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Neue alte Mitte in Berlin: das Humboldt Forum mit der teilweise rekonstruierten Stadtschlossfassade.

© Jens Kalaene/dpa

Wegen antisemitischer Äußerungen: Humboldt Forum lässt Ehrung für Großspender extern überprüfen

Ein 2016 verstorbener Mäzen äußerte sich in Publikationen antisemitisch und pflegte eine Nähe zur Neuen Rechten. Im Portal des Stadtschlosses wird er gewürdigt.

Nach einem Tagesspiegel-Bericht über antisemitische und antidemokratische Äußerungen eines Großspenders will die Stiftung Humboldt Forum dessen Ehrung extern überprüfen lassen. Die Stiftung werde „ein renommiertes zeithistorisches Institut beauftragen, diesen Vorwürfen nachzugehen“, hieß es am Dienstag nach einer Sitzung des Stiftungsrats. Anschließend solle entschieden werden, wie mit der Spenderehrung umgegangen werde.

Der Kasseler Professor für Architekturtheorie, Philipp Oswalt, hatte zuvor Veröffentlichungen des Spenders analysiert. Es handelt sich um den im Jahr 2016 im Alter von 91 Jahren verstorbenen Juristen und Banker Ehrhardt Bödecker.

Er wird mit seiner Ehefrau Anneliese und anderen Großspendern, die jeweils mehr als eine Million Euro für den Bau gestiftet haben, im Durchgang des Eosanderportals mit Reliefmedaillons.

„Bödeckers Preußenbild hat rechtsradikale Züge“, schrieb Oswalt in seinem Gastbeitrag bei Tagesspiegel Plus. „Der Zentralrat der Juden hält seine Äußerungen für antisemitisch.“

Bödecker habe die Zahl von sechs Millionen Holocaustopfern bestritten, berichtete der Kasseler Professor über dessen Publikationen, und für den im Kaiserreich praktizierten Ausschluss von Juden aus Armee und Verwaltung Verständnis geäußert: Dieser sei in dem legitimen Wunsch des Staates nach Homogenität begründet gewesen. Außerdem habe der Großspender eine Nähe zur Neuen Rechten gepflegt.

Humboldt Forum: „Klar gegen jede Form von Ausgrenzung oder Rassismus“

Das Humboldt Forum teile „in keiner Weise“ die recherchierten Meinungen des Stifters zu einem militaristischen Preußen- und Kaisertum, zu Krieg und Holocaust, und bekenne sich „klar gegen jede Form von Gewaltverharmlosung, Diskriminierung, Ausgrenzung oder Rassismus“, hieß es nun erneut bei der Stiftung.

[Lesen Sie die ganze Analyse bei Tagesspiegel Plus: Preußentum und Antisemitismus: Ehrt das Humboldt Forum einen Mäzen mit rechtsradikaler Gesinnung?]

Im Humboldt Forum werden Großspender bei entsprechendem Wunsch nach einem abgestuften Konzept gewürdigt. Das rund 680 Millionen Euro teure Zentrum für Kultur und Wissenschaft konnte nur entstehen, weil eine private Initiative für die höchst umstrittene Rekonstruktion der barocken Schlossfassade gut 100 Millionen Euro an Spenden einsammelte. Auch die nicht weniger kritisierte Kuppel mit dem ursprünglich nicht vorgesehenen Kreuz ist aus Spendengeldern finanziert.

Das rund 40.000 Quadratmeter umfassende Gebäude im Herzen Berlins teilen sich zwei Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, das Land Berlin, die Humboldt-Universität und die Stiftung Humboldt Forum. Gezeigt werden Exponate aus Asien, Afrika, Amerika und Ozeanien sowie Objekte zur Geschichte Berlins. (Tsp, dpa)

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