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Kurz vor Weihnachten 2020: Eine Radfahrerin betrachtet die Auslage eines geschlossenen Geschäftes am Kurfürstendamm. Nur wenige Passaten waren auf der sonst so beliebten Shopping-Meile unterwegs.

© Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dp

Volkswirtschaftliche Schäden der Pandemie: Hat allein Berlin mehr als zehn Milliarden Euro verloren?

Auch nach den Feiertagen wird manches Geschäft in den Einkaufsstraße in Berlin und Brandenburg nicht mehr öffnen. Ökonomen liefern jetzt die Horror-Zahlen dazu.

Die deutsche Volkswirtschaft hat durch die Corona-Pandemie mehr als 212 Milliarden Euro verloren. Am Ende der Krise könnten es sogar rund 391 Milliarden Euro sein. Das hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) für die „Welt am Sonntag“ berechnet. Das DIW geht dabei von der Annahme aus, dass die Infektionszahlen im Frühling wieder sinken. Sollte dies nicht gelingen, rechnet DIW-Präsident Marcel Fratzscher mit einem „Pleite-Tsunami“.

Sein Institut hat das tatsächliche und prognostizierte Wachstum mit dem „Potenzialwachstum“ für die Jahre 2020 bis 2022 verglichen. Dieses drückt aus, wie stark die Wirtschaft ohne die Pandemie gewachsen wäre.

Das Land Berlin hat einen Anteil von rund 4,5 Prozent an der gesamtdeutschen Volkswirtschaft, Brandenburg einen von 2,2 Prozent. Dementsprechend wäre rechnerisch ein lokaler Corona-Schaden in Höhe von 9,5 Milliarden Euro in Berlin beziehungsweise 4,7 Milliarden in Brandenburg entstanden. Tatsächlich dürfte die Schadenssumme speziell in Berlin höher sein, da der Dienstleistungssektor, der in der Hauptstadt eine besonders große Rolle spielt, auch deutlich stärker von den Coronamaßnahmen getroffen ist als andere Wirtschaftsbereiche.

Bund und Länder (finanziert von Gemeinschaft aller Steuerzahlerinnen und Steuerzahler) haben bisher nur einen Bruchteil dieser Schäden kompensiert. Das wird zum Beispiel deutlich, wenn man die lokale Schadenssumme von rund zehn Milliarden Euro allein in Berlin mit einer Mitteilung der Investitionsbank IBB von kurz vor Weihnachten in Zusammenhang setzt. Demnach hatte das für die Hilfszahlungen zuständige landeseigene Institut bisher "Novemberhilfen" an für knapp 19.000 Antragsteller ausgeschüttet - davon etwas weniger als die Hälfte Soloselbstständige. Die Summe der Zahlungen in diesem Programm betrug insgesamt rund 75 Millionen Euro, was gerade einmal 0,75 Prozent dieser für Berlin hier angenommenen Schadenssumme entspricht.

Senat schafft Voraussetzungen für stille Firmenbeteiligungen

Auch bei Neuverschuldung in Rekordhöge wird der Staat nicht alle Schäden kompensieren können. Es braucht weitere Instrumente, dazu zählt auch die staatliche Beteiligung an Unternehmen - sofern ihre bisherigen Eigentümer das wünschen. Das Land Berlin schafft gerade die juristischen Voraussetzungen. So kündigten die Senatsverwaltungen für Wirtschaft, Energie und Betriebe und die für Finanzen am Sonntag an, dass sie die bestehenden Beteiligungsangebote der lokalen Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften (MBGen) in Kooperation mit dem Bund deutlich ausbauen wollen.

Man habe gemeinsam mit dem Bundesfinanzministerium und Bundeswirtschaftsministerium "erhebliche Erleichterungen" für die Bürgschaftsbanken im Rahmen der Rückgarantieerklärungen beschlossen, hieß es. Über die MBG Berlin-Brandenburg, Partner der Bürgschaftsbank Berlin, stünden nun Angebote für durch Corona betroffene Unternehmen im Land Berlin zur Verfügung.

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Zur Begründung hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung der Senatsverwaltungen, die Auswirkungen der Beschlüsse zur Bekämpfung der Corona-Infektionen würden viele Unternehmen stärker als angenommen treffen. "Dabei wird sich insbesondere die Eigenkapitalsituation der Betriebe als schwierig herausstellen." Spätestens mit den Jahresabschlüssen 2020 werde dies ersichtlich werden.

Stärkung des unternehmerischen Eigenkapitals in der Krise

„Berlins kleine und mittlere Unternehmen brauchen für die Zukunftssicherung mehr Eigenkapital, da ansonsten eine unverschuldete Überschuldungssituation droht", teilte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) mit. Die Angebote der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften setzen hier an der richtigen Stelle an und bieten konkrete Hilfe. Berlin und der Bund unterstützen dies gerne mit Rückgarantien.“

Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) ergänzte, Bund und Land hätten zugunsten der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften aufgestockt. "Das ist eine gute Botschaft.“

Die Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften (MBGen) bieten grundsätzlich Beteiligungskapital als eine Ergänzung zum klassischen Bankkredit. Sie helfen beispielsweise temporär die Finanzierung von Betriebsmitteln. Diese können mit KfW-Schnellkrediten kombiniert werden. Die Gesellschaften nehmen aber nach eigenen Angaben keinen Einfluss auf das Tagesgeschäft ihrer Beteiligungsnehmer.

Im Jahr 2019 - also vor dem Ausbruch der Pandemie hierzulande - hatten die MBGen dem deutschen Mittelstand nach eigenen Angaben über 500 neue Beteiligungen in Höhe von mehr als 165 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

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