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Schon an der Gestaltung der Front erkennt man den neuen Passat GTE, die Plug-in-Version des erfolgreichen Mittelklassewagens.

© Volkswagen

Volkswagens neuer Passat: Mit Stromkraft durch die Innenstadt

Den Passat sieht VW als den "erfolgreichsten Mittelklassewagen der Welt". Jetzt gab es erneut ein Update, für Benziner, Diesel und Plug-in-Hybrid.

Seit einiger Zeit ist es unter den Käufern bestimmter Automarken Mode geworden, ihren Traumwagen hinten blank zu ordern. Modellname, Angaben zur Motorisierung? Fehlanzeige, ein Fall von versuchtem Understatement. Das erschwert Menschen ohne geübten Autoblick die Identifizierung, nicht immer lassen die Typen sich sofort unterscheiden.
Auf den Passat trifft diese optische Beliebigkeit zwar nicht zu, trotzdem hat Volkswagen den Wagen beim aktuellen Update um ein Detail ergänzt, das jeden Zweifel über die Identität ausräumt, egal ob am Heck was draufsteht oder nicht. Denn dort, wo zuvor eine Analoguhr anzeigte, was die Stunde geschlagen hat, über der in einem großen Display auslaufenden Mittelkonsole, prangt jetzt der Name: Passat. Nachts ist er sogar von hinten beleuchtet, hat sich vom leicht schrägen Styling des Ur-Namens aber weit entfernt, gibt sich nun aufrecht und schnörkellos, irgendwie technisch statt verspielt.

1973 bedeutete der Passat einen Quantensprung des Automobilismus

Seit 1973 ist der Passat auf dem Markt, man merkt es am Namen. Heute käme kaum noch jemand auf die Idee, ein Auto nach einem Wind zu benennen, egal wie beständig und zuverlässig der bläst. Damals aber, als noch niemand hinten ohne fuhr, bedeutete schon der Name einen Aufbruch in die technologische Neuzeit und eine Abkehr von den behäbig blubbernden, mit Nummern statt Namen versehenen Vorgängern, dem VW 1600 und dem VW 411 mit ihren luftgekühlten Heckmotoren. Beim Passat, entwickelt aus dem Audi 80, saß der wassergekühlte Motor vorn und trieb die Vorderräder an, klang schon ganz anders, zog trotz heute bescheiden wirkender Leistung von maximal 85 PS viel rasanter an, so dass sich selbst brave Familienväter, denen der Sinn sonst nicht nach Tempo stand, auf der Autobahn schon mal zu einem kleinen Rennen verleiten ließen. Kurz: ein Quantensprung des Automobilismus.

Der VW Passat (im Bild die Urversion) ist seit 1973 auf dem Markt. Über 30 Millionen Fahrzeuge wurde seither verkauft.
Der VW Passat (im Bild die Urversion) ist seit 1973 auf dem Markt. Über 30 Millionen Fahrzeuge wurde seither verkauft.

© Volkswagen

Das liegt Jahrzehnte und über 30 Millionen verkaufte Fahrzeuge zurück, sodass VW seinen Passat, der in Deutschland weniger als Limousine, sondern weit häufiger als Variant bestellt wird, als „erfolgreichsten Mittelklassewagen der Welt“ rühmen kann. Mittlerweile wird die Baureihe B8 verkauft, dem nun eben das erst teilweise zu ordernde, doch ab September beim Händler stehende Update-Modell folgt, und an B9 wird schon gebastelt. Die Ende 2018 teilweise geäußerte Befürchtung, das letzte Stündlein des Passat könnte bald geschlagen haben, da doch VW dessen Produktionsstandort Emden für E-Autos umrüsten wolle, kann also als voreilig abgehakt werden.

Die Neuerungen finden sich im Innenraum und unter der Motorhaube

Äußerlich hat sich an dem aufgefrischten Passat nicht allzu viel geändert. Stoßfänger und Kühlergrill wurden neu gestaltet, der Schriftzug des Namens am Heck mittig platziert, wie jüngst auch bei neuen Modellen wie dem T-Roc oder dem T-Cross. Es gibt neue LED-Scheinwerfer und -Leuchten, wahlweise sogar die LED-Matrixscheinwerfer des Touareg, weitere Leuchtmetallfelgen und frische Lacktöne. Vergessen das gedeckte „Lofotengrün“ der siebziger Jahre, heute werden Farben fantasievoll zum „Lapiz Blue“, „Bottlegreen“ oder „Sea Shell Gold“ erklärt.
Die wichtigen Neuerungen finden sich im Innenraum und unter der Motorhaube, zielen auf noch mehr Bequemlichkeit, raffinierteres Infotainment samt gesteigerter Online-Konnektivität und Verbesserung des ökologischen Reifenabdrucks. So soll der aufgemöbelte Wagen noch vibrationsärmer sein, damit sich Geschäftsreisende, ein unter Passat-Fahrern weitverbreiteter Typ, nach einer 500-km-Fahrt nicht schon vor dem nächsten Businesstermin wie gerädert fühlen – ein Versprechen, das nach weitaus kürzerer Testfahrt über die mitunter holperigen Straßen des Taunus nicht übertrieben scheint. Auch soll der Wagen durch Vernetzung von drei Assistenzsystemen teilautomatisiertes Fahren der Stufe 2 erlauben, sogar bis 210 km/h – VW empfiehlt das als „Weltpremiere“: Der Wagen hält Spur, Abstand und Wunschtempo, übernimmt Bremsen und Beschleunigen, reagiert auf Verkehrszeichen, Kurven, Kreuzungen, Tempolimits. Das setzt natürlich einiges Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Systeme voraus, und verantwortlich bleibt der Fahrer sowieso, muss stets die Kontrolle behalten, um bei Bedarf einzugreifen. Damit umgekehrt der Wagen ihm das glaubt, muss er das von VW als „kapazitiv“ gepriesene Lenkrad nicht mal festhalten, sondern nur berühren. Löst er seine Hände länger als zehn Sekunden von dem sensiblen Multifunktionsrad, beginnt der Wagen zu protestieren, optisch, akustisch, mit kurzem Bremsruck – oder, wenn das nicht hilft, stoppt er einfach.

