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Die Münze ist weg – wurden dafür Häuser gekauft? 77 Immobilien, die einer arabischen Großfamilie zugerechnet werden, wurden jetzt beschlagnahmt.

© dpa

Vermögensabschöpfung: Berlin will 40 Millionen Euro von Kriminellen einziehen

Das neue Strafrecht wirkt und erleichtert die Vermögensabschöpfung. Unklar ist jedoch, wie viel am Ende tatsächlich vollstreckt wird.

Von Fatina Keilani

Ein Jahr ist es jetzt her, dass die Abschöpfung von Vermögen aus Straftaten gesetzlich erleichtert wurde, und es zeigen sich erste Erfolge. Der bisher größte und spektakulärste Schlag gelang Ermittlern vor zwei Wochen, als 77 Immobilien und andere Vermögenswerte einer als kriminell bekannten arabischen Großfamilie im Gesamtwert von fast zehn Millionen Euro eingezogen wurden. Nun sind erst mal mehrere Rechtspfleger der Staatsanwaltschaft mit der Vollstreckung beschäftigt.

Seit der Gesetzesnovelle steigt die Zahl der Einziehungen und auch die Höhe der abgeschöpften Summen. Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) meldete am Freitag erfreut folgende Zahlen: Während es im Jahr 2017 auf Antrag der Berliner Strafverfolgungsbehörden in 791 Verfahren rechtskräftige Einziehungsentscheidungen mit einem Gesamtwert von gut 19 Millionen Euro gab, sind es im laufenden Jahr bis zum Stichtag 18. Juli schon 2066 Verfahren mit rechtskräftigen Einziehungsentscheidungen im Wert von 22,5 Millionen Euro, exklusive der kürzlich eingezogenen fast zehn Millionen. Behrendt erklärte dazu: „Mit der Abschöpfung ihrer Vermögen treffen wir manche Täter härter als durch eine Haftstrafe. Mit mehr Personal bei den Strafverfolgungsbehörden möchte die rot-rot-grüne Koalition die Vermögensabschöpfung effektiver einsetzen. Die Zahlen belegen, dass wir damit erfolgreich sind.“ Dies gehe weit über die organisierte Kriminalität hinaus. Hier gehe es auch um Raub, Betrug und Unterschlagung.

Personalmangel verhindert die Vollstreckung

„Tatsächlich beantragen wir bei allen Vermögensdelikten die Einziehung, und das wird vom Gericht in der Verhandlung oder im Strafbefehl auch meist genau so entschieden“, sagt ein Staatsanwalt. „Allerdings werden die meisten Titel nicht vollstreckt.“ In der Regel seien die Kriminellen arme Schlucker, die das gestohlene Geld gar nicht mehr hätten, und die Vollstreckung würde sie in die Privatinsolvenz treiben. Man produziere also einen riesigen Stau von Vollstreckungstiteln, die dann nicht durchgesetzt würden, das sei die Realität. Es gebe auch trotz einer Aufstockung der Zahl der Rechtspfleger nicht genug Personal dafür. Wäre es anders, ergäbe sich in kürzester Zeit ein Heer von Zahlungsunfähigen und ein Stau bei den Insolvenzanträgen.

Nicht vollstreckt werden auch die erlangten Vermögenswerte aus Betrugstaten zulasten der Jobcenter – zu viel Durcheinander bei der Vollstreckung, da die Jobcenter selbst ebenfalls Forderungen eintreiben.

Der FDP-Innenpolitiker Marcel Luthe kündigte am Freitag an, zur Höhe der tatsächlich eingezogenen Beträge eine parlamentarische Anfrage zu stellen. Es komme nicht auf die ausgeurteilten, sondern auf die tatsächlich eingezogenen Beträge an.

Seit dem 1. Juli 2017 ist es für Ermittlungsbehörden leichter, Vermögen aus Straftaten abzuschöpfen. Seitdem müssen Tat und Gewinn nicht mehr im Zusammenhang stehen, sondern es reicht aus, dass das Vermögen nicht legal erworben sein kann, wenngleich nicht klar ist, aus welcher Straftat es genau stammt.

Die Strafverfolger stehen noch ziemlich am Anfang; Anwälte wie der Verteidiger des betroffenen Clans sind aber dafür bekannt, den Rechtsweg auszuschöpfen. Es ist also damit zu rechnen, dass die neue Regelung verfassungsgerichtlich überprüft wird.

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