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Pro-europäische Demonstration in Berlin

© AFP

Volt, Piraten und Co.: Was die kleinen Parteien in Brüssel erreichen wollen

Neben den bekannten Parteien treten auch Kleinparteien zur EU-Wahl am 26. Mai 2019 an – zum Teil mit verblüffenden Ideen.

Wenn am Wahlabend ab 18 Uhr die ersten Hochrechnungen verkündet werden, zeigen die Statistiken wohl auch diesmal nur sieben Balken: Union, Grüne, SPD, Linke, FDP und AfD. Alle anderen Parteien werden unter „Sonstige“ zusammengefasst.

Da es in Deutschland bei der EU-Wahl keine Sperrklausel gibt, haben jedoch auch sie eine Chance, zumindest auf einen Sitz im neuen EU-Parlament. Insgesamt treten 41 Parteien an. Wir stellen einige von ihnen mit ihren Positionen vor.

Volt: Mehr Europa wagen

„Große Probleme kann man nur europäisch lösen“, sagt Damian Boeselager selbstbewusst. Der 31-Jährige ist Spitzenkandidat der Partei Volt. Er wolle die Menschen für die Europäische Union begeistern, sagt der Quereinsteiger. In der EU-Politik gäbe es aber zu viel „Gemauschel“. Die Union brauche eine Verfassung. Außerdem bedürfe es einer „echten europäischen Regierung“ mit einem vom EU-Parlament gewählten Premierminister.

Boeselager fordert mehr Transparenz und Korruptionsbekämpfung. Und er will die EU-Außengrenzen undurchlässiger machen: Die Grenz- und Küstenwache Frontex müsse ausgebaut werden. „Ordnung muss sein“, sagt der Kandidat. Asylsuchende sollen ihre Anträge bereits im Herkunftsland stellen können. So könnte das „Massensterben im Mittelmeer“ beendet werden, meint Boeselager.

Volt fordert eine europäische Armee unter parlamentarischer Kontrolle. Die russische Gas-Pipeline Nord Stream 2 lehnt Boeselager ab, sie nütze nur Putin und „russischen Oligarchen“. Europa solle ganz auf erneuerbare Energien setzen.

Piraten: Völlig losgelöst

Lange ist es her, dass die Piraten für Aufsehen sorgten. Doch es gibt sie noch. Transparenz in der Politik und Datenschutz für den Bürger – das sind die Forderungen. Doch die werden heute auch von anderen Parteien vertreten. Der Berliner Piraten-Kandidat Franz-Josef Schmitt fordert außerdem mehr direkte Demokratie durch Bürgerbegehren.

Eine EU-Armee lehnt er ab – genau wie jede andere Armee. Der Pazifist möchte auch die gesamte Rüstungsproduktion verbieten. Wer Asyl in der EU suche, solle seinen Antrag online stellen können – überall auf der Welt. Auch im Asylrecht müsse es „Raum für Experimente“ geben. Schmitt befürwortet Nord Stream 2, denn gemeinsame Projekte könnten Konflikte mit Russland vermeiden.

Die Piraten machen sich auch Gedanken über Raumfahrt. Die Politik müsse mehr Geld in Forschung investieren, auch für Projekte wie einen „Weltraumaufzug“. Der soll die Erde mittels eines Seiles mit einer Raumstation verbinden. Schmitt ist Physiker und zweifelt selbst an der Umsetzbarkeit. Seine Partei wolle aber generell mehr Utopie wagen.

LKR: Bernd Luckes Alternative

Als Bernd Lucke 2015 aus der AfD austrat, behielt er seinen Sitz im EU-Parlament. Dort sitzt er inzwischen als einziger Abgeordneter der „Liberal-Konservativen Reformer“ (LKR). Lucke will, dass sich die EU auf wesentliche Aufgaben beschränkt und den Nationalstaaten mehr Kontrolle gibt. Zum Beispiel in der Asylpolitik. Brüssel habe kein Recht, einen Staat zur Aufnahme von Flüchtlingen zu zwingen, meint Lucke.

Kriegsflüchtlinge könnten nur in begrenzten „Kontingenten“ aufgenommen werden. Die „wirklich Schutzbedürftigen“ sollten bevorzugt werden. Das seien vor allem Kinder und Frauen, „nicht unbedingt ledige, junge Männer“. Von einer EU-Armee hält Lucke nichts. In der Energiepolitik solle die EU nicht zu sehr auf erneuerbare Energien setzen. Die Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 biete Versorgungssicherheit, deshalb befürwortet er sie.

DiEM25: Green New Deal

Auf den Plakaten von „Demokratie in Europa – DiEM25“ posieren Stars wie der griechische Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis oder Ex-Baywatch-Star Pamela Anderson. Co-Vorsitzender und Kandidat in Deutschland ist Jasper Finkeldey, 31 Jahre alt und Politikwissenschaftler.

DiEM25 möchte die Energiewende einleiten, sagt Finkeldey. Ökologie und soziale Gerechtigkeit stehen für ihn nicht im Widerspruch. 500 Milliarden Euro aus Mitteln der Europäischen Investitionsbank müssten investiert werden, um erneuerbare Energien zu fördern und Arbeitsplätze zu schaffen, zum Beispiel in sozialen Berufen oder der Pflege.

Das könne auch den Rechtspopulisten den Wind aus den Segeln nehmen, glaubt die Kandidatin Bianca Praetorius. Denn eine „Jobgarantie“ helfe gegen soziale Unsicherheit. Finkeldey und Praetorius möchten die Kommunen stärken. Wichtige Entscheidungen sollen dort getroffen werden, nach Möglichkeit mit direkter Bürgerbeteiligung.

Das klingt etwas populistisch, im Gegensatz zu einer anderen Forderung: DiEM25 fordert ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen. Nord Stream 2 lehnt Finkeldey ab. Nicht wegen Putin, sondern aus ökologischen Gründen. Fossile Brennstoffe brauche man heute nicht mehr. Eine Erdgas-Pipeline sei eine Investition in „veraltete Technologie“.

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