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Vor Gericht (Symbolbild).

© dpa

„Verletzte Familienehre“: Prozessbeginn nach brutalem Überfall in Gesundbrunnen

Sieben Mitglieder einer Familie kommen nach einem Überfall auf einen 39-Jährigen vor das Landgericht. Eine Frau wurde bei dem Vorfall erschossen.

Nach einem Streit auf einer Hochzeit soll es zu einer blutigen Racheaktion gekommen sein: Sieben Mitglieder einer Familie stehen ab dem heutigen Dienstag (9.30 Uhr) vor dem Berliner Landgericht. Sechs der Angeklagten sollen an einem brutalen Überfall auf einen 39-jährigen Mann in Gesundbrunnen beteiligt gewesen sein. Etwa 130 Mal hätten sie ihn geschlagen und getreten. Während des Geschehens soll sich aus einem Revolver, den einer der mutmaßlichen Angreifer in der Hand gehalten habe, versehentlich ein Schuss gelöst haben. Die Kugel habe seine eigene Schwester tödlich getroffen.

Der Vorfall ereignete sich in der Nacht zum 27. Oktober 2018 in Gesundbrunnen. Weil sie sich laut Anklage durch beleidigende Äußerungen in ihrer „Familienehre“ verletzt gefühlt hätten, sollen der 49-jährige Ismet H., drei seiner Söhne und weitere Mitglieder der Familie einen Kontrahenten verfolgt haben.

In einem Café in der Prinzenallee hätten sie den Mann attackiert. Dabei seien ein Beil, ein Hockeyschläger, ein Hammer, eine Eisenstange eingesetzt worden. Erst als der Geschädigte sich schwer verletzt und blutüberströmt kaum noch geregt habe, hätten sie von ihm abgelassen. Die Staatsanwaltschaft geht von einem versuchten Totschlag sowie gefährlicher Körperverletzung aus. 

Samir O., ein 29-jähriger Sohn von Ismet H., soll bei dem mutmaßlichen Angriff mit einem Revolver bewaffnet gewesen sein. Als sich – offenbar ungewollt – ein Schuss löste, sei seine 23-jährige Schwester getroffen worden. Die Frau starb wenig später in einem Krankenhaus. Samir O. muss sich nun auch wegen fahrlässiger Tötung verantworten.

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Mitangeklagt ist ebenfalls seine Frau. Um Samir O. vor einer Strafverfolgung zu bewahren, soll die 30–Jährige die Schusswaffe beiseite geschafft haben. 

Fünf der Angeklagten im Alter von 16 bis 49 Jahren, bei denen es sich Angaben zufolge um bosnische Staatsbürger handeln soll, wurden etwa zwei Wochen nach dem blutigen Geschehen festgenommen. Mehr als 100 Ermittler, darunter Beamte eines Spezialeinsatzkommandos (SEK), vollstreckten fünf Haftbefehle und sechs Durchsuchungsbeschlüsse. Für den Prozess sind 20 Verhandlungstage bis zum 1. Oktober geplant.

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