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Symbolische Kombination: Kommt nach der Air-Berlin-Pleite auch ein Tegel-Debakel?

© dpa

Volksentscheid in Berlin: Bei Tegel geht's um mehr als einen Flughafen

Berlin muss sich fragen, welche Art von globaler Mobilität und welches Wachstum es will. Endlich kämpft auch Michael Müller darum. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Robert Ide

Irgendwem fliegt der Flughafen Tegel um die Ohren. Den Menschen in der Einflugschneise sowieso, die im Dauerlärm eines Welt-Airports wohnen, der mal ein West-Berliner Inselflughafen war und auf dem längst nicht nur die Nähte der verschusselten Koffer platzen.

Aber auch politisch entwickelt der Streit um die Zukunft des Berliner Flugverkehrs einen Monat vor dem Volksentscheid enormen Schub. Zu lange hat sich der Senat eingeredet, er könnte die Debatte als laue Brise zur Wiedererweckung der FDP abtun und sich sonst nicht darum scheren. Mittlerweile hat der Kampf um die politische Lufthoheit den sowieso lahmen Bundestagswahlkampf in den Windschatten gestellt. Denn in Tegel zeigt sich, was in dieser Stadt funktioniert: das Provisorium. Und was nicht: politische Pläne.

Jetzt gibt es erste Absetzbewegungen in der rot-rot-grünen Landesregierung für den wahrscheinlichen Fall, dass das Volk sich für den beliebten Kleinflughafen entscheidet, wenn es doch auf absehbare Zeit keinen gescheiten Großflughafen gibt und auch keine Berliner Airline mehr, die von dort abheben könnte. Insbesondere die geschickt von Kultursenator Klaus Lederer gelenkte Linke weist darauf hin, dass man Volksentscheides Wille bitteschön ernst zu nehmen habe.

Immerhin ist auch der Rest des Senats aufgewacht und versucht nun mit politischer Power, alle juristischen und stadtpolitischen Argumente gegen die Offenhaltung aufs Flugfeld zu bringen. Denn so naheliegend die Feststellung der Tegelfans ist, dass man einmal gefasste Beschlüsse wieder ändern kann; so richtig ist die Gegenfrage der Tegel-Schlussmacher: Was ist eigentlich Politik wert, wenn sich die Menschen auf ihre Beschlüsse nicht verlassen können?

Michael Müller wird attackiert

Für den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD), der bei der Pleite von Air Berlin am Rande steht, ergibt das keine komfortable Position. Er wird attackiert von einer bei diesem Thema einigen Opposition und mäßig unterstützt von der eigenen Partei, in der viele selbst das Dauerprovisorium Tegel lieber mögen als die Dauerbaustelle Schönefeld. Und dann ist da der Machtfaktor Raed Saleh; der sich zunächst aufs Bücherschreiben zurückgezogen hat, aber als Alternative fest im SPD-Fraktionschefsessel lauert. In dieser Lage zeigt Müller jetzt endlich Kampfeswillen.

In Interviews und bei Debatten tritt er für die Überzeugung ein, dass Tegel als modernes Gewerbegebiet mehr Zukunft hat als als alternder Flugplatz. Er kann scheitern wie auf dem Tempelhofer Feld, das ihm als Stadtentwicklungssenator für den Wohnungsbau verloren ging. In Tegel aber gibt es noch etwas zu gewinnen. Schließlich holen die Flughafengegner in den Umfragen auf, es wird wohl knapper als gedacht, der öffentliche Wind dreht – auch abseits der Einflugschneisen.

Bei der Entscheidung über die Zukunft von Tegel wird die Zukunft der Stadt verhandelt: Welche Art von globaler Mobilität braucht sie, welche Art von Wachstum will sie generieren auf immer knapper werdenden Flächen? Diesen Fragen muss sich nicht nur der Senat stellen, sondern auch die Berliner CDU, die ihre Meinung umgebucht hat, ebenso die Bundesregierung, die Geisterflieger Alexander Dobrindt als Verkehrsminister duldet – und nicht zuletzt betrifft sie die Bürger selbst, die sich vor der Abstimmung fragen sollten: Wird ein Kreuzchen für Tegel am Ende nicht nur ein Kreuz für den Senat, sondern auf Dauer auch für die ganze Stadt?

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