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Die Sterne für die Europäische Union werden an einem Aussichts-Ballon angebracht.

© Kay Nietfeld/dpa

Von Radiosender bis Stadtumbau: So profitieren Berlins Bezirke von der EU

Alle Bezirke erhalten Mittel von der Europäischen Union und nutzen sie für soziale Projekte, attraktivere Kieze oder die Tourismusförderung. Ein Überblick.

In welchem Kiezprojekt und welchem Radweg steckt Geld aus Brüssel? Das lässt sich nicht so einfach beantworten. Selten existiert eine Übersicht beim Bezirksamt, da sich etwa Vereine auch eigenständig auf EU-Mittel bewerben können. Der oder die Europabeauftragte gibt über die Fördermöglichkeiten Auskunft.

Aber es gebe keine „Meldepflicht“ bei den Europabeauftragten, welche Projekte nun gefördert wurden, heißt es zum Beispiel aus Marzahn-Hellersdorf. Dennoch konnten uns die Bezirksämter Projekte nennen, die in den jeweiligen Bezirken ohne die EU-Gelder nicht hätten realisiert werden können.

Hier stellen wir einige vor: von der Bauförderung über Schulbau bis zur Digitalisierung von Bibliotheksarchiven. Die Förderung des Europäischen Sozialfonds (ESF) teilt sich im Bezirklichen Bündnis für Wirtschaft und Arbeit (BBWA) auf in die Programme LSK (lokales soziales Kapital) und PEB (Partnerschaft-Entwicklung-Beschäftigung). Die Efre-Förderung wird u.a. über das Programm WdM vergeben (Wirtschaftsdienliche Maßnahmen).

Charlottenburg-Wilmersdorf

Die unbesetzte Stelle des Europabeauftragten ist nicht der einzige Grund dafür, dass in Charlottenburg-Wilmersdorf vergleichsweise wenig Projekte EU-gefördert wurden. „Für die Nutzung einiger Programmbereiche ist eine Förderkulisse, beispielsweise ein Quartiersmanagementgebiet oder Stadtumbaugebiet, notwendig“, heißt es aus dem Bezirksamt.

Erst seit 2017 ist Charlottenburg-Nord als Stadtumbaugebiet festgelegt worden. Nennenswerte EU-geförderte Projekte im Bezirk sind der „European Energy Award“ und die ökologische Aufwertung der Jungfernheide.

Friedrichshain-Kreuzberg

Von den Förderprogrammen LSK und PEB (insgesamt 1,84 Millionen Euro) profitierten in Friedrichshain-Kreuzberg zwischen 2014 und 2020 mehrere lokale Vereine. Der Radiosender multicult.fm oder das gemeinnützige Breakout Café erhielten etwa je 5000 Euro Förderung über LSK. Vom PEB-Programm erhielten weniger Vereine, dafür aber größere Summen.

Auch der Radiosender multicult.fm mit Studio in der Kreuzberger Marheineke-Markthalle erhielt EU-Fördermittel.
Auch der Radiosender multicult.fm mit Studio in der Kreuzberger Marheineke-Markthalle erhielt EU-Fördermittel.

© Kai-Uwe Heinrich

Der Verein LOK, der Menschen beim Einstieg in die berufliche Selbständigkeit hilft, erhielt 500.000 Euro. Außerdem wurden mit Efre-Mitteln neue Informations- und Medienbildungsmodule in den Bibliotheken Adalbertstraße und Glogauer Straße entwickelt und das Archiv des Friedrichshain-Kreuzberg Museums teilweise digitalisiert.

Lichtenberg

In Lichtenberg haben von den Strukturmitteln folgende Orte profitiert: Die Max-Taut-Aula wurde mit 3,6 Millionen Euro komplett renoviert, der Landschaftspark Herzberge mit 2,7 Millionen entwickelt und das Nachbarschaftshaus Kiezspinne mit 1,5 Millionen Euro umgebaut.

Verschiedene Vereine im Bezirk LSK- und PEB-Förderungen bekommen, vom Verein zur Förderung der Zivilcourage und kulturellen Vielfalt (9600 Euro) über den Förderverein für arbeitslose Jugendliche (8950 Euro) bis zur Interessensgemeinschaft der Trabrennbahn Karlshorst (9650 Euro).

Marzahn-Hellersdorf

30 Vorhaben wurden oder werden im Bezirk allein im Bereich Städtebau gefördert, der Efre-Anteil liegt bei rund 16 Millionen Euro. Zu den Maßnahmen zählen zum Beispiel die modularen Ergänzungsbauten an der Pusteblume-Grundschule und der Grundschule am Bürgerpark (je zwei Millionen Euro), die Gestaltung des Boulevards Kastanienallee (140.000 Euro) oder die Neugestaltung des S-Bahnhofs Mehrower Allee (376.000 Euro). Im soziokulturellen Bereich wurden oder werden 16 Maßnahmen mit etwa 1,2 Millionen Euro Efre–Mitteln gefördert.

Mitte

Zahlreiche Vereine und Initiativen in Mitte profitieren von LSK oder PEB. Dazu gehört zum Beispiel das ehemalige Produktionsgelände der Druckmaschinenfabrik Rotaprint im Wedding, aus dem der Kultur- und Kunstort „ExRotaprint“ entstanden ist.

Das PrimeTime-Theater mit der Hitshow „Gutes Wedding, Schlechtes Wedding“ erhält ebenfalls EU-Förderungen, sowie der Verein „Frauenzukunft“ und der Unternehmensverbund Bildungsmarkt. Letzterer bietet eine besondere Weiterbildung für Arbeitslose an, mit Theaterworkshops und Jobcoaching.