Modellname statt Analoguhr: Das Innenleben des neuen Passat.
Modellname statt Analoguhr: Das Innenleben des neuen Passat.

© Volkswagen

Jetzt gleich mal ausprobieren? Lieber nicht, die Aufmerksamkeit ist auch so genug gefordert. Denn wir sitzen nicht in einem traditionell motorisierten Fahrzeug, nicht in einem wie auch immer hoch und höher gezüchteten Benziner oder Diesel, die es selbstverständlich auch gibt, sogar als Alltrack-Version mit Offroad-Qualitäten. Vielmehr durchkurven wir das rheinland-pfälzische Mittelgebirge in einem sehr speziellen, bislang noch nicht bestellbaren Wagen, samt Instrukteur als Beifahrer, dessen Erläuterungen angesichts all der technischen Finessen schon notwendig sind: dem neuen Plug-in-Hybrid Passat GTE, der also seinen Strom selbst erzeugt oder aus der Steckdose bezieht. Dem, wenn man so will, primus inter pares unter den vielen Varianten des Passat, schon was die ab 2021 geltende, von ihm erfüllte Abgasnorm Euro 6d betrifft, während die Benziner und Diesel nur die aktuelle Neuwagennorm Euro 6d-Temp erreichen. Klar, dass er auch optisch durch ein paar Designdetails herausgeputzt wurde.

Der Elektromotor wirkt "wie ein zusätzlicher Booster" für den Benziner

Ökologisch fragwürdig kann man freilich auch mit solch einem Plug-in-Hybriden fahren, wenn man sich permanent im Betriebsmodus GTE fortbewegt. Der erlaubt laut VW „sportliches Fahren mit voller Systemleistung“, was man dank Sounddesign auch hört: Die 156 PS des Benzinmotors werden oberhalb von 130 km/h mit den 115 PS seines Elektropartners gekoppelt, der elektrische Schub wirke „wie ein zusätzlicher Booster“. Das hebt die Dynamik des Wagens – und senkt schneller, als einem vielleicht lieb ist, den Ladestand der Batterie, ist damit bei Dauerbetrieb fürs Öko-Leitziel kontraproduktiv. Dem steht der „E-Mode“, das rein elektrische Fahren, am nächsten, sogar mit elektronisch generiertem, automatisch aktivierten „e-Sound“, damit Fußgänger den nahenden Wagen, an sich ein Leisetreter, auch wahrnehmen. Will man die Nachbarn beim nächtlichen Rangieren schlafen lassen, lässt er sich ausschalten.

Die Kraft der zwei Motoren: So sieht es unter der Motorhaube des Passat GTE aus.
Die Kraft der zwei Motoren: So sieht es unter der Motorhaube des Passat GTE aus.

© Volkswagen

Der dritte Fahrmodus – der vorige Passat GTE war hier komplizierter, hatte noch fünf – dürfte der am häufigsten genutzte sein: „Hybrid“, das automatische Hin und Her zwischen Elektro- und Benzinmotor. Für die Batterie bedeutet das den ständigen Wechsel zwischen Verbrauchen und Laden, letzteres durch den Generator als viertem Systembaustein. Der wird vom Benzinmotor angetrieben oder gewinnt Strom durch Rekuperation, also die Umwandlung von Bewegungs- in elektrische Energie etwa beim Bremsen. Man kann den Ladestand der Batterie auf einer zehnstufigen Skala kontrollieren, festlegen und so beispielsweise während einer Überlandfahrt genug Strom speichern, um in der Zielstadt unbesorgt in den E-Mode zu wechseln. Lässt man sich per Navi dorthin führen, berücksichtigt der eingebaute „Batteriemanager“ sogar eingespeiste Streckendaten.

