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In Existenznot. Unternehmer Denys Nagel hat Probleme, die Hilfsprogramme zu bekommen: Angeblich sei die Prognose seines Unternehmens nicht gut genug und seine Lage nicht durch Corona bedingt.

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Viele Banken scheuen das Risiko: Wie Unternehmer versuchen, in der Corona-Krise Kredite zu bekommen

Obwohl der Staat jetzt zu 90 Prozent haftet, lassen die Institute manche Firmenkunden abblitzen. Auch Kleinunternehmer Denys Nagel sucht nach einem Kredit.

Das Land und der Bund wollen alles tun, um Massenpleiten von Unternehmen zu verhindern – doch es gibt für viele Geschäftsinhaber in Berlin große Probleme mit den Hausbanken, aber auch mit Anträgen bei der Förderbank des Landes, der IBB.

Dies berichten Unternehmer dem Tagesspiegel. So wie Denys Nagel, Geschäftsführer der Holzconnection. Ein traditionsreiches Familienunternehmen für Echtholzmöbel nach Maß mit insgesamt 145 Mitarbeitern und elf Läden in Deutschland.

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„Es ist der Wahnsinn“, schildert Nagel. Er habe sich zunächst an seine Hausbank, die Deutsche Bank, gewandt. Hintergrund: Der Bund hatte in seinem großen Corona-Hilfspaket beschlossen, dass Unternehmen, die aufgrund der Coronakrise in Existenznot geraten, Hilfe vom Staat bekommen: Über die Staatsbank KfW, die mit 90 Prozent bürgt, zehn Prozent wiederum müssen die Hausbanken übernehmen.

Doch stellen sich hier viele Institute quer. So habe die Deutsche Bank das Risiko für Nagels Unternehmen als „zu hoch“ eingestuft. „Weil sie sagen, bis zum Stichtag 31. Dezember 2019 sei unsere Prognose nicht gut genug.“

Seine Firma sei „runter geratet“ worden und somit sei das Hilfsprogramm für ihn nicht relevant.

„Ich musste meinen Laden schließen, aber die Kosten laufen weiter"

Ähnliches habe er bei Berlins „völlig überlasteter“ Investitionsbank IBB zu hören bekommen. Der Sachbearbeiter habe ihm erzählt, dass sichergestellt werden müsse, dass die finanziellen Einbußen aufgrund der Coronakrise entstanden seien. „Ich musste aufgrund eines Senatsbeschlusses meine Läden schließen, habe keine Einnahmen mehr, weil die Leute nicht mehr auf die Straße dürfen, aber weiterhin Kosten. Ich muss zudem meine Mitarbeiter bezahlen. Warum wenn nicht aus diesen Gründen sollte ich Liquiditätshilfen beantragen“, fragt Nagel.

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Der IBB-Sachbearbeiter habe klar gestellt, dass der Staat nicht sein unternehmerisches Risiko tragen könne. Er solle eine selbstschuldnersiche Bürgschaft leisten. „Der hat von mir verlangt meinen Vater, den Gründer der Firma, als Bürgen mit seinem privaten Eigentum in Höhe von 500 000 Euro einzubringen“, sagt Nagel. Er habe angeboten, weitere Businesspläne einzureichen, doch der Sachbearbeiter habe klar gemacht, dass niemand Zeit habe, diese in der momentanen Lage zu prüfen.

Auch der Vorstoß, dass Vermieter die Gewerbemieten erst einmal stunden sollen, sei „ein Fake“, sagt Nagel verärgert.

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Er bat um Stundung der Mieten von April bis Juni. „Doch ab Juli müsste ich dann drei Mieten plus die Juli-Miete zurückzahlen. Wie denn, ohne Einnahmen?“ Nagel berichtet, dass auch hier die Vermieter sich die fehlenden Mieten „über die Bürgschaften ziehen“, die auf den Gewerbemieten lägen.

Die Bonität des Antragsstellers muss gegeben sein

Ein Sprecher der Deutschen Bank sagte: „Bereits in den ersten Tagen des Hilfsprogramms haben wir bundesweit mehr als 10 000 Anfragen erhalten. Die ersten Förderkredite sind bereits bewilligt und werden voraussichtlich noch diese Woche ausgezahlt.“

Er betonte auch, dass für das Sonderprogramm nur Unternehmen in Betracht kämen, „deren Geschäftsmodell vor der Coronakrise eine ausreichende Bonität aufwies“. Das sei immer fallabhängig. „Wir dürfen schließlich nicht einfach so Kredite vergeben, sondern müssen davor die Bonität des Antragstellers prüfen.“

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Auch bei der Sparkasse hieß es, „selbstverständlich muss die Berliner Sparkasse auch individuelle Risikoprüfungen vornehmen.“ Kriterien seien dabei vor allem die Bonität des Firmenkunden vor der Krise und die unmittelbare Betroffenheit der Covid-19-Pandemie.

Der wirtschafspolitische Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus, Christian Gräff, wies darauf hin, dass die Hausbanken laut Kreditfinanzierungsgesetz ohne positive Zukunftsprognose gar keine Kredite bewilligen dürften. Er plädiere dafür, die Hausbanken ganz aus den Sonderprogrammen zu nehmen und alle Hilfsangebote über die KfW und die IBB laufen zu lassen.

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Jens Holtkamp, Sprecher der Förderbank IBB, sagte dazu: „Die Rettungskredite sind für gesunde Unternehmen, die unverschuldet durch die Coronakrise in Liquiditätsengpässe geraten sind. Deshalb vergeben wir als IBB in einer Krisensituation – in der normalerweise niemand mehr Geld verleihen würde, auch wegen regulatorischer Anforderungen – Kredite zu null Prozent bis 500 000 Euro für 24 Monate, für die der jeweilige Unternehmer/in bürgt.“

Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) hatte hingegen am Mittwoch einen Brief an die Hausbanken geschickt mit dem Appell, dass die Krise nur gemeinsam mit Bund, Land und den Kreditinstituten zu bewältigen sei. Bei einer Haftungsfreistellung durch die öffentliche Hand bleibe den Instituten nur ein sehr geringes Risiko. Zudem will Pop die Hilfen sofort von 200 auf 300 Millionen Euro aufstocken.

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