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Auf Sendung. Der Palast der Republik war Sitz des DDR-Parlaments - und am Tag der Wahl auch Fernsehstudio.

© dpa

Vor 25 Jahren: Erste freie Wahlen in der DDR: Eine Sternstunde - politisch wie privat

Der 18. März 1990 war ein historischer Tag in der DDR: die erste freie Volkskammerwahl. In seiner Kolumne erinnert sich Andreas Conrad daran, dass er ausgerechnet an diesem Tag etwas Privates vorhatte.

Politische und private Sternstunden fallen nur selten zusammen, bisweilen aber doch. In diesem Fall ist es die erste freie Volkskammerwahl an diesem Mittwoch vor 25 Jahren, die sich in der Erinnerung für immer mit einem Sonntagsausflug aus West-Berlin nach Brandenburg verbindet. Nicht zu irgendeinem Ort, sondern zu einem, den ich über 30 Jahre nicht mehr gesehen hatte, der aber für mich existentiell war: Ich wurde dort geboren. Warum ich gerade an diesem Tag auf die Idee kam? Keine Ahnung, zuvor hatte ich nie das Verlangen. Durch die Erzählungen der Eltern von den Drangsalierungen durch die DDR-Behörden und unsere Flucht 1959 war er wohl negativ besetzt. Aber Aufbruch, Wandel lag in der Luft, das hat mich angesteckt.

Also rein ins Auto, die Autobahn nach Westen, dann die F 2 – heute die B 2 – nach Süden. Seltsames Gefühl, sich der eigenen, kaum mit Erinnerungen verbundenen Vergangenheit zu nähern. Fremd und vertraut zugleich, denn die Namen der Orte waren mir aus Erzählungen bekannt: Treuenbrietzen, Marzahna, Kurzlipsdorf, schließlich Blönsdorf. Das Haus meiner Eltern, in dem ich geboren wurde, habe ich gleich erkannt, auch wenn die Rüster, von der meine Mutter immer schwärmte, verschwunden war. Alles etwas trostlos.

Im Haus bin ich nicht gewesen. Ich scheute mich, als Sohn der früheren Besitzer aufzutreten. Solche Erstbegegnungen von West und Ost gab es damals viele, oft verliefen sie unerfreulich. Ob ich den Friedhof besucht habe, auf dem meine Großeltern begraben wurden? Ich weiß es nicht mehr. Nur an die Reaktion meiner Eltern, als ich sie später anrief, erinnere ich mich gut: „Ratet mal, wo ich heute war?“ Sie konnten es kaum glauben.

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