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Beweisaufnahme: Klingelschild.

© dpa

Verbot von Ferienwohnungen in Berlin: Vorwurf der "Blockwartmentalität"

Anwohner können jetzt Ferienwohnungen in ihren Kiezen melden. 500 Anzeigen und Hinweise sind schon eingegangen, doch bearbeitet wird vorerst nichts, weil das Personal fehlt. Die Bezirke sind uneins, wie kontrolliert werden soll.

Die Frist läuft: Seit dem 1. Mai gilt das Zweckentfremdungsverbot für