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Im Sommer verspricht der Tiergarten Abkühlung.

© Lukas Schulze/dpa

Wärmerekord in Berlin: Nach der Hitze kommt das Donnerwetter

Der Mai liefert den nächsten Wärmerekord. Auf die Dürre folgen Gewitter – und ein Wetterumschwung. Bis dahin ist überall Wasser gefragt.

Hat es eine derartige Hitze im Mai überhaupt schon mal gegeben? Ein kurzer Blick ins Archiv liefert die durchaus überraschende Antwort: Ja, nämlich vor genau einem Jahr. Vier der sechs Tage, an denen es 2017 in Berlin jeweils mehr als 30 Grad heiß wurde, lagen im Mai. Auf den bekanntlich der Juni-Monsun folgte. Und doch ist das Wetter 2018 anders, ja, extremer.

Das gilt speziell für die Temperaturen: Auf einen im Mittel fünf Grad zu warmen April – der wärmste seit Beginn der ständigen Wetteraufzeichnungen in Berlin vor 110 Jahren – folgte ein ebenfalls rekordwarmer Mai. Gut vier Grad über dem langjährigen Mittel werden es am Ende sein, prophezeit Jörg Riemann, Chefmeteorologe der Wettermanufaktur in Tempelhof.

Bis Freitag soll die Hitze mit Höchstwerten um oder knapp über 30 Grad anhalten, wobei es zunehmend schwül und gewittrig wird. Je nachdem, wann und wo die Unwetter sich bilden, könnte der Mai an manchen Orten Brandenburgs ohne einen Tropfen Regen zu Ende gehen.

Im Kreis Ostprignitz-Ruppin sei die Dürre besonders dramatisch, berichtet Tino Erstling vom Landesbauernverband. Genug geregnet habe es in den vergangenen Wochen nirgends im Land. Ohne Regen in den allernächsten Tagen seien für Raps und Getreide lokale Totalausfälle absehbar.

Die Dahme führt kaum noch frisches Wasser

Immerhin scheint zum ersten Mal seit Wochen nennenswerter Regen in Sicht: Am Wochenende stellt sich die Wetterlage um, und Sonnabend kann es wohl durchaus auch mal eine Weile so vor sich hin regnen, dass ein wenig davon in den staubtrockenen Boden eindringt.

Wie ausgetrocknet die Region ist, zeigt ein Blick auf den Nachschub, den die Flüsse nach Berlin bringen: 6,5 Kubikmeter pro Sekunde liefert laut dem Brandenburger Landesumweltamt aktuell die Spree. Das ist halb so viel wie sonst im Mai. Die Havel bringe statt 12,5 Kubikmeter noch fünf, und die Dahme, die im Mai gewöhnlich knapp zehn Kubikmeter pro Sekunde führt, schaffe nur noch 0,3.

Zugleich steigt die Nachfrage bei den Berliner Wasserbetrieben (BWB): „Am Montag haben wir 820.000 Kubikmeter verkauft“, sagt Sprecherin Astrid Hackenesch-Rump. Üblich sind für die Jahreszeit je nach Wetter etwa 700 000 Kubikmeter am Tag. Wobei die Trockenheit an den teils 100 Meter tiefen Brunnen der Wasserbetriebe so schnell kein Nachschubproblem verursacht.

Anders sieht es in der Botanik aus. Viele jüngere Gewächse überstehen die Dürre nur mit menschlicher Hilfe. Sven Wachtmann, Fachberater beim Landeskleingartenverband, rät zu ausgiebigem täglichen Wässern, am besten frühmorgens. Als Faustregel empfiehlt er, alles zu gießen, was weniger als fünf, sechs Jahre alt ist, insbesondere junge Bäume. Zwei große Kannen pro Tag seien nötig.

Das gilt ganz besonders für Straßenbäume, um die es oft noch wärmer ist als in Gärten und Parks. Viele Hobbygärtner seien zu knausrig, sagt Wachtmann – und rät zum Test mit dem Spaten oder der Hand in der Erde: Oft dringt das Wasser kaum in den Boden ein. Das gilt für die leichten Sandböden in Berlin und Brandenburg ganz besonders.

Deshalb rät Wachtmann zu Gießrändern als Dämme um Neupflanzungen und „richtigen Baumscheiben, weil Gras um einen jungen Baum wie ein Schwamm wirkt“. Davon abgesehen könne man die Gartenarbeit weitgehend einstellen: Kurz geschnittener Rasen verbrenne zurzeit unweigerlich, ebenso das innere Laub, das man beim Schnitt von Bäumen oder Hecken plötzlich der heißen Sonne aussetze. Wachtmann, selbst Chef eines Gartenbaubetriebs, rät zu Bewässerungssystemen mit Tropfschlauch, die zwar relativ teuer, aber effektiver und komfortabler seien als eine Spritze.

15 Grad nachts in Köpenick, 20 in Tegel

Obwohl das momentane Wetter wie der Beweis des Klimawandels scheint, hält sich der Meteorologe Riemann mit einer solchen Diagnose zurück: „Die aktuelle Wetterlage ist praktisch dieselbe, die uns Anfang März tagsüber Kälterekorde gebracht hat.“ Ein mächtiges Hoch über Skandinavien blockt den ausgleichenden Effekt des Atlantiks ab und schaufelt Luft aus Russland heran.

Die ist im Winter bitterkalt, weil kein Meer sie wärmt. Ab April aber heizt die höher stehende Sonne das riesige Festland rasch auf – und verschaffte in diesem Frühjahr Norddeutschland die angenehme trockene Wärme. „Jetzt ist das Hoch ein bisschen verrutscht“, sagt Riemann, „sodass heiße Luft aus Südosten kommt“.

Grob bestehe die aktuelle Wetterlage seit acht Wochen – und nähere sich ihrem unausweichlichen Ende. „Irgendwann müssen die aufgebauten Temperaturgegensätze grundsätzlich ausgeglichen werden“, sagt Riemann. Die nächste Woche werde spürbar kühler als diese, und für die zweite Junihälfte – die Siebenschläferzeit – rechne er mit einer grundsätzlichen Umstellung. „Ich bin fest überzeugt, dass dieses trockenheiße Wetter nicht bis August durchläuft.“

Welche Rolle die Stadt als Hitzeinsel spielt, hat die Nacht zu Dienstag gezeigt. Während die Temperatur am Kaniswall am Südostzipfel Berlins auf 15,2 Grad sank, erlebte Tegel – wohin der Südostwind die Wärme der City wehte – mit 20,4 Grad die erste Tropennacht des Jahres.

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