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Die FDP-Fraktion darf öffentlich über ihre Arbeit informieren, jedoch nicht die Agenda der Partei durch Einsatz ihrer Gelder vorantreiben. 

© SebCzaja/Twitter

Verstoß gegen das Fraktionsgesetz?: Grüne kritisieren FDP wegen Tegel-Plakatkampagne

Die Grünen sehen die Regeln zur Parteienfinanzierung verletzt. Und wundern sich, dass die Liberalen nicht mehr dafür tun, die Vorwürfe zu entkräften.

Die FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus bekommt wegen ihrer TXL-Plakatkampagne und des Verdachts illegaler Parteiwerbung nun auch Kritik aus anderen Fraktionen. Daniel Wesener, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, forderte von den Liberalen Aufklärung. 

„Es müsste doch im unmittelbaren Interesse der FDP-Fraktion liegen, den Vorwurf auszuräumen – ob begründet oder nicht“, sagte Wesener. „Parteipolitisch gibt es wenige Dinge, die uns als politischen Parteien und dem demokratischen System so sehr schaden wie der Vorwurf der illegalen Parteienfinanzierung.“

Seit einigen Tagen hängen in der Stadt rund 2000 Plakate der FDP-Fraktion. Darauf wird vor einer Schließung des Flughafens Tegel gewarnt. Die Fraktion hatte Anfang Mai auf Vorschlag von Fraktionschef Sebastian Czaja beschlossen, dass es eine 100 000 Euro teure Kampagne geben soll. 

Von dem konkreten Slogan und der Kampagnenoptik war keine Rede. Die FDP lag da in den Umfragen bei fünf Prozent. Die Entscheidung war gefallen, als die Flughafengesellschaft noch geplant hatte, Tegel zeitweise und bereits vor dem BER-Start Ende Oktober zu schließen. Grund war der Zusammenbruch des Luftverkehrs in der Coronakrise.

Auf den Plakaten der FDP-Fraktion ist der beleuchtete Flughafen im Dämmerlicht zu sehen, darauf in der kompletten oberen Hälfte der Spruch: „Wenn in Tegel das Licht ausgeht, verliert Berlin an Strahlkraft.“ Dazu der Hashtag: #DemokratieimDunkeln. Unten links steht das Fraktionslogo in den Farben der Partei Blau, Gelb, Magenta. Unten rechts ist nur sehr klein zu lesen, dass weitere „Inhalte dieser Informationskampagne“ unter einer Internetadresse zu finden sind – und die führt auf die Seite der FDP-Fraktion. 

Plakat wirkt wie pro Flughafen, nicht pro Partei

Beim einfachen Betrachten wirkt das Plakat weniger wie eine Information der Fraktion über ihre Arbeit, sondern mehr wie ein Plakat der FDP pro Flughafen Tegel. Andererseits: Durch die Kommunikation in den sozialen Medien wird die Darstellung plakativer und bildorientierter.

Sophie Schönberger, Professorin für Öffentliches Recht und Direktorin des Instituts für Deutsches und Internationales Parteienrecht und Parteienforschung in Düsseldorf, bezweifelt jedenfalls, dass die Verwendung von Fraktionsgeldern für diese Kampagne rechtmäßig war. 

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Sie sieht in den Plakaten einen Verstoß gegen das Fraktionsgesetz. „Hier wird eine Werbekampagne gestartet, die in erster Linie der Partei und nicht der Fraktion zugutekommen soll“, sagte Schönberger in der vergangenen Woche dem RBB. Es fehle „ein Bezug auf eine aktuelle parlamentarische Initiative“, wie etwa in der Vergangenheit die Anträge der FDP zum „Tegel-Offenhaltungsgesetz“ der Volksinitiative zur Rettung von Tegel.

Es dürfe nur über die Arbeit der Fraktion informiert werden

Wenn die Fraktion Steuermittel für eine Plakataktion in die Hand nehme, dürfe die Öffentlichkeit nur über die Arbeit der Fraktion informiert werden, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen. „Ich kann das auf den Plakaten nicht erkennen“, erklärte Wesener.

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Er wundere sich, dass die FDP-Fraktion mauert. An ihrer Stelle hätte er „großes Interesse daran, die Vorwürfe auszuräumen und nicht zu warten, bis der Landesrechnungshof prüft, ob Steuermittel für illegale Parteienfinanzierung genommen wurden“. Der Landesrechnungshof sieht bislang aber keinen Anlass für eine außerordentliche Prüfung des Falls.

FDP-Führung weist Vorwürfe zurück

Für Fraktionen gelten bei der Öffentlichkeitsarbeit besondere Regeln. Die mit dem Geld der Steuerzahler finanzierten Fraktionen dürften keine Parteipolitik und Wahlwerbung betreiben. Sie dürfen die Bürger nur über ihre inhaltliche „Arbeit und Aufgabenstellung“ informieren. So sieht es das Berliner Fraktionsgesetz vor.

Die Führung der FDP-Fraktion hatte die Vorwürfe als haltlos zurückgewiesen. „Wir haben nichts falsch gemacht und sorgen mit der Kampagne für Informationen“, hatte der Parlamentarische Geschäftsführer Paul Fresdorf erklärt. Die Plakate dienten als „Öffentlichkeitsanker, die zur Kampagne hinführen“.

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