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Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sitzen in der "Welcome Hall Land Berlin", der ersten Anlaufstelle nach der Ankunft der Flüchtlinge auf dem Hauptbahnhof.

© dpa/Carsten Koall

Vorläufige Unterbringung in Berlin endet: Ukrainische Flüchtlinge müssen Hostels verlassen

Sozialsenatorin Kipping verteidigt die bundesweite Verteilung der Geflüchteten. Berlin werde aber mehr aufnehmen müssen als vorgesehen.

Von Sonja Wurtscheid

Die Unterbringung ukrainischer Kriegsflüchtlinge in Berliner Hostels läuft dieser Tage aus. Viele Verträge enden nach Auskunft der Sozialverwaltung diesen Donnerstag. Die Anmietung von Hostels sei notwendig gewesen, um "sprunghafte Ankünfte in der Nacht abzufedern", sagte Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) am Donnerstag im Integrationsausschuss des Abgeordnetenhauses.

Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) informiere die Menschen in den Hostels im Vorfeld, dass sie gemeinsam zu einem bestimmten Zeitpunkt nach Tegel kommen könnten, sagte Kipping. "Es gibt einen Shuttlebus, der sie hinfährt". Am ehemaligen Flughafen Tegel werden die ukrainischen Kriegsflüchtlinge registriert und gegebenenfalls auf andere Bundesländer weiterverteilt.

Kipping nahm Bezug auf einen Fall von Montag, wo 120 Menschen von einem Hostel in Lichtenberg mit Bussen nach Tegel gebracht werden sollten, aber nicht einstiegen. "Ich möchte an dieser Stelle eine Lanze brechen für die Verbindlichkeit der bundesweiten Umverteilung. Bei so mancher Kritik hatte ich den Eindruck, die Leute sollen jetzt abgeschoben werden. Nein, das ist ausdrücklich nicht der Fall", sagte Kipping.

Die 120 Menschen waren durch ihre freikirchliche Gemeinde miteinander verbunden. Die CDU hatte sich empört gezeigt über die Verlegung der Gruppe in ein anderes Bundesland und argumentiert, die Menschen seien in Lichtenberg schon eingebunden.

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Alle Bundesländer sollten "in die Pflicht genommen" werden

"Das Schlimmste, was den 120 Menschen droht, ist, dass sie definitiv zusammen als Gruppe – das können wir zusichern – in ein anderes deutsches Bundesland kommen", sagte Kipping am Donnerstag dazu. "Die Wahrscheinlichkeit, dass sie in einen Ort kommen, wo es mehr Wohnungen gibt, der vielleicht sogar finanzkräftiger ist, ist statistisch gesehen sehr, sehr hoch."

Wenn Ukrainer:innen in Berlin nach Tegel gefahren werden, gehe es mitnichten um eine Abschiebung, sagte die Linken-Politikerin. "Sondern es geht darum, dass alle 16 Bundesländer in die Pflicht genommen werden. Das ist auch notwendig."

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30 bis 50 Prozent der Personen, die sich in Tegel anmelden, sind nach Auskunft des Landesamts für Einwanderung (LEA) Kinder. "Das heißt, wir müssen für diese 30 bis 50 Prozent Kita- und Schulplätze organisieren – und das müssen gute Schulplätze sein", betonte Kipping. "Jeder, der um die Probleme in unseren Schulen weiß, ahnt doch, dass es einen Unterschied macht in der Qualität, ob wir innerhalb weniger Wochen 30.000 neue Schulplätze schaffen müssen - oder 300.000."

Der Senat werde überdies Kriterien dafür festlegen, in welchen Gruppen Berlin mehr Geflüchtete aufnimmt, als im Königsteiner Schlüssel vereinbart. Schon jetzt nehme Berlin faktisch mehr als die vorgesehenen fünf Prozent auf, sagte Kipping - "weil wir beim LEA gesagt haben: Wer nachweisen kann, dass er Kernfamilie – also Großeltern, Geschwister – hier hat, in Berlin bleiben kann".

Aufnahmekriterien müssten transparent sein

"Weil es in Berlin so eine große ukrainische Community gibt", führte Kipping aus, "kann man schon mal sicher sein: Wir werden nicht bei fünf Prozent landen, sondern wir werden deutlich da drüber landen". Das sei auch okay.

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Nur müssten die Kriterien, nach denen Berlin mehr Menschen aufnimmt, "extrem transparent gemacht werden", betonte die Linken-Politikerin. "Das Kriterium ist nicht: wer berührt bei jemandem, der in der Öffentlichkeit steht, besonders das Herz. Es muss immer von dem akuten Bedarf der Betroffenen ausgehen bei der Überquotierung."

Der Senat erarbeite zudem eine Vorlage, wo es um die Bedürfnisse von vulnerablen Gruppen geht. 95 Prozent der Ankommenden gehörten zu vulnerablen Gruppen, sagte Kipping. Dafür wolle Berlin ein Screening aufsetzen, "möglichst schon bei Grenzübertritt".

Im Ankunftszentrum in Tegel erfolge dann eine weitere Überprüfung: "Sind die Menschen reisefähig oder nicht? Wenn jemand nicht reisefähig ist, das ist klar, muss es hier in Berlin ein Angebot geben", sagte Kipping. Aktuell sei das Ziel, in Tegel eine Transferzone zu bauen für Menschen, die besonders pflegebedürftig sind oder die einen akuten Behandlungsbedarf haben – und für deren Angehörige.

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