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Unter Dichtern. Günter Grass (li.) und Max Frisch 1977.

© picture alliance/Werek

Von Tag zu Tag: Im Pfeifenrauch der Dichter

Die beiden Friedenauer Günter Grass und Max Frisch waren befreundet, doch wie hat man sich solch eine Autorenfreundschaft vorzustellen. Eine Glosse

Gut möglich, dass der Günter und der Uwe gemeinsame Abende auch vor dem Fernseher des Tagesspiegels verbrachten. Dass in die Rezensionen von Ost-Fernsehsendungen, für die das Blatt den Ex-DDR-Bürger Uwe Johnson 1964 gewonnen und dem es dafür ein TV-Gerät geliehen hatte, auch Kommentare von Günter Grass einflossen. Schließlich waren sie Nachbarn: Seit 1959 lebte Johnson in der Friedenauer Niedstraße 14; vier Jahre später hatte er dem Blechtrommler das Nebenhaus mit der Nummer 13 vermittelt. Und 1973, als Johnson bereits in der Stierstraße 3 wohnte, zog es da Grass als TV-Zuschauer zu Max Frisch in die nahe Sarrazinstraße 8? Immerhin hatte der in seinem „Berliner Journal“ am 13. Februar, kurz nach dem Einzug, notiert: „Fernseh-Gerät als einziges Möbel in einem leeren weißen Zimmer.“

Ein Dreigestirn literarischer Schwergewichte, das damals weitere Sterne der Dichtkunst umkreiste und das Friedenau den Ruf eines besonders poetischen Stadtviertels eintrug. Wie hat man sich solch eine Autorenfreundschaft wohl vorzustellen? Immer nur debattieren, kritisieren, bis Köpfe und Pfeifen rauchten?

Zunächst einmal ging es ganz alltäglich zu: „Anna Grass leiht uns zwei Betten, wir wohnen noch nicht“, verzeichnet Frisch. Ein Arbeitstisch gehört zum ersten Mobiliar, „von Uwe Johnson vorbestellt“. Und Grass, der Feinschmecker, gibt Tipps zum Befüllen des Kühlschranks: „Erste Einkäufe auf dem Wochenmarkt, der in Zukunft unser Markt sein soll, Breslauer Platz, eingeführt durch Günter Grass; Fischkunde.“

Die beiden sahen sich oft in den folgenden Jahren, so bei einem Fest, das Grass für seine langjährige Sekretärin gab – für Frisch mit seinen Alkoholproblemen eine Herausforderung. Doch es wurde dabei eben nicht nur getrunken und geplaudert, sondern oft auch heftig debattiert, und Grass fand dabei nicht immer die Zustimmung seines Schweizer Kollegen.

Ja, Frisch musste sich geradezu eine „Schwierigkeit mit Grass“ eingestehen, „meine Schwierigkeit: ich weiß nicht, wie ich es ihm sage, wenn ich mit seinen Proklamationen nicht einverstanden bin, mit seinem Hang zur Publizität.“ Im privaten Umgang sei er ganz schlicht, doch „wenn der Kreis größer ist, wenn Fremde zugegen sind, kann er nicht umhin, redet er als Instanz: GERMANY’S GÜNTER GRASS.“

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