Dem bunten Kreislauf der Energieströme kann man sogar zusehen

Das hört sich ebenso einfach wie kompliziert an und setzt gewiss ein anderes Fahren voraus als nur Gasgeben, Lenken, Bremsen. Man müsse sich schon damit auseinandersetzen, um das Zusammenspiel der Elemente zu begreifen, ähnlich wie das bei einem Smartphone der Fall sei, wird dem Plug-in-Anfänger noch mit auf den Weg gegeben. Der staunt nun erst mal über den bunten Kreislauf der Energieströme, den man auf dem Display mittels einer hübsch anzuschauenden Graphik verfolgen kann, die abstrakte Theorie wirkt da gleich viel konkreter. Wobei die noch am meisten interessierende Information über den neuen Plug-in-Passat auch ohne technischen Kurzvortrag verständlich ist: Die Leistungsfähigkeit der Batterie wurde um 31 Prozent erhöht, voll geladen kommt man im E-Mode damit 70 statt zuvor 50 Kilometer weit, jedenfalls nach dem früheren NEFZ-Messverfahren. Nach dem realistischeren, seit dem 1. September 2018 vorgeschriebenen WLTP-Verfahren sind es immerhin 55 Kilometer beim Variant, bei der Limousine sogar einen Kilometer mehr. Für Stadtfahrten oder das tägliche Pendeln zwischen Arbeitsstätte und Wohnung sollte das reichen. Ist der Saft aber doch mal alle, bleibt immer noch die gewohnte 12-Volt-Autobatterie, um den Benzinmotor zu starten, loszufahren und den großen Akku zu laden. Anschieben geht beim Passat GTE mit seinem Sechs-Gang-Automatikgetriebe ja nicht mehr, anders als beim Ur-Passat mit seiner Vier-Gang-Handschaltung: Zündung ein, Kupplung treten, zweiter Gang rein, anschieben lassen, Kupplung los – und er läuft.

Der Passat Variant ist weitaus beliebter als die Limousine.
Der Passat Variant ist weitaus beliebter als die Limousine.

© Volkswagen

Technische Details

Abmessungen
Limousine 4,78-4,87 Meter (L), 2,08 Meter (B), 1,48 Meter (H)
Variant 4,77-4,89 Meter (L), 2,08 Meter (B), 1,52 Meter (H)

Gepäckraumvolumen
Limousine 586/1152 Liter (Rücksitzbank aufgestellt/geklappt), Variant 650/1780 Liter; der GTE weicht davon geringfügig ab.

Motorisierung
Der neue Passat, der ab September ausgeliefert wird, kann bislang mit folgenden Motorisierungen bestellt werden. Doppelangaben beziehen sich auf Limousine/Variant. Verbrauchsangaben auf 100 Kilometer (Stadtverkehr/Landstraße kombiniert):

Benzinmotoren
2.0 TSI, 190 PS, Höchstgeschwindigkeit 238/232 km/H, max. Drehmoment 320 Nm, Verbrauch 6,3/6,4 Liter, 7-Gang-DSG
2.0 TSI, 272 PS, Höchstgeschwindigkeit 250 km/h, von 0 auf 100 in 5,6 Sekunden, max. Drehmoment 350 Nm, Verbrauch 7/7,1 Liter, 7-Gang-DSG

Dieselmotoren
1,6 TDI, 120 PS, Höchstgeschwindigkeit 205/199 km/h, von 0 auf 100 in 10,8 Sekunden, max. Drehmoment 250 Nm, Verbrauch 4,2-4,4 Liter, 7-Gang-DSG
2.0 TDI, 190 PS, Höchstgeschwindigkeit 236 km/h, von 0 auf 100 in 7,7/7,5 Sekunden, optional Allrad 4Motion oder Alltrack, max. Drehmoment 400 Nm, Verbrauch 4,5/4,6/5,1 Liter (abhängig von Bauart, Front- oder Allradantrieb), 7-Gang-DSG
2.0 TDI, 240 PS, Höchstgeschwindigkeit 247 km/h, Alltrack 239 km/h, von 0 auf 100 in 6,1 Sekunden, max. Drehmoment 500 Nm, Verbrauch 5,8/5,9 Liter, 7-Gang-DSG

Bislang nur als "seriennahe Studien" gelten bei VW folgende Motorisierungen, die das Kraftfahrtbundesamt noch zulassen muss. Man rechnet mit dieser "Homologation" in naher Zukunft, der Verkauf könnte dann im Juli losgehen.
1,5 TSI Evo, 150 PS, max. Drehmoment 250 Nm, Verbrauch 5,1 - 5,3 Liter, 7-Gang-DSG oder Schaltgetriebe
2,0 TDI Evo, 150 PS, max. Drehmoment 340/360 Nm (Schaltgetriebe/7-Gang-DSG), neuentwickelter, CO2-ärmerer Turbodiesel
GTE, 218 PS

Preis
Der günstigste, noch nicht angebotene Passat, die 1,5-TSI-Limousine, wird bei 31.930 Euro liegen. Für den Passat GTE wird ein Preis um 45.000 Euro erwartet.

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