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Berlin: Viel Trubel zum Jubiläum

Am 8. Mai wird das Strandbad Wannsee 100 Jahre alt. Dann ist auch die Teilsanierung beendet Doch die Bäderbetriebe und die Stiftung Denkmalschutz wollen nicht gemeinsam feiern

Er ist schon jetzt in Feierlaune. Klaus Lipinsky, Vorstandsvorsitzender der Bäderbetriebe, begutachtet die sanierten Garderobenhallen und den langen Wandelgang im Strandbad Wannsee und sieht darin eine gute Ausgangslage für die weitere Entwicklung: „Ich glaube, das sanierte Bad wird so ein Erfolg werden, dass wir für die Zukunft ganz anders kalkulieren können.“ Lipinsky rechnet mit steigenden Besucherzahlen, denn die Neugier der Berliner auf das sanierte Traditionsbad sei groß, sagt er. Verbunden mit dem anstehenden Jubiläum ist er für die Zukunft optimistisch. Am 8. Mai wird das Strandbad Wannsee 100 Jahre alt.

Bei Helmut Engel, Geschäftsführer der Stiftung Denkmalschutz Berlin, klingt das alles anders. „Wir sind zwar froh, dass wir nach zweieinhalb Jahren Bauzeit diesen Stand erreicht haben“, sagt er, „aber wir sind noch lange nicht fertig.“ Die Stiftung habe, zusammen mit dem Baukonzern Hochtief, ihren Teil der Arbeiten erledigt, „bis auf die Teile, wo wir von den Bäderbetrieben behindert werden“. Engel spielt damit vor allem auf zwei Baustellen im Bad an: die Ruine des Restaurants Lido und auf den Gussasphalt, der noch im Wandelgang fehlt.

Der Streit zwischen Stiftung und Bäderbetrieben über den Bauverlauf mutet kleinlich an. Der aktuelle Zwist um den Asphalt im Wandelgang ist ein Beispiel dafür. Die Stiftung plante zu Beginn der Sanierung, Keramikfliesen zu verlegen, wie es sie früher schon in dem seit 1983 denkmalgeschützten Gebäudeensemble gab. Die Bäderbetriebe bemängelten jedoch, dass die Fliesen dem Verkehr mit Lieferfahrzeugen und Rettungswagen nicht standhalten könnten. Der Kompromiss lautet: Es wird ein eingefärbter Gussasphalt eingearbeitet. Wer die Mehrkosten trägt, ist unklar. Die Stiftung sieht sich nicht in der Pflicht, die Bäderbetriebe verweisen auf ihre leeren Kassen und der Senat will auch kein zusätzliches Geld beisteuern. Also fehlt der Bodenbelag, was nicht nur unschön aussieht, sondern noch unschönere Folgen haben könnte: Ohne Asphalt ist der Wandelgang eine riesige Wanne, aus dem Wasser nicht abfließen kann. Prasselt starker Schlagregen von der Seeseite nieder, steht im Wandelgang eine mehrere hundert Meter lange Pfütze.

Lipinsky glaubt, dass sich bis zum Beginn der Badesaison am 28. April auch dieser Streit gelegt hat. Wie die Lösung aussehen könnte, sagt er aber nicht. Eines haben die Bauarbeiten indes schon blockiert: Die traditionelle Öffnung des Bades zu den Osterfeiertagen fällt diesmal aus. Zu viele Baugeräte stehen im Weg. Und im Strand wird auch noch gebuddelt. Derzeit wird eine neue Abwasserleitung bis zur Spanischen Allee verlegt. Das bezahlen die Bäderbetriebe aus dem Millionenposten, den ihnen der Senat zur Sanierung der Infrastruktur zur Verfügung gestellt hat. Eine Auflage der Bauverwaltung werde damit erfüllt.

Auffälligstes Beispiel dafür, dass das Geld nicht gereicht hat, ist die Ruine des Strandrestaurants Lido, das weder die Stiftung Denkmalschutz noch die Bäderbetriebe angefasst haben. Engel sieht die Schuld bei den Bäderbetrieben: „Alle standen Gewehr bei Fuß, auch die ABM- Kräfte hatten wir schon organisiert. Nur die Bäderbetriebe waren nicht in der Lage, einen Pächter zu finden.“ Das bestreitet Lipinsky auch nicht: „Niemand hat sich bereitgefunden, die Sanierungskosten zu übernehmen und im Gegenzug einen langfristigen Pachtvertrag zu erhalten.“ So steht an der markantesten Ecke der Anlage im Jubiläumsjahr ein rostendes Gerippe. „Wenn nicht bald etwas passiert, kann man nur noch abreißen“, sagt Engel. Lipinsky glaubt, dass durch den erwarteten Schub in der kommenden Saison die Baustelle Lido ganz anders betrachtet werde: „Bei dem Mehr an Besuchern rechnet sich die Investition eher.“

Helmut Engel glaubt das nicht. Das könne nur erreicht werden, wenn aus dem Saisonbetrieb am Wannsee ein Ganzjahresunternehmen werde, mit Sauna und Wellness und Eislaufen im Winter. Lipinsky weist das als Wunschtraum zurück. Um die Gebäude für den Winter fit zu machen, müssten sie isoliert und gedämmt werden. Das ergebe eine zusätzliche Millioneninvestition, die niemand schultern könne.

Die Stiftung und die Bäderbetriebe reden schon lange nicht mehr miteinander. Das soll sich aber wieder ändern. Am 19. April lädt Baustadtrat Uwe Stäglin (SPD) vom Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf zum runden Tisch über die Zukunft des Strandbades ein.

Vielleicht einigen sich beiden Seiten dann darauf, gemeinsam, statt wie bisher geplant, getrennt das Jubiläum zu feiern. Die Bäderbetriebe wollen am 8. Mai den Startschuss für eine Reihe kleinerer Veranstaltungen über die Jubiläumssaison geben. Die Stiftung Denkmalschutz hingegen will am 12. Mai mit einem kleinen Festakt die Schlüssel für das Strandbad Wannsee wieder zurückgeben. Aber nicht an die Bäderbetriebe, sondern an Sportsenator Ehrhart Körting (SPD).

Einig sind sich alle nur in einem: Das Strandbad Wannsee, das Musterbeispiel eines Volksbades, mit der einzigartigen Bäderarchitektur von Richard Ermisch und Martin Wagner, soll weiter saniert werden. Aber schon über das Wie gibt es neuen Streit. Die Stiftung möchte Wannsee den Bäderbetrieben am liebsten entreißen; die jedoch wollen es auf keinen Fall hergeben. Entscheidend könnte das Placet von Ehrhart Körting sein. Er erklärte im Gespräch mit dem Tagesspiegel unlängst, das Strandbad Wannsee könne der „Pfiffigkeit eines privaten Unternehmers“ übertragen werden. Es bleibt also spannend im Jubiläumsjahr.

Zum Jubiläum erscheint im Nicolai-Verlag das Buch „100 Jahre Strandbad Wannsee“, mit zahlreichen historischen Fotos. Es kostet 19,90 Euro.

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