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Die Spandauer Seebrücke in der „Wasserstadt“. Bausenatorin Lompscher will dort Sozialwohnungen errichten.

© Kitty Kleist-Heinrich

"Wasserstadt Oberhavel": Senat entreißt Spandau Planungsrecht für Wasserstadt

Die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung übernimmt das Planungsrecht in der Wasserstadt. Spandaus Baustadtrat fürchtet sich vor "Zehngeschossern" mit Sozialwohnungen. An dem Streit ist noch mehr pikant.

Der Senat übernimmt die Planung im ersten Bauabschnitt der „Wasserstadt Oberhavel“ – gegen den Willen des Bezirks Spandau. Warum der Senat einschreitet? Die Lompscher-Verwaltung hatte das Bezirksamt per Ultimatum dazu aufgefordert, mit der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Gewobag einen Vertrag zur „Mietpreis- und Belegungsbindung entsprechend der Vorgaben des Berliner Modells“ abzuschließen. So steht es in einem Schreiben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Dabei sind „Festlegungen durch den Bezirk an dieser Stelle völlig absurd“, sagte der Baustadtrat des Bezirk, Frank Bewig.

Bewig bestätigte den Streit und kann sich den Sinn einer solchen Vereinbarung nicht erklären, weil es eine solche bereits gebe: „Dazu haben sich alle landeseigenen Unternehmen schon in der Kooperationsvereinbarung mit dem Senat verpflichtet.“ Zudem seien Vertreter des Senats in den Aufsichtsgremien der Unternehmen vertreten und die Firmen seien dem Senat als Gesellschafter gegenüber weisungsgebunden.

Bauvorhaben verzögert sich

Das Schlimmste aber sei, dass sich durch die neue Zuständigkeit beim Senat das ganze Bauvorhaben um mehrere Monate verzögere. „Wir sind fertig und könnten morgen die Genehmigungen erteilen“, so Bewig. Wenn der Senat die Hoheit bei der Planung übernimmt, müssen eine Übergabe erfolgen, ein neues Planungsteam gebildet werden und möglicherweise Korrekturen an den bisherigen Festlegungen erfolgen.

Bisher sind im ersten Bauabschnitt Wohnhäuser mit vier Stockwerken und einem Staffelgeschoss geplant, also mittelgroße Mietshäuser. Die Wasserstadt liegt zwischen den Ortsteilen Haselhorst und Hakenfelde. Beide Quartiere nennt Baustadtrat Bewig „an einigen Stellen problematisch“. Dies gilt für viele Teile von Spandau, weil es dort lange Zeit mehr Wohnungen zu günstigen Mieten gab als in zentraler gelegenen Bezirken. In den letzten Jahren profitierte der Bezirk von starkem Zuzug. Doch nach Spandau zogen auch viele Bewohner, die sich die explodierenden Mieten im Zentrum nicht mehr leisten konnten.

"Sozialer Brennpunkt von morgen"

„Wir können nicht alle Wohnungsprobleme Berlins in Spandau lösen“, sagt Bewig. Während die soziale Mischung in Mitte oder Pankow durch den Zuzug von Haushalten mit hohen Einkommen bedroht wurde, ist es in Spandau genau umgekehrt. „Und ich will nicht die sozialen Brennpunkte von morgen bauen“, sagt Bewig. Genau das aber befürchtet er, wenn der Senat nun die Planung in der Wasserstadt übernimmt und „Zehngeschosser baut, nur um die Wohnungsbauzahlen aufzupolieren“.

Zumal der Bezirk sich an der Wohnungsbauoffensive des Landes kräftig beteiligt hat. Mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung unterschrieb der Bezirk erst vor wenigen Wochen eine Vereinbarung, mit dem er sich auf den Bau von mehr als 13.000 Wohnungen in den kommenden Jahren verpflichtet. Nur ein einziger Bezirk baut noch mehr: Pankow.

Problematische Personalien

Pikant ist der Streit zwischen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Bezirk Spandau auch deshalb, weil auch der Chef der Abteilung Wohnungswesen und Wohnungsneubau aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Jochen Lang, in das Siedlungsprojekt eingebunden ist. Lang saß außerdem für den Senat im Kontrollgremium der landeseigenen Firma Gewobag, die in der Spandauer Wasserstadt bauen will.

Lang wechselt nach Informationen des Tagesspiegels in die Senatskanzlei und arbeitet nun direkt dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller zu. Gerüchten zufolge könnte Langs designierte Nachfolgerin im Haus von Senatorin Lompscher die Notbremse gezogen und das Bauprojekt Wasserstadt Oberhavel an sich gezogen haben. Bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wollte man sich zu den Personalien nicht äußern.

Den Siedlungsbau in der „Wasserstadt Oberhavel“ hatte der Senat bereits in den 1990er Jahren gestartet, während der ersten Berlin-Euphorie. Doch die Stadt wuchs nicht wie erwartet, sondern schrumpfte sogar und das Land stoppte das Projekt. In dieser Zeit waren Kosten in Höhe von mehreren Milliarden Euro für die Erschließung der früher teilweise industriell genutzten Flächen aufgelaufen. Der Senat musste dafür aufkommen, weil der ursprüngliche Plan, dieses Geld durch den Verkauf von Grundstücken wieder hereinzuholen, nicht aufgegangen war. Als die Bevölkerung in Berlin wieder wuchs, weil mehr Menschen herzogen als fortzogen und verstarben, griff der Bezirk die Bauplanung in dem Quartier wieder auf.

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