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In Berlin gibt es Tausende Obdachlose.

© Paul Zinken/dpa

Verdacht auf Sozialbetrug: Bewohner von Berliner Obdachlosenheimen fahren Luxusautos

In Kreuzberg und Schöneberg werden Bewohner von Obdachlosenheimen mit teuren Wagen beobachtet. Offenbar ein System. Die Bezirke geben sich machtlos.

Ein Fünfer-BMW GT mit serienmäßig 258 PS ist in Kreuzberg zuweilen ein unbeliebtes, aber kein ungewöhnliches Auto. Ungewöhnlich wird das Fahrzeug erst, wenn es offenbar dem Bewohner einer Wohnung in einem Obdachlosenheim gehört. Genau das soll aber der Fall im Obdachlosenheim "Berliner Bett" am Halleschen Ufer in Kreuzberg sein und ist laut einem RBB-Bericht kein Einzelfall.

Anwohnern soll es schon länger aufgefallen sein, dass Bewohner des Obdachlosenheims mit Luxuswagen vorfahren, darunter auch verschiedene Modelle von BMW und Porsche. Laut RBB handelt es sich dabei um Personen aus Osteuropa, die eine Meldeadresse benötigen, um Sozialhilfen zu kassieren. Der gezeigte BMW habe ein rumänisches Kennzeichen. In dem Beitrag leugnet die Heimleitung den Vorfall zwar, doch selbst der Hausmeister widerspricht. "Warum muss ich denn jeden Tag sehen, wer welches Auto fährt", sagt die Heimleiterin irritiert.

Auf Tagesspiegel-Anfrage will ein Mitarbeiter sich nicht zu den Vorwürfen äußern, spricht aber von "Schwindeleien". Die Heimleiterin ließ eine Anfrage bis Freitagnachmittag unbeantwortet.

Im Nachbarbezirk Tempelhof-Schöneberg, wo vor einer Obdachlosenunterkunft in der Erfurter Straße auch regelmäßig Luxusautos vorfahren sollen, ist der Sozialstadtrat Matthias Steuckard (CDU) jedoch von der Richtigkeit des Beitrags überzeigt. "Ich konnte auch beobachten, wie mehrere Heimbewohner aus großen Autos ausstiegen", sagt Steuckard dem Tagesspiegel. Dass Menschen betteln und dann mit dicken Autos davonfahren, sei ein Phänomen, das er seit den 90er Jahren kenne. "Aber, dass sich Leute in Obdachlosenheimen auf Kosten der Steuerzahlern unterbringen lassen, ist schon neu", sagt er.

CDU-Fraktionschef Dregger: "Unerträglich"

Der Fall beschäftigt inzwischen auch die Berliner Landespolitik. Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Burkard Dregger, hält die Bilder für "unerträglich". "Diese bedrückenden und schwerwiegenden Vorwürfe werden bei vielen Berlinern zu erheblichen Irritationen führen, die sich für obdachlose Menschen engagieren", sagte Dregger und drängte auf vollumfängliche Aufklärung. "Das muss in Berlin jetzt Chefsache im Senat werden."

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In der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales hat man jedoch keine Kenntnisse von solchen Fällen von Sozialbetrug. "Für die Unterbringung wohnungs- und obdachloser Menschen sind – so ist es gesetzlich geregelt - die Bezirke verantwortlich", teilte ein Sprecher auf Anfrage mit. Man warte nun die "Untersuchungsergebnisse" der Bezirksämter ab.

Doch die wird es wahrscheinlich gar nicht geben. Sozialstadtrat Steuckard sieht keine rechtlichen Möglichkeiten zu handeln. Das Sozialamt könne die entsprechenden Daten der vermeintlichen Obdachlosen, vor allem aus Osteuropa, nicht prüfen. Auch bei der Berliner Staatsanwaltschaft heißt es auf Nachfrage: Bislang gehe man keinen Hinweisen auf Sozialbetrug nach.

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