zum Hauptinhalt
 Ein Dienstpistole des BKA vom Typ "Glock 17".

© Boris Roessler/dpa

Verlorene Dienstwaffen: Huch, wo ist denn die Pistole?

Ein Personenschützer eines Altbundespräsidenten hat in einem Neuköllner Hotel seine Pistole verloren. Es ist nicht der erste kuriose Fall.

Eines ist jetzt zumindest sicher: Für Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war der Personenschützer des Bundeskriminalamtes (BKA), der am Mittwochmorgen den Verlust seiner Dienstwaffe gemeldet hat, nicht zuständig. Der Beamte hatte am frühen Mittwochmorgen gegen 4.30 Uhr der Berliner Polizei gemeldet, dass ihm in einem Hotel in Neukölln seine Dienstwaffe durch eine Straftat abhandengekommen sei.

Beamter schützt Altbundespräsidenten

Der Oberkommissar gehörte zu einer Sicherungsgruppe des BKA, die für den amtierenden und frühere Bundespräsidenten zuständig ist. Nach einem entsprechenden Tagesspiegel-Bericht meldete sich am Donnerstag das Bundespräsidialamt zu Wort. Keiner der Personenschützer von Steinmeier vermisse seine Dienstwaffe, hieß es aus dem Schloss Bellevue.

Damit ist klar, dass der Beamte für den Schutz eines ehemaligen Bundespräsidenten zuständig sein muss. Für wen, ist nicht klar. Infrage kommen die noch lebenden Altbundespräsidenten Horst Köhler, Christian Wulff und Joachim Gauck. Wie die "Bild"-Zeitung erfahren haben will, soll es sich um Wulff handeln. Die Büros der drei Altbundespräsidenten verwiesen auf Anfrage jeweils an das BKA.

Der Oberkommissar ist eigentlich Personenschützer beim Landeskriminalamt Niedersachsen, aber abgeordnet zur BKA-Einheit, die den aktuellen und frühere Bundespräsidenten schützen soll. Beide Dienststellen – das LKA Niedersachsen und das BKA – sind am Mittwoch über den Verlust der Waffe informiert worden. Ob – wie in Sicherheitskreisen nicht ausgeschlossen wird – der Beamte möglicherweise für Wulff zuständig war, der ebenfalls Niedersachse ist, blieb offen. Das BKA wollte sich nicht dazu äußern.

Der Oberkommissar wurde „von seinen Personenschutzaufgaben entbunden“, teilte das BKA auf Antrage mit. Die Dienstwaffe, eine „Glock 17“ samt zwei Magazinen mit jeweils 17 Schuss, ist zur Fahndung ausgeschrieben. Das BKA hatte dem Tagesspiegel am Mittwoch noch erklärt, dass Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt. Am Donnerstag stellten die Behörden klar: Die Ermittlungen laufen noch bei der Berliner Polizei. Die Waffe wurde auch am Donnerstag noch nicht wieder aufgefunden.

Immer wieder verlieren Beamte Waffen

Es ist beileibe kein Einzelfall, das Polizeibeamte ihre Waffen verlieren. Einer der spektakulärsten Fälle der vergangenen Jahre ereignete sich in Leipzig. Dort hatte ein Beamter im August 2016 bei einem Schichtwechsel seine Maschinenpistole MP5 auf das Dach seines Einsatzwagens gelegt. Doch dann wurden die Polizisten alarmiert und mussten zu einem Einsatz fahren: Es ging um einen Raubüberfall an einer Tankstelle. 

Danach war die MP5 verschwunden, die Polizei suchte die Umgebung sogar mit Spürhunden ab – ohne Erfolg. Auch eine ausgelobte Belohnung in Höhe von 1000 Euro für Hinweis zum Verbleib der Waffe brachte nichts. Möglicherweise war das zu wenig, wie es selbst aus Sachsens Polizei heißt. Denn die MP5 kostet je nach Variante um 2000 Euro. Bis heute wurde die Maschinenpistole nicht wiedergefunden, sagte eine Sprecher der Leipziger Polizei am Donnerstag dem Tagesspiegel. 

