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Bahnhof Gesundbrunnen. Chaotischer Knotenpunkt sucht Parkscheinautormaten.

© imago images/Rolf Zöllner

Von Tag zu Tag: Gesundparken für die autofreie Stadt

Elisabeth Binder vermisst einen Parkscheinautomaten und freut sich über Pädagogik für Autofahrer.

Berlin steckt voller Abenteuer und Überraschungen. Kein Wunder, dass sich unter den Zuzüglern gern auch Adrenalin-Junkies aus allen Provinzen des Landes finden. Sich ärgern und wundern kann man anderswo auch, aber nirgendwo so schön exzessiv wie hier. Die Anlässe können durchaus banal sein.

Wo ist der Parkscheinautomat?

Vielleicht muss man einfach nur mal verreisende Freunde mit Gepäck zum Bahnhof Gesundbrunnen bringen. Dort halten ja nicht nur Fernzüge mit schicken Zielen wie München oder Stuttgart. Auch der Flughafen-Express (FEX) ehrt den Knotenpunkt inklusive angeschlossenem Einkaufszentrum mit einem von zwei Haltepunkten zwischen dem Hauptbahnhof und dem Hauptstadtflughafen BER.

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Auf dem Bahnhofsvorplatz befindet sich ein kleiner Parkplatz. Leider ist der hoffnungslos überfüllt. Allein die Durchfahrt durch die enge Gasse ist eine Herausforderung. Wo ist hier eigentlich der Parkscheinautomat? Keine Spur davon. Nicht mal ein Parkscheibenschild ist zu sehen. Vorsichtshalber noch mal einen der Taxifahrer gefragt. Der zuckt mit den Schultern: „Gibt’s nicht. Ist frei.“ Wirklich? In jeder verschnarchten Nebenstraße blitzen ja inzwischen Parkscheinautomaten. Auch vorm Supermarkt meines Vertrauens, wo man früher eigentlich immer sehr gut parken konnte, soll man jetzt Euros abdrücken.

Pädagogischer Trick

Wie kann es sein, dass ausgerechnet an so einem frequentierten Ort, der nach einer Kurzparkerregelung geradezu schreit, jeder, der mal gründlich shoppen gehen will oder auch nur einen dreiwöchigen Schwarzwald-Urlaub antritt, seine Karre da einfach rumstehen lassen kann? Positives Denken ist ganz wichtig in dieser Stadt, damit das Adrenalin nicht plötzlich überfließt. Und da kommt sie auch schon, die Erkenntnis.

Das ist natürlich kein Versäumnis hier. Es ist eine geradezu geniale pädagogische Maßnahme auf dem Weg zur autofreien Stadt. Sollen sich doch die Autos gegenseitig ersticken auf dem kleinen Fleck, sollen sie sich bei ihren wochenlangen Aufenthalten ruhig übereinanderstapeln. So, nur so, lernen die Leute, dass es hoffnungslos gestrig ist, sich mit Gepäck zum Bahnhof bringen zu lassen. Besser man zieht bei Wind und Wetter den Rollkoffer zur nächsten Haltestelle. Das hat noch einen zweiten guten Nebeneffekt: Man lässt gleich mehr Milde walten gegenüber den Touristen, die so gern als Rollkoffer-Terroristen abgetan werden. Schließlich gehört man dann selbst dazu.

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