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Viel Backstein, viel Tradition. So schön kann Bremen sein.

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Vor der Bürgerschaftswahl: Was Berlin und Bremen miteinander verbindet

Miese Bildung und langweiliger Fußball: Die Hauptstadt und die Hansestadt haben einige Gemeinsamkeiten.

"Berlin blickt auf Bremen“, heißt es seit einigen Tagen überall. Was natürlich Unsinn ist, solange wir „Berlin“ nicht als Chiffre für die politische Hauptstadt verstehen, die in der Tat allerhand Gründe hat, zur Weser rüberzuschauen. Aber Berlin als Stadt? Schaut eher woandershin. Auf Hamburg, wo die Elphi touristische Sogwirkung entfaltet, auf Wien, wo (fast) alles ein wenig leichter zu gehen scheint. Auf London und Paris, die ewigen Vorbilder in Sachen Attraktivität. Bremen? Ist auch noch da, wir haben eine gewisse Vorstellung von hanseatischer Tradition, Backsteinhäusern und Weserstadion – aber die hohe Wertschätzung, die Bremen in Berlin doch immer wieder erfährt, hat sicher viel eher mit der Solidarität unter den bundesdeutschen Underdogs zu tun, die sich den Luxus rot-grüner Oberhoheit echt was kosten lassen.

Zum Beispiel beim Bildungsmonitor 2018: „Bremen löst Berlin als Schlusslicht ab“, textete pikiert der Weser-Kurier, das geht wohl immer hin und her über die Jahre. Beide Städte waren sich immer einig, wenn es darum ging, die Belastbarkeit ihrer Bildungssysteme durch gut gezielte Eingriffe zu prüfen und das stets katastrophale Ergebnis lauthals als Erfolg zu werten. Ähnlich der „Schuldenatlas“, der Auskunft über den Anteil der überschuldeten Haushalte gibt: Bremen ganz am Ende hinter Sachsen-Anhalt und Berlin. Auch wenn es um kriminelle arabische Clans geht, haben Berlin und Bremen die gleichen Probleme.

Aber auch Underdogs können mal was reißen: In den vergangenen beiden Jahren haben Berlin und Bremen mit Spitzenplätzen beim Wirtschaftswachstum geglänzt, haben Bayern und BaWü locker abgehängt – beim Wachstum, nicht beim absoluten Bruttosozialprodukt. Nur beim Nehmen aus dem Länderfinanzausgleich hat Bremen keine Chance, zu Berlin aufzuschließen, dazu ist es dann doch einfach viel zu klein.

Generell gilt aber: Sollte mal eine neue Bundeshauptstadt gesucht werden, wäre Bremen von den Kennzahlen her absolut qualifiziert und würde das bundesdeutsche Gefüge nicht durch übermäßiges Strebertum verzerren, so viel ist mal sicher. Sogar die aktuelle Tabelle der Fußball-Bundesliga zeigt, wie sehr beide Städte in Tuchfühlung sind und sich dabei gut fühlen: Werder auf Platz 8, Hertha auf Platz 11, in der Saison davor Hertha auf Platz 10, Werder 11.

Bis Sonntag bleibt zumindest offen, ob politische Veränderungen in Bremen die feste Partnerschaft im Nichtsogutdraufsein möglicherweise gefährden. Dabei hat diese Solidarität Wurzeln, die so alt sind wie die Bundesrepublik. 1949 – die Berliner hatten sich gerade für die Wiederaufforstung des zerstörten Tiergartens entschieden – fuhr am Nikolaustag ein Lastwagen aus Bremen vor, bis oben hin beladen mit Bäumen und Sträuchern. Rund 3000 Pflanzen spendete der Bremer Bürgermeister Wilhelm Kaisen für den Berliner Park, ein Vorbild für andere Bundesländer, die später folgten.

Diese Aktion ist auch der Grund dafür, dass es im Tiergarten einen „Bremer Weg“ gibt. Auf dem Mittelstreifen der Straße des 17. Juni steht übrigens „Der Rufer“, eine Plastik von Gerhard Marcks. Es gibt ihn identisch auch in Bremen an der Weser. Was sich beide zurufen, ist nicht bekannt; am Sonntag könnten es die Bremer Wahlergebnisse sein.

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