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Die Antragsteller müssen im Durchschnitt acht Wochen auf den WBS warten - in einigen Stadtteilen noch länger.

© Jens Kalaene/dpa

Warum dauert das so lange?: Manche Berliner warten monatelang auf ihren Wohnberechtigungsschein

Der WBS ermöglicht es Berlinern mit geringem Einkommen, Sozialwohnungen zu mieten. Doch seine Bearbeitung dauert oft lange - und ist nicht das einzige Problem.

Sie liegen teilweise in den Berliner Szenekiezen und trotzdem ist der Mietpreis noch bezahlbar: Belegungs- und mietpreisgebundene Wohnungen sind für viele Wohnungssuchende mit geringem und mittlerem Einkommen eine Verheißung. Voraussetzung ist ein Wohnberechtigungsschein (WBS).

Nur mit dem amtlichen Nachweis kann man sich um eine solche Wohnung bewerben. Bis Mieter den Schrieb vom Amt erhalten, kommt es in manchen Bezirken allerdings zu ähnlich quälend langen Hängepartien wie bei der Wohnungssuche selbst.

Ganze 16 Wochen müssen Bürger:innen in Marzahn-Hellersdorf aktuell durchschnittlich warten, ehe sie den genehmigten WBS bekommen. In Mitte dauert es zurzeit 14 Wochen bis zur Ausstellung und in Lichtenberg vergehen zwölf Wochen, bis der heiß ersehnte Schein nach dem Antrag ausgestellt wird. Das geht aus einer Anfrage der Grünen-Abgeordneten Anja Kofbinger und Stefan Ziller hervor.

Die drei Bezirke sind demnach die unrühmlichen Spitzenreiter des Rankings. Jedoch warten die Antragsteller:innen auch berlinweit im Durchschnitt acht Wochen auf die Ausstellung eines WBS. So manche interessante Wohnung dürfte in dieser Zeit schon längst vergeben sein, während die Berechtigten sich noch nicht darauf bewerben dürfen.

Zwei weitere Stellen für WBS-Bearbeitung

In Marzahn-Hellersdorf existiert das Problem ausufernder Wartezeiten schon eine ganze Weile. Von einem „strukturellen Defizit“ in Bezug auf das Personal sprach der zuständige Stadtrat Thomas Braun (AfD) zuletzt. Immerhin seien mittlerweile zwei weitere Stellen für die WBS-Bearbeitung geschaffen worden.

In Mitte arbeiteten im Bereich der Wohnungsbindung besonders viele Mitarbeiter:innen aus Risikogruppen, heißt es vom Bezirk. Aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen waren diese laut einem Sprecher des Bezirks „im letzten Jahr eine lange Zeit zu Hause, ohne die Möglichkeit, von dort aus arbeiten zu können“. An Laptops und Onlinezugängen habe es in dieser Zeit gefehlt. Der damals entstandene Rückstand habe sich bis heute fortgesetzt.

Mittlerweile würde sich die Situation wieder bessern, da es in der Bezirksverwaltung mehr Möglichkeiten zum Arbeiten gebe und auch die Impfungen der Mitarbeiter:innen voranschritten, erklärte die zuständige Bezirksstadträtin Ramona Reiser (Linke). Auch der Lichtenberger Bezirksstadtrat Kevin Hönicke (SPD) nennt „größere Personalprobleme“ als Ursache.

Zahl der Anträge deutlich gestiegen

Ein Teil der Stellen sei nicht besetzt. Zudem müssten immer wieder bei den Antragstellenden Unterlagen nachgefordert werden, was die Bearbeitung verzögere. „Gleichzeitig hat sich die Zahl der Anträge im Bezirk Lichtenberg in den letzten Jahren deutlich gesteigert“, erklärte Hönicke.

Dabei handelt es sich um kein auf Lichtenberg begrenztes Phänomen. In allen Bezirken ist die Zahl der WBS-Anträge zuletzt deutlich gestiegen. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl auf 58 888. Noch 2017 gab es erst 46 144 Anträge. Seither hat sich der Berechtigtenkreis deutlich erweitert: Der Senat beschloss 2018, dass auch Menschen mit mittleren Einkommen, den WBS beantragen können.

Wie zuvor können Personen mit einem monatlichen Nettoeinkommen bis zu 1400 Euro, bei zwei Personen bis zu 2100 Euro, Sozialwohnungen für 6,50 Euro den Quadratmeter mieten können. Seither haben auch Menschen, die monatlich 1800 Euro netto verdienen oder als Zwei-Personen-Haushalt nicht mehr als 2700 Euro im Monat haben, die Möglichkeit, im geförderten Wohnungsbau nur acht Euro je Quadratmeter zu zahlen. Die Berechtigtenzahl liegt damit bei über 1,2 Millionen in Berlin – bei nur knapp 100 000 Sozialwohnungen.

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Trotz der langen Ausstellungszeiten sieht Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, darin das größere Problem. „Ein Wohnberechtigungsschein ist leider noch keine Garantie für eine neue Wohnung.“ Die Chancen seien relativ gering, da für immer mehr Menschen immer weniger Sozialwohnungen zur Verfügung stünden. Zwar seien seit 2014 rund 10 000 neue Bleiben in dem Segment errichtet worden, jedoch gebe kaum ein Mieter diese wieder her, sobald er einmal eingezogen ist, sagte Wild.

Maximal nur 3000 bis 4000 Sozialwohnungen seien daher jährlich auf dem Markt. „Der Kreis der Bewerber ist um ein Vielfaches höher. Insbesondere Menschen, die neu auf dem Markt sind, haben ein echtes Problem.“

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