beschluss, der ein Parteiausschlussverfahren gegen Gerhard Schröder fordert.“ Aber man diskutiere „natürlich intensiv“ über die Situation: „Unser persönlicher Wunsch wäre, dass Gerhard Schröder selbst Konsequenzen zieht, vorzugsweise durch eine sofortige Beendigung seiner Tätigkeit für russische Unternehmen.“

Der Alt-Kanzler gilt als langjähriger Freund Putins

Vor dem Hintergrund der russischen Invasion in der Ukraine hatten schon am Dienstagabend Sozialdemokraten aus Heidelberg den Parteiausschluss von Schröder gefordert. Ein entsprechender Antrag sei bereits gestellt worden, sagte der SPD-Kreisvorsitzende Sören Michelsburg am Mittwoch. Auch andere Kreisverbände hätten Interesse an dem Antrag bekundet.

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Der Alt-Kanzler gilt als langjähriger Freund Putins. Er ist Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft und hat auch Führungspositionen bei den Pipeline-Projekten Nord Stream und Nord Stream 2. Vergangene Woche hatte er die Regierung in Moskau im Online-Netzwerk LinkedIn zwar aufgefordert, den Krieg in der Ukraine schnellstmöglich zu beenden. Von persönlichen Konsequenzen war aber nicht die Rede.

Der Tunnelbohrmaschinenbauer Herrenknecht teilte inzwischen mit, Schröder habe sein Mandat als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender niedergelegt. Den Schritt habe er "in einem persönlichen Gespräch und im gegenseitigen Einvernehmen" mit Vorstandschef Martin Herrenknecht erklärt. Am Dienstag hatten schon vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Schröders Büro gekündigt, unter ihnen ein langjähriger Vertrauter. (mit dpa)

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