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Linke und linksextreme Gruppen demonstrieren mit Bengalischen Feuern in Berlin auf dem Dach eines Hauses. (Archivbild)

© DPA/Maurizio Gambarini

Verbotenes Portal wieder im Netz: Wie die linksextreme Szene den Staat provoziert

Im August 2017 wurde das Portal „linksunten.indymedia“ verboten. Nun ist es als Archiv wieder online – mit Aufrufen zu Angriffen auf Polizisten.

Von Frank Jansen

Die linksextreme Szene provoziert das Bundesinnenministerium. Seit vergangener Woche ist das verbotene Internetportal linksunten.indymedia wieder online, offenkundig als schriller Prolog zur Verhandlung über eine Klage gegen das Verbot am Mittwoch beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Im August 2017 hatte der damalige Innenminister Thomas de Maizière (CDU) das als Verein eingestufte Portal aufgelöst. Linksunten.indymedia war eine Art Zentralorgan der Szene, das Verbot hat sie schwer getroffen. Das Ringen um die Website wird nun heftiger. Am Sonnabend wollen Linksradikale in Leipzig für linksunten.indymedia demonstrieren.

Bekennerschreiben zu Brandanschlägen und Beifall für Krawalle

Die Staatsanwaltschaft Berlin prüfe Ermittlungen wegen des Verdachts auf einen Verstoß gegen das Verbot von linksunten.indymedia, sagte ein Sprecher. Im Ministerium hieß es, der Fall „wird aufmerksam verfolgt“, aber wegen der bevorstehenden Verhandlung in Leipzig nicht kommentiert.

Anonyme Sympathisanten hatten das Internetportal am 16. Januar als „Archiv“ ins Netz gestellt. Es können keine neuen Einträge gepostet werden, doch lassen sich die vielen Tausend Texte nachlesen, die bei linksunten.indymedia von der ersten Veröffentlichung im Februar 2009 bis zur Abschaltung im August 2017 eingestellt waren. Darunter Bekennerschreiben zu Brandanschlägen, Beifall für die Krawalle beim G-20-Gipfel in Hamburg sowie Aufrufe zu Angriffen auf Polizisten, Rechtsextremisten und weitere Feindbilder der Szene.

Autonome randalieren während des G20-Gipfels im Hamburger Schanzenviertel.
Autonome randalieren während des G20-Gipfels im Hamburger Schanzenviertel.

© dpa/Markus Scholz

So drohten mutmaßlich Berliner Linksextremisten im März 2016 nach einem Polizeieinsatz mit einer Wiederbelebung der Terrorgruppe Rote Armee Fraktion. „Die RAF hat den Kampf sehr entschlossen geführt; solange bis das Projekt beendet wurde! Aber das muss nicht für immer sein! Eins ist klar: Irgendwann wird wieder zurückgeschossen!“, stand in einem Kommentar.

Gepostet wurden auch Anleitungen zum Bau von Brandsätzen. Die Betreiber des Portals ließen solche Texte zu, die standen neben vergleichsweise harmlosen „Anti-Atom-News“ und weiteren Infos aus der Szene. Für de Maizière reichten die militanten Postings zum Verbot. Das allerdings nur begrenzt wirkte. Die Szene nutzt längst ein weiteres Indymedia-Portal, Ton und Inhalte sind ähnlich wie bei linksunten.indymedia.

Fünf Linke klagen gegen die Bundesrepublik

Die Verfügung ging an fünf Personen in Freiburg, die Polizei durchsuchte Wohnungen und beschlagnahmte Computer, Messer, Sprühdosen und weitere Gegenstände. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe ermittelte gegen die mutmaßlichen Betreiber von linksunten.indymedia wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung, stellte die Verfahren jedoch 2019 ein.

Es seien noch neun Verfahren bei Verwaltungsgerichten anhängig, sagte der Berliner Anwalt Lukas Theune. Er vertritt einen der Freiburger, die die Verfügung erhielten. Das wichtigste offene Verfahren ist das beim Bundesverwaltungsgericht. Die fünf Linken klagen gegen die Bundesrepublik, um die Aufhebung des Verbots zu erreichen.

Die im Verbot genannten Postings hätten nur 0,08 Prozent aller Beiträge ausgemacht, sagte Theune. Außerdem sei linksunten.indymedia gar kein Verein. Zum im Netz aufgetauchten „Archiv“ erklärte Theune: „Das Internet vergisst nicht so richtig.“

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