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Temporäre Sperrung der Friedrichstraße von der Französischen Straße bis zur Leipziger Straße in Mitte im September 2020.

© imago images/Dirk Sattler

Verhandlungen der Koalition geplatzt: Neues Berliner Mobilitätsgesetz kommt wohl nicht mehr

Monatelang hatten SPD, Grüne und Linke verhandelt. Es ging auch um weniger Autos in der Stadt. Kurz vor der Wahl ist eine Einigung kaum mehr in Sicht.

Von Sonja Wurtscheid

Die Verhandlungen zwischen den Regierungsparteien zum neuen Mobilitätsgesetz sind geplatzt. In einer Sitzung am späten Dienstagabend konnten sich SPD, Grüne und Linke in wesentlichen inhaltlichen Punkten nicht einigen, wie der Tagesspiegel am Mittwoch aus Verhandlungskreisen erfuhr. Die Schuld schieben sich die Parteien nun gegenseitig zu.

Noch in dieser Legislaturperiode wollte die rot-rot-grüne Regierung das Mobilitätsgesetz von 2018 um zwei Punkte ergänzen. Ein Abschnitt zum Wirtschaftsverkehr sollte unter anderem mehr Ladezonen in der Stadt ermöglichen und mehr Waren auf der Schiene nach Berlin bringen - hier waren sich die Parteien bereits einig gewesen. Anders bei der zweiten Neuerung, dem Abschnitt zur „Neuen Mobilität“.

Eine Grundidee darin: private Autos sollen deutlich aus der Stadt zurückgedrängt werden, indem etwa Parkplätze wegfallen. Die Berliner sollten stattdessen mit Sharing-Angeboten nutzen. Auch eine mögliche City-Maut verursachte Streit zwischen den Parteien.

Nach Darstellung der Linken scheiterten die Verhandlungen an Streitigkeiten um Formulierungen. Die SPD habe Reizwörter wie "Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs" und "Reduzierung des Parkraums" nicht im Gesetz haben wollen, sagte ein Teilnehmer. Die Grünen bestanden demnach auf genau diese Formulierungen. Aus Sicht der Linken wollen SPD und Grüne angesichts der bevorstehenden Wahlen polarisieren. Das Scheitern der Verhandlungen habe wahlkampftaktische Gründe.

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Auch die Grünen kritisierten den Koalitionspartner SPD. "Wenn man das Gesetz so entkernt, wie es die SPD wollte, dann wäre es überhaupt nicht mehr wirksam“, sagte deren verkehrspolitischer Sprecher, Harald Moritz. "Da konnten wir irgendwann nicht mehr mitgehen.“

Die SPD wies die Kritik zurück. Die Verhandlung sei von der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Antje Kapek um 23.05 Uhr beendet worden, weil ihre Partei auf eine City-Maut beharrt habe, hieß es aus Verhandlungskreisen. Die SPD habe von Anfang an klar gemacht, dass sie "über diese Brücke nicht gehen" werde.

Kapek widerspricht gegenüber dem Tagesspiegel: "Die SPD versucht hier aus wahltaktischen Gründen, die Verkehrswende zu blockieren und das den Grünen in die Schuhe zu schieben. Das ist ein starkes Stück!" Kapek bestreitet, dass es in dem Streit um die City-Maut ging. Die SPD habe das Mobilitätsgesetz "inhaltlich völlig entkernen" wollen.

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