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Kinder auf dem Weg in die Schule.

© Peter Kneffel/dpa

Verwaltung verweigert Herausgabe von Statistiken: Berlin ist die Hauptstadt des Lehrermangels - oder?

Die Bildungsverwaltung verweigert die Herausgabe von Zahlen zu Quereinsteigern. NRW zeigt, dass es auch anders geht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Susanne Vieth-Entus

Nichts gegen Quereinsteiger: Zehntausende von ihnen retten täglich die Schulen zwischen Bocholt und Bautzen, zwischen Spandau und Steglitz. Allein in Berlin wäre rechnerisch rund jeder vierte Schüler ohne Unterricht, wenn sich die Kultusminister im Jahr 2013 nicht darauf geeinigt hätten, nachqualifizierte Akademiker unter klar definierten Bedingungen formal als Lehrer anzuerkennen.

Quereinsteigende werden dank frischer Ideen und eines anderen Blicks auf Schule sogar besonders wertgeschätzt, weil sie den Horizont eines Kollegiums erweitern können.

Allerdings sollen sie, so der Rat der Forschung, nicht überhand nehmen, indem sie etwa einseitig den Brennpunktschulen zugewiesen werden, die schwerer aus eigener Kraft ausgebildete Pädagoginnen und Pädagogen finden können.

Alle Versuche einer gerechten Verteilung der Quereinsteiger sind inzwischen jedoch gescheitert. Längst geht es nur noch darum, freie Lehrerstellen irgendwie zu besetzen, wobei gute Quereinsteiger inzwischen schon als Glücksfall gelten: Die Alternative besteht oftmals darin, fachfremde Akademiker wie Archäologen oder auch Sozialarbeiter zu holen.

[700 Lehrer werfen hin: Neue Kündigungswelle an Berliner Schulen verschärft Personalnot – jetzt lesen auf Tagesspiegel Plus]

Berlin ist somit im Bundesvergleich ganz unten angekommen. Aber es soll keiner merken: Die Bildungsverwaltung verweigert die Herausgabe von Statistiken, aus denen die Zahl der im Laufe der Jahre nachqualifizierten Quereinsteiger hervorginge. Stattdessen werden sie statistisch in einen Topf geworfen mit den regulär ausgebildeten Lehrern.

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Statistisch werden Quereinsteiger in einen Topf geworfen mit den regulär ausgebildeten Lehrern.
Statistisch werden Quereinsteiger in einen Topf geworfen mit den regulär ausgebildeten Lehrern.

© Philipp von Ditfurth/dpa

So soll niemand mehr nachvollziehen können, was den Berliner Kindern angetan wird: Denn die nicht regulär ausgebildeten Kräfte ballen sich nicht nur im Brennpunkt, sondern besonders an den Grundschulen, in denen doch die Basis für die gesamte schulische und damit auch Lebenslaufbahn gelegt wird.

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Da es so verheerend sein kann, wenn bei der Alphabetisierung und bei der kniffligen Einführung in die Welt der Zahlen etwas schief läuft, klammern selbst vom Lehrermangel geplagte Länder wie Nordrhein-Westfalen Quereinsteiger aus den Grundschulen aus.

Dessen Bildungsministerium warnt, dass die Vermittlung dieser Kompetenzen „fundiertes fachliches und didaktisches Wissen sowie vertiefte Kenntnisse über die Entwicklungsphasen der Schülerinnen und Schüler“ erfordere. Und das Düsseldorfer Ministerin veröffentlicht sogar haarscharf die Quoten der an den anderen Schulformen eingestellten Quereinsteiger – rückblickend für zehn Jahre. Es geht also. Aber nicht in Berlin.

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