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QR-Comeback: Ein Code, der mit der Luca-App zur Kontaktnachverfolgung gescannt werden kann, an einer Schutzscheibe in einem Geschäft.

© Marijan Murat/dpa

Verwaltung prüft Vertragsende: Luca-App droht in Berlin das Aus

Berlins Gesundheitssenatorin Ulrike Gote teilt „viele kritische Argumente“ gegen die Luca-App. Es mehren sich die Anzeichen, dass das Land auf sie verzichtet.

In Berlin mehren sich die Anzeichen für ein baldiges Ende der Zusammenarbeit mit der Firma Culture4life, die die Luca-App entwickelt hat. Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) erklärte am Donnerstag im Abgeordnetenhaus: „Wir führen gerade eine sehr kritische Diskussion innerhalb der Gesundheitsministerkonferenz zur Luca-App. Zwar sind wir derzeit noch in der Prüfung, teilen aber viele kritische Argumente“, fügte Gote hinzu.

Sie kündigte an, diese in das Ergebnis der Prüfung einzubeziehen und rief für die Zwischenzeit dazu auf, die Corona-Warn-App zu nutzen. „Ich denke, auch mit dieser Warn-App kann man sehr sehr gut arbeiten“, sagte Gote.

Zuvor hatten sich bereits sämtliche fachpolitischen Sprecher der rot-grün-roten Koalitionsfraktionen für eine Auflösung des bis Ende März laufenden Vertrages zwischen dem Land Berlin und Culture4life ausgesprochen. Tagesspiegel-Informationen zufolge wird ein entsprechender Schritt aktuell vorbereitet. Auch innerhalb der Gesundheitsverwaltung wird dem Vernehmen nach von einer Kündigung des Vertrages ausgegangen.

Die öffentlich immer wieder kontrovers diskutierte Luca-App soll Restaurantbesitzern und Event-Veranstaltern helfen, die gesetzlich vorgeschriebene Erfassung der Kontakte der Besucher ohne Zettelwirtschaft zu erledigen. Sie kann direkt mit den Gesundheitsämtern verbunden werden.

Luca-App: Kritik von Datenschützern

Die Senatsgesundheitsverwaltung bewertete den bisherigen Einsatz der App positiv. „Grundsätzlich kann von einem hohen Mehrwert für die Gesundheitsämter ausgegangen werden, zudem durch die jüngsten Systemerweiterungen (luca connect) der Instrumentenkasten noch einmal um weitere Features erweitert wurde“, hieß es in einer schriftlichen Antwort auf Fragen der Deutschen Presse-Agentur. Derzeit lägen auch keine Anhaltspunkte vor, dass ein Betrieb der App aus datenschutzrechtlichen Gründen untersagt werden könnte.

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Datenschützer sehen Risiken in der zentralen Speicherung von Daten bei Luca, die Hersteller verweisen auf einen Schutz durch Verschlüsselungstechnik. Die App wird von Gesundheitsämtern unterschiedlich oft genutzt. Der Deutsche Landkreistag beurteilt Luca positiv. „Das Luca-System kann die Gesundheitsämter entlasten und sollte deshalb weiterhin im Einsatz bleiben“, sagte eine Sprecherin.

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Zuletzt entzündete sich die Kritik an einem Vorfall in Mainz, wo die Polizei gemeinsam mit dem Gesundheitsamt bei Ermittlungen zu einem tödlichen Sturz in einer Gaststätte auf Daten aus der App zurückgriff. Danach hatten einzelne Politiker dazu aufgerufen, die Luca-App von den mobilen Telefonen zu löschen, und die Bundesländer aufgefordert, auslaufende Verträge mit dem Anbieter nicht zu verlängern.

Die Betreibergesellschaft Culture4life hat ihren Sitz in Berlin. Der Musiker Smudo von den Fantastischen Vier entwickelte die Luca-App mit und ist an der Betreibergesellschaft wirtschaftlich beteiligt. Diese hatte das Vorgehen der Behörden in Mainz kritisiert und darauf hingewiesen, dass dies nicht vom Infektionsschutzgesetz gedeckt sei.

Schleswig-Holstein will Luca-App nicht weiter nutzen

In dieser Woche hatte bereits das Land Schleswig-Holstein entschieden, die Luca-App nicht weiter zu nutzen. Die Entscheidung sei vor allem gefallen, weil die Corona-Landesverordnung seit September 2021 keine Pflicht mehr zur Erhebung der Kontaktdaten beinhalte, sagte eine Sprecherin des Schleswig-Holsteinischen Landkreistages.

Das Gesundheitsministerium Baden-Württemberg will erst Ende Februar entscheiden. Die Landesregierung sieht die App als „guten und datenschutzkonformen Baustein“ der Vorsorge, betont aber, Corona-Warn-App und Luca-App könnten gleichzeitig genutzt werden. Innerhalb von 28 Tagen hätten sich zuletzt mehr als 5,9 Millionen Menschen eingecheckt. Der netzpolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Alexander Salomon, hält die Luca-App bei Warnung und Nachverfolgung dagegen für „mausetot“.

Auch andere Bundesländer prüfen derzeit noch, ob sie den Vertrag für die Luca-App auslaufen lassen oder verlängern sollen. (mit dpa)

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