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In der Kinderonkologie des Virchow-Klinikums soll starker Personalmangel herrschen.

© dpa/ Paul Zinken

Virchow-Klinikum in Berlin: Notstand auf der Kinderkrebsstation

Eltern beklagen massiven Personalmangel auf der Virchow-Kinderonkologie. Die Direktorin der Berliner Klinik bestätigt die knappe Besetzung und kündigt Veränderungen an.

Eltern von betroffenen Kindern beklagen auf der kinderonkologischen Station vom Virchow-Klinikum einen offenbaren pflegerischen Notstand. Sie berichten dem Tagesspiegel: Aufgrund von personellen Engpässen sind Betten gesperrt und chemotherapeutische Behandlungen verschoben worden.

So sollte ein knapp zweijähriges Mädchen, das an einem seltenen und aggressiven Hirntumor leidet, eigentlich den vierten chemotherapeutischen Behandlungsblock starten, doch am Morgen bekam die Mutter telefonisch mitgeteilt, dass dies aufgrund von zu wenig Personal leider nicht möglich sei. "So ging das fünf Tage lang. Wir waren erschüttert", sagt die Mutter. "Ihre Blutwerte wären gut genug gewesen, um die Therapie gegen die Tumorzellen unverzüglich fortzusetzen. Wie kann man so ein Risiko eingehen?"

Starker Personalmangel beim Brückenteam der Kinderonkologie

Auch sonst ist sie besorgt angesichts der Zustände im Virchow-Klinikum. So wurde das Mädchen, dessen Immunsystem aufgrund der Chemotherapie stark geschwächt ist, wegen der gesperrten Betten auf einer Station untergebracht, auf der auch Kinder mit Infektionskrankheiten lagen. "Aus Angst vor Ansteckung haben wir das Zimmer tagelang nicht verlassen." Gehofft hatte die Mutter auch auf die Unterstützung des sogenannten Brückenteams der kinderonkologischen Station. Dieses Team bereitet Eltern auf die häusliche Pflege eines krebskranken Kindes vor, bei der es zahlreiche Hygienemaßnahmen genau zu befolgen gilt. Doch daraus wurde nichts. Über den Fotos des Brückenteams auf der Station hängt ein Schild: "Aufgrund des Personalmangels bei den Pflegekräften ist die Arbeit des Brückenteams bis auf Weiteres sehr eingeschränkt."

Es ist unerträglich, dass es in einem Land mit derart hohen medizinischen Möglichkeiten das Personal als teuerster Störfaktor angesehen wird. Dass es genau das Personal ist, was in der Wirtschaft den Profit erarbeitet und im Gesundheitswesen die Leute gesund "macht", wird komplett ignoriert.

schreibt NutzerIn 030berlinerin

Etliche Eltern sind zutiefst verunsichert. Der Vater eines betroffenen Mädchens veröffentlichte auf Facebook einen offenen Brief, in dem er schreibt: „Ich bekomme eine scheiß Angst, wenn ich daran denke, was noch alles nicht gemacht werden kann oder erst viel später, weil kein Personal da ist!“ Die Charité reagierte auf den Unmut der Eltern, indem sie am Freitag einen Brief auf der Station verteilen ließ. Darin entschuldigte sie sich für die personellen Schwierigkeiten und lud die Eltern zu einem Gesprächstermin ein.

„Wir müssen priorisieren aufgrund der Bettenlage.“

Dem Tagesspiegel sagte die Direktorin der Kinderonkologie, Angelika Eggert: "Wir müssen priorisieren aufgrund der Bettenlage." Zugleich wies sie darauf hin, dass eine tageweise Verschiebung einer einmal begonnenen Chemotherapie keine medizinischen Konsequenzen habe. Was die zeitweise Unterbringung von krebskranken Kindern auf anderen Stationen angeht, sagte sie, das sei manchmal unvermeidlich. "Es ist ein Luxus, dass es überhaupt eine eigene Station für die Kinder gibt. Das gibt es an anderen Kliniken überhaupt nicht."

Die Pflegedirektorin der Charité, Judith Heepe, sagte, sie hätten in der Kinderonkologie in der Tat eine sehr schwache und knappe Besetzung während der Sommermonate gehabt, seien aber dabei, das zu ändern. Der im April geschlossene Tarifvertrag sieht für die pädiatrische Onkologie vor, dass auf drei Kinder eine Pflegekraft kommt.

Ob die Beschwichtigungen vonseiten der Klinik die Besorgnis der Eltern lindern können, ist fraglich. "Würden die Eltern auf der Station nicht mithelfen, würde das alles im Chaos versinken", schreibt der Vater in seinem Facebook-Post.

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