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Endlich Ferien. Aber nicht für alle, wenn es nach der Berliner CDU geht.

© imago/Westend61

Verpflichtende Sommerkurse für Schüler in Berlin: „Alle Kinder haben ein Recht auf Ferien“

Sommerschulpflicht für Lernschwache? SPD und Grüne lehnen den Vorstoß der CDU ab. Aus der Wirtschaft kommt dagegen viel Zustimmung.

Verpflichtende Sommerkurse für Schüler mit geringen Deutschkenntnissen, dazu eine elektronische Zeiterfassung für schwänzende Schüler: In Thüringen, wo die Berliner CDU-Fraktion noch bis Sonntag ihre Klausurtagung abhält, kamen diese Vorschläge von Christian Gräff, ihrem wirtschaftspolitischen Sprecher, recht gut an. Bei SPD, Grünen und auch in der Senatsbildungsverwaltung stießen sie auf klare Ablehnung.

„Fehlt nur noch die Forderung nach einer elektronischen Fußfessel“, meinte die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, Marianne Burkert-Eulitz. Bei dem Vorschlag der elektronischen Zeiterfassung habe sich Gräff „wohl von China inspirieren lassen, wo der Persönlichkeitsschutz von Menschen vor dem Staat kaum eine Rolle spielt und wo Schülerinnen und Schüler per Gesichtserkennung in der Schule überwacht werden.“ Auch die Forderung nach einer verpflichtenden Summer School weist Burkert-Eulitz zurück: „Alle Kinder haben ein Recht auf Ferien. Eine Summer School kann allenfalls ein freiwilliges Angebot sein.“

Freiwillige Ferienschulen finden bereits statt

Auch Bildungsstaatssekretärin Beate Stoffers (SPD) erteilt verpflichtenden Sommerkursen eine Absage: „Eine Zwangsbeschulung in den Ferien ist nicht sinnvoll“. Da gebe es erhebliche rechtliche Bedenken. „Der Vorschlag würde einen harten Eingriff in das Familienleben darstellen.“ Die Frage sei auch, wer die Schüler unterrichten solle, da auch Lehrkräfte Erholung bräuchten. Fehlzeiten erfassen die Schulen bereits stundengenau, teilt die Bildungsverwaltung mit. Auch freiwillige Ferienschulen für Kinder mit Migrationshintergrund finden in Berlin bereits statt. Rund 1300 Schüler nehmen daran pro Jahr durchschnittlich teil.

„Natürlich sind die Verbesserung der Deutschkenntnisse und der Abbau von Schuldistanz Ziele, die auch die Regierungskoalition teilt“, sagt die SPD-Bildungspolitikerin Maja Lasic. Bei den Forderungen der CDU handele es sich aber um Einzelmaßnahmen, die nicht die Schulen als Ganzes in den Blick nehmen. Dafür sei das Qualitätspaket der Bildungsverwaltung besser geeignet. Lasic verweist auf das Indikatorenmodell, das am Donnerstag im Bildungsausschuss vorgestellt wurde.

Dies soll für alle Schulen eingeführt werden. Bei dem Modell werden Schuldaten wie etwa Leistungen, Abbrecherquoten und Fehlzeiten systematisch erfasst und auch mit den Daten anderer Schulen verglichen. Auf dieser Basis können die Schulen Verbesserungsbedarf analysieren, dazu werden auch Verträge mit der Schulaufsicht abgeschlossen.

UVB-Chef Amsick: Sinnvoll, aber auf freiwilliger Basis

In Kreisen der Berliner Wirtschaft nimmt man die Ideen im Gräff-Papier wohlwollender auf: Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), bezeichnet sie – mit Einschränkungen – als richtig und sinnvoll. So sei das Konzept der Summer Schools, das etwa für Studenten wie auch von Stiftungen für Schüler bereits etabliert sei, auch für Kinder mit Sprachschwierigkeiten ein Angebot, das sicher von vielen Eltern gern angenommen werde. Auf freiwilliger Basis. „Bei Schülern, die dazu verdonnert werden, dürfte der Lernerfolg sicher überschaubar bleiben“.

Auch die elektronische Erfassung der Anwesenheit von Schülern, die mehr als zehn bis 15 Prozent fehlen, hält der Verbandschef für sinnvoll, sofern die Eltern zugestimmt haben. „Es gilt die Schulpflicht in Deutschland. Davon profitieren Schüler, Eltern und der Staat gleichermaßen. Es ist die Pflicht des Staates diese auch durchzusetzen“, meint er. Sollte dies bei chronischen Schwänzern nicht für Besserung sorgen, sollte als Sanktion auch die Versetzung in die höhere Klassenstufe gefährdet bleiben. Dem Prinzip von Rot-Rot-Grün, ein „Sitzenbleiben“ zu vermeiden, kann Christian Amsinck nichts abgewinnen.

Entschiedenen Widerspruch der UVB erntet die CDU bei dem Vorschlag einer Ausbildungsplatzgarantie für Schulabgänger. „Viele Firmen investieren bei einer dreijährigen Ausbildung schnell 50 000 bis 60 000 Euro. Da wollen Sie dann bei der Auswahl auch entscheiden.“ Wenn die Politik richtigerweise feststelle, dass einige Schulabgänger absolut nicht ausbildungsreif seien, dürfe man ihnen auch keinen Platz garantieren. „Das passt nicht zusammen“, erklärt der UVB-Chef.

Constantin Terton, Bereichsleiter Fachkräfte und Innovation bei der IHK Berlin, nennt Überlegungen, die darauf abzielen, dass Schüler die Ausbildungsreife erreichen, wünschenswert. „Entscheidend für den Lernerfolg sind Ansprache und Motivation.“ Wichtiger sei zudem ein gutes Angebot frühkindlicher Sprachförderung.

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