Wahlkampfgeschenke zur Europawahl: Die Parteien teilen aus
Bärchen, Blüten, Baumwollbeutel: Die Parteien haben mit vielen Mitteln um Stimmen geworben. Wie erfolgreich waren sie? Das zeigt sich am Sonntag.
Womöglich werden bald massenhaft Bienen sterben, weil sie sich überfressen haben: Mehr als 100 000 Tütchen mit Bienenfuttersamen haben allein die Grünen im EU-Wahlkampf bundesweit unters Volk gebracht. Auch bei der SPD heißt es, „dass diese Bienenwiesensamen heiß im Kommen sind“; die Vorräte sind aufgebraucht. Als wäre das nicht schon mehr als genug, haben auch die Linken jede Menge Samentüten im Programm gehabt: Mohn, der bekanntlich rot blüht und – je nach Sorte – berauschend wirkt.
Ob das auch fürs Wahlergebnis gilt, wird sich Sonntagabend zeigen. Zumindest haben die Parteien auch jenseits der sichtbehindernden Großplakate entlang der Hauptverkehrsstraßen einigen Aufwand getrieben, um Wähler zu mobilisieren. Wochenlang sei man mit dem vollen Programm unterwegs gewesen, heißt es bei der Landes-CDU, die allerdings kein Budget nennen mag. Verteilt wurden neben den obligatorischen Flyern blaue Turnbeutel mit dem Slogan „Starkes Europa – gut für Berlin“. Dazu gab es natürlich Luftballons für die Kleinen und Kugelschreiber für die Großen.
Die immerwährende Beliebtheit dieser Utensilien erklärt der Berliner FDP-Sprecher Helmut Metzner so: „Ein Prospekt lässt sich deutlich schlechter verteilen als ein Prospekt mit Kuli.“ Die sogenannten Giveaways, also Weggebsel, „sind ein guter Gesprächseinstieg“. Welche Mengen in den vergangenen Wochen umgeschlagen wurden, sei nicht bekannt, weil die Ortsverbände dezentral bestellten und bezahlten. Überhaupt seien deren Aktivitäten beim Straßenwahlkampf „zwar erheblich, aber nicht ganz so groß wie beispielsweise bei der Bundestagswahl“. Metzner betont, dass die kleinen Geschenke eine Geste seien und kein Bestechungsversuch: „Wir denken schon, dass die Wähler vernunftgeleitete Wesen sind, die ihre Entscheidung nicht wegen eines Kugelschreibers treffen.“
Oder wegen eines Stoffbeutels, auf dem riesengroß „Ding, Ding, Klopf, Klopf“ steht. Es sind die Grünen, die auf ungebleichter Baumwolle den Leuten einhämmern wollen, das neue Europa zu bauen. Wer es eine Nummer kleiner bevorzugt, kann zu Tüten gelatinefreier Fruchttiere greifen, die Aufschrift: „Auch für Gummibären gilt: Bitte gerecht verteilen“. Mehr als 60 000 Stück seien davon verteilt worden, heiß es in der Grünen-Bundeszentrale. Die Größenordnung ähnele der bei der Bundestagswahl, beim Sortiment achte man auf Nachhaltigkeit.
Mit dem zentralen Einkauf sind die Grünen die Ausnahme. Bei den Linken wird es traditionell persönlich – etwa in Gestalt der Harzfeuer-Tomatenpflanzen, die Petra Pau verteilt. Sehr zielgruppengenau agiert auch die Pankower Jugend-Basisorganisation, die „Merkste selba?!“ heißt und nachts etwa an der Schönhauser Allee auch mal Kirschlikör verteilt.
Wer den intus hat, kann den roten Kopf mit dem SPD-Fächer kühlen, der allerdings made in China und von zweifelhafter Qualität ist. Überzeugen können allerdings die blauen Gaby-Bischoff-Kulis, auf denen „biobased“ steht, was immer das heißen mag. Auch im Geschmacksvergleich der Gummibärchen liegen die Sozialdemokraten subjektiv klar vorn. Sollte es an der enthaltenen Rindergelatine liegen, wären die Bärchen eine Metapher auf das ewige Dilemma der SPD: Ihr Angebot kann einem durchaus schmecken, aber irgendwie kann man’s nicht guten Gewissens genießen.
Die AfD ließ eine Anfrage zu Wahlkampfgeschenkchen unbeantwortet.
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