Auch in Berlin kommen bei der Polizei immer wieder Waffen „abhanden“ gekommen. Es handelt ich dabei um ein deutschlandweit einheitlichen Eintrag ins Waffenregister, wenn Waffen als „abhandengekommen durch Straftat“  gemeldet werden, also durch Diebstahl oder Raub. Es gibt auch den  Statuseintrag „abhandengekommen als Verlust“, das umfasst das Vergessen, Verlieren und den Verlust einer Waffe aufgrund höherer Gewalt.

Auch in Berlin werden Waffen vermisst

In Berlin sind Polizisten seit 2010 nach den aktuellsten Angaben insgesamt sieben Waffen abhanden gekommen. Drei Waffen waren nach Angaben der Polizei bei Wohnungseinbrüchen und eine Waffe einem Zivilfahnder während eines Einsatzes aus dem Dienstwagen gestohlen worden. In zwei Fällen waren Beamten die Dienstwaffen beim Gang auf die Toilette abhanden gekommen gekommen, wovon eine wiedergefunden werden konnte.

Ein Beispiel: Im Januar 2017 war einem Wachmann der Polizei auf einer Toilette am S-Bahnhof Grunewald ein Rucksack gestohlen, darin - statt am Körper - hatte er seine Dienstwaffe aufbewahrt. Die Waffe tauchte nicht wieder auf. Der jüngste Fall betraf nach Angaben der Senatsinnenverwaltung vom März das Landeskriminalamt. Dort hatte eine Einheit im November 2018 den „Fehlbestand einer Dienstwaffe festgestellt“. Auch diese Waffe wurde nicht mehr gefunden.  

Brandenburg verzeichnet seit 2015 keine Verluste

In Brandenburg sind von 2015 bis 2019 keine Dienstwaffen abhanden gekommen, wie eine Sprecherin des Polizeipräsidiums am Donnerstag sagte. Aktuell sei im nationalen Waffenregister keine Dienstwaffe der Brandenburger Polizei als vermisst gemeldet.

Im Februar 2009 hatte eine LKA-Beamtin in Rheinsberg (Ostprignitz-Ruppin) bei einer Hausdurchsuchung ihre geladene Waffe auf einer Toilette liegen lassen. Ein Bürger fand die Waffe jedoch wenige Minuten später und gab sie den Beamten zurück.  Im Herbst 2008 hatte eine Beamtin des Mobilen Einsatzkommandos (MEK) bei einer Übung in Neuruppin ihren Rucksack verloren: Darin lagen ihre Waffe, ein Handy und eine Fotoapparat. Zwei Wochen später war die Waffe wieder zurück. Ein Mann aus der örtlichen Drogenszene hatte den Rucksack gefunden, ein Bekannter, der verhindern wollte, dass mit der Waffe Straftaten begangen wurde, kaufte dem Finder die Waffe ab und ließ dann über einen Mittelsmann eine Übergabe an die Polizei verabreden. 

Verlust als absolute Ausnahme

Und auch 2002 hatte ein brandenburgischer Beamter seine Waffe auf einem Klo in Mecklenburg-Vorpommern liegen lassen. Aus dem Innenministerium in Potsdam hieß es jedes Mal: Verlorene Dienstwaffen seien die absolute Ausnahme, derlei dürfe aber nicht passieren. Eine Dienstwaffe sei das wichtigste, was die Polizisten hätten.
Allerdings gab es in Brandenburg Probleme mit sichergestellten Waffen. In den Jahren 2012/2013 war bei der Polizei aufgefallen, dass der Verbleib und die Vernichtung Hunderter Waffen nicht klar dokumentiert war. Polizeiintern war der Vorwurf erhoben worden, das Problem sei nachträglich kaschiert worden. Nach einem entsprechenden Tagesspiegel-Bericht erklärte das Innenministerium im Juni 2018: Nach aufwändiger Prüfung habe sich herausgestellt, dass für vier Schusswaffen ein eindeutiger Nachweis über die Vernichtung nicht möglich gewesen sei.

Zur Startseite