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Die Fraktionsvorsitzenden und Spitzenkandidaten der jeweiligen Parteien im Land Berlin Bettina Jarasch ( l-r, Bündnis 90/ Die Grünen), Klaus Lederer ( Die Linke) und Franziska Giffey (SPD).

© dpa

Verhandlungshürde fast geschafft: SPD, Grüne und Linke vor Einigung beim Streitthema Wohnungspolitik

„Vielleicht muss sogar ganz Berlin eine ganze Etage hochgehoben werden“, sagt Grünen-Politikerin Jarasch. Auf welche Punkte sich schon verständigt wurde.

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SPD, Grüne und Linke sind in ihren Koalitionsverhandlungen am Samstag einen entscheidenden Schritt weitergekommen: Beim Streitthema Wohnen und Bauen erzielten die Verhandler:innen am späten Abend noch eine Einigung. Man sei einen „entscheidenden Schritt weitergekommen“, sagte die designierte Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) nach rund elf Stunden Verhandlung.

„Wir haben jetzt schon die fettesten Brocken“, sagte Giffey. „Stadtentwicklung ist das Schwerste.“ Es sei noch nicht zu Ende verhandelt. Bisher habe man sich über die Hälfte der Vorschläge aus den Fachgruppen verständigt, 20 Seiten sei der Teil zur Stadtentwicklung schon dick. Die ausstehenden Themen würden schneller gehen, sagte Giffey.

Einigkeit erzielten die drei Parteien zudem bei der Zahl von 200.000 neuen Wohnungen bis 2030. So hatte es schon das Sondierungspapier vorgesehen, allerdings war noch nicht klar, wo, wann und für wen gebaut werden soll. Giffey betonte, dass es einen Ausgleich zwischen Neubau und Mieterschutz geben müsse, um die Stadt sozial zu gestalten. „Das sind zwei Seiten einer Medaille.“

Die grüne Spitzenkandidatin Bettina Jarasch sagte, es gehe nicht nur um die Zahl von 200.000 Wohnungen. Den Bedarf zu ermitteln, „war der leichteste Teil“. Beim Thema Stadtentwicklung reden wir „über die Bewältigung der Mietenkrise und der Klimakrise. Das muss zusammengehen“. Es gelte Umbau vor Abriss und alle Nachverdichtungspotenziale auszuschöpfen.

„Vielleicht muss sogar ganz Berlin eine ganze Etage hochgehoben werden“, sagte sie. Die Linke will beim Thema Neubau vor allem das untere und mittlere Preissegment bedienen. SPD, Grüne und Linke hinken ihrem selbstgesteckten Zeitplan hinterher. Bis Donnerstag soll der Koalitionsvertrag fertig sein, ursprünglich war Mittwoch geplant – nun könnte es Freitag werden.

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Giffey betonte, dass man Entscheidungen für mehr als 3,7 Millionen Menschen treffen müsse – und wenn es ein oder zwei Tage länger dauere, gehe davon die Welt nicht unter. „Diese Verhandlungen sind von einem Einigungswillen getragen.“ Man brauche Antworten, die fünf Jahre hielten. Am Montag werde der Volksentscheid und der Mieterschutz besprochen, sagte Giffey.

Zuletzt hatten die Verhandlungen zum Thema Verkehr und Mobilität mehr Zeit gefressen als angesetzt. Auf die grobe Linie hat man schon verständigt: mehr U-Bahn, mehr Tram, mehr Bus. Woher aber das Geld für den Ausbau kommen sollte, war am Freitagabend unklar geblieben. Das solle kommende Woche weiter besprochen werden, sagte Jarasch. Klar sei aber, dass man eine weitere Finanzierungs-Säule für den Ausbau brauche.

Kosten-Nutzen-Rechnungen für den Ausbau von U-Bahn-Linien

Weiter soll in den Koalitionsvertrag aufgenommen werden, dass für den Ausbau etlicher U-Bahnlinien Kosten-Nutzen-Rechnungen aufgestellt werden, darunter die Verlängerung der U3 vom Bahnhof Krumme Lanke hin zum Mexikoplatz im Südwesten der Stadt. Außerdem soll die Elektromobilität in der Stadt gefördert, der Wirtschaftsverkehr unterstützt und die Seilbahn in den Gärten der Welt in das Nahverkehrsnetz eingespeist werden. Auch die seit Jahren diskutierte Tangentialverbindung-Ost zwischen Mahlsdorf und Köpenick soll angegangen werden, mehrere Tram-Linien im Ostteil der Stadt geplant, die Außenbezirke generell besser angeschlossen und Park-and-Ride-Stationen sowie Fahrradparkhäuser ausgebaut werden.

Absehbar ist darüber hinaus, dass die Parkgebühren in der Stadt steigen werden, etwa für die sogenannten Anwohnerparkvignetten. „20 Euro für zwei Jahre sind ein extrem niedriger Betrag“, hatte Giffey argumentiert. Das müsse sozial verträglich angepasst werden.

Indes bestritt die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Iris Spranger, dass sie den Vorsitz der SPD-Verhandlungsgruppe für Stadtentwicklung und Wohnungsbau abgegeben habe. „Ich bin die Verhandlungsleiterin und ich bleibe über die ganze Zeit Verhandlungsleiterin“, sagte Spranger am Sonnabend. Sie sei lediglich einmal vertreten worden, weil sie zeitgleich in der Dachgruppe Umwelt, wo sie ebenfalls Mitglied ist, verhandelt habe. Teilnehmer berichten jedoch übereinstimmend, dass Ex-BER-Chef Engelbert Lütke Daldrup zweimal die Fachgespräche für die SPD geleitet habe und eigentlich das Sagen habe.

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