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Seit Mitte Januar fährt Jasmin Werner als Zugbegleiterin quer durch Deutschland. Zum Feierabend ist sie meist wieder zu Hause.

© Sven Darmer

Von der Flug- zur Zugbegleiterin: „Wenn die Landschaft bei Tempo 300 vorbeizieht, ist das auch schön“

Die Berlinerin Jasmin Werner wechselte wegen der Coronakrise von der Flug- zur Zugbegleiterin. Wie ihr neuer Arbeitsalltag aussieht, erzählt sie im Interview.

Die gelernte Außenhandelskauffrau Jasmin Werner (33) hat elf Jahre bei Germania als Flugbegleiterin und Purserin, also Kabinenchefin, gearbeitet. Als sie nach einer Zwischenstation in einem Sprachreiseunternehmen wieder fliegen wollte, kam die Coronakrise. Sie bewarb sich bei der Bahn, die – wie auch andere Verkehrsunternehmen – bei der Personalsuche mit Fluggesellschaften kooperiert. Hier erzählt sie, wie sie dort gelandet ist.

Jahrelang sind Sie um die Welt gedüst, jetzt fahren Sie als Zugbegleiterin im ICE. Ist das besser oder schlechter?
Genauso gut! Die Hauptaufgaben sind so ziemlich dieselben: zuständig für die Sicherheit an Bord sein, Kundenservice natürlich – und im Notfall erste Hilfe leisten. Finanziell kann ich beides noch nicht genau vergleichen, weil ich erst seit Mitte Januar regulär fahre und viel von den Zulagen für Feiertage und Schichtdienst abhängt. Das Grundgehalt ist ähnlich.

Es ist aber schon cooler, den Feierabend in Palma de Mallorca zu verbringen als in Hamm/Westfalen, oder?
Viele denken, dass man als Flugbegleiterin die Welt bereist, aber das war bei mir eher selten. Ich war zwar tatsächlich ein paar Mal in Afrika, habe in Teheran und in Tel Aviv übernachtet. Aber meistens war es doch eher Erfurt, Rostock oder Düsseldorf. Auch jetzt fahre ich quer durch Deutschland – und verbringe den Feierabend meistens zu Hause, was noch besser ist. Auch der Arbeitsweg ist jetzt deutlich kürzer.

Sie sind auch dafür verantwortlich, möglicherweise betrunkene oder auf Krawall gebürstete Fahrgäste zum Aussteigen zu bewegen.
Das war ich im vorherigen Job auch. Aber wir sind im Zug immer mindestens zu zweit an Bord. Außerdem ist die Bundespolizei im Zweifel schnell am nächsten Bahnhof, während man diese Hilfe in der Luft nicht so leicht bekommt, wenn es da Ärger gibt. Zum Glück sind solche Fälle äußerst selten.

Gibt es irgendwas aus Ihrer Luftfahrtzeit, auf das Sie gerne verzichten können und das Ihnen nicht fehlt?
Auf Turbulenzen. Während des Gewackels Kunden zu bedienen, ist nicht einfach. Auch auf medizinische Notfälle kann ich gut verzichten, die im Flugzeug mit der dünnen Kabinenluft nicht selten vorkommen. Auch wenn wir gut dafür ausgebildet sind, erste Hilfe zu leisten, hofft man, dass zufällig ein Arzt an Bord ist. Der Zug kann in solch einem Fall im nächsten Bahnhof halten, wohin wir vorab schon einen Rettungswagen alarmieren konnten.

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Und was vermissen Sie seit dem Umstieg vom Flugzeug in die Bahn am meisten?
Das Gefühl bei Start und Landung ist jedes Mal wieder ein besonderes. Außerdem sieht man im Flugzeug garantiert die Sonne, sobald man erst mal über den Wolken ist. Das ist immer wieder aufs Neue eine schöne Aussicht. Im Zug scheint zwar nicht immer die Sonne, aber die Landschaft, die bei Tempo 300 an einem vorbeizieht, ist auch schön.

Wollen Sie wieder hoch hinaus, wenn die Zeiten besser sind?
Ich bin wirklich gerne bei der Bahn und froh über einen sicheren Arbeitsplatz. Die Fahrgäste sind bisher genauso nett wie die Flugpassagiere, und ehrlich gesagt hatte ich auch nicht von Anfang an geplant, elf Jahre bei Germania zu bleiben. Ich dachte damals einfach, ich flieg mal ’ne Runde, und dann sehen wir weiter. Gemerkt habe ich jedenfalls, dass ein Job am Schreibtisch mit immer gleichen Arbeitszeiten und ohne Kundenkontakt aktuell nichts für mich ist.

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