Neukölln

20 Millionen Euro hat der Bezirk Neukölln in dieser Förderperiode aus den EU-Mitteln umgesetzt, teils in Kooperation mit freien Trägern. Dadurch wurden Projekte ermöglicht im Bereich berufliches Training und Integration, aber auch die Erweiterung des Jugendtreffs in der High-Deck-Siedlung und die energetische Sanierung des Begegnungszentrums Rixdorf. Als große Projekte nennt das Bezirksamt zudem die „Stadtteilmütter in Neukölln“ und die Berufswerkstatt am Campus der Rütli- Schule.

Pankow

Gut 1,5 Millionen Euro ESF-Mittel sind in verschiedene Projekte in Pankow geflossen. Jobs4Refugees bildet zum Beispiel Geflüchtete weiter, 250.000 Euro gingen vom ESF an dieses Projekt. Auch das Straßen- und Grünflächenamt nutzte Fördermittel, etwa 315.000 Euro Efre-Mittel am Wasserturmplatz. Das Programm „Jugend stärken“ des Jugendamtes Pankow wurde über mit 800 000 Euro über ESF-Mittel finanziert.

Reinickendorf

Efre-Gelder wurden in Reinickendorf in verschiedenen Quartiersmanagement-Projekten eingesetzt, zum Beispiel für den Spielplatz Lettestraße oder die Freifläche der Kita Mittelbruchzeile. Die Schulerweiterung der Märkischen Grundschule wurde ebenfalls zur Hälfte (Planung und Umsetzung 1,4 Millionen Euro, Erweiterungsbau 930.500 Euro) von Efre ermöglicht.

Von den ESF-Geldern haben im Bezirk unter anderem das Diakonische Werk und der gemeinnützige Verein „Steg“ profitiert, der Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen hilft.

Steglitz-Zehlendorf

Das neue Radtourismuskonzept rund um die U-Bahn-Haltestelle Onkel Toms Hütte wurde mit 132.000 Euro durch Efre gefördert – ein Leuchtturmprojekt sagt der Europabeauftragte. Außerdem wurde mit einer halben Million Euro ein Projekt gefördert, dass die Begeisterung für Berufe in der Pflege und im Handwerk vermitteln, sowie die berufliche Orientierung erleichtern soll. Zweimal im Jahr startet der Bezirk einen Interessenaufruf für Träger und Verein für PEB- und LSK-Förderungen. Für 2019 stehen diese Aufrufe noch aus.

Tempelhof-Schöneberg

Im Bezirk wurden bis 2019 insgesamt 1,17 Millionen Euro PEB- und 177.000 Euro LSK-Mittel vergeben. Das Jugendamt hat 236.000 Euro ESF–Mittel für das Projekt „Jugend stärken“ abgerufen. Die Neugestaltung der Sportflächen im Kleistpark wurde zur Hälfte über Efre-Mittel realisiert. Das PEB-Projekt „Maker-Lab“ soll Arbeitslosen über Digitalisierungskompetenz den Wiedereinstieg ins Berufsleben erleichtern. Auch das Unternehmensnetzwerk Südkreuz wurde mit knapp 100.000 Euro von Efre gefördert.

Treptow-Köpenick

Mit der Social-Media-Serie „Die EU im Kiez“ zeigt der Bezirk, welche Projekte von den EU-Geldern profitieren. Unter anderem das Standortmarketing in Friedrichshagen, das die Ansiedlung von kleinen und mittleren Unternehmen attraktiver machen soll (93.000 Euro Efre-Mittel). Auch der Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Adlershof (WISTA) und seine wissenschaftlichen Institute wurden maßgeblich aus Efre-Mittel gefördert. Von ESF profitieren der Industriesalon Schöneweide und die Kunger-Kiez-Initiative.

Spandau

Auch in Spandau werden Projekte gefördert. Und was so? Hier ein Blick von Spandaus EU-Verbindungsmann Christoph Chmielorz: Exakt 399.280 Euro gibt es für die Klimawerkstatt in der Altstadt, die damit Mehrwegsysteme fördert ("Ein Projekt im Rahmen des Bezirklichen Bündnisses für Wirtschaft und Arbeit mit EFRE Förderung"). Noch ein Beispiel? 490.000 Euro fließen aus dem ESF-Förderprogramm an "Kiezküchen". Was das ist? Chmielorz: "Das Projekt "In drei Akten zurück ins Leben" setzt sich zum Ziel, arbeits- und erwerbslose Menschen aus Spandau mittel- bis langfristig in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu integrieren oder in zielführende Anschlussperspektiven zu vermitteln." Noch ein kleines Beispiel: 10.000 Euro gibt es für das "Zero Waste"-Projekt in Spandau. "Ziel soll es unter Anderem sein, aus Stoffresten Taschen in Patchwork-technik herzustellen, die dann umsonst an Spandauer Bürgerinnen und Bürger und Gewerbetreibende abgegeben werden, um auf die Vermeidung von Plastikmüll hinzuweisen." Aber das ist nicht alles: "Nicht zu vergessen ist zum Beispiel die Förderung der Quartiersmangement-Gebiete in Spandau – Heerstraße Nord, Falkenhagener Feld, Neustadt. Hier Fördert die EU mit bis zu 50% der Förderfähigen Kosten."

(mit CD, cbo, rok, isa, lho, mha, apz, bob, sik, loy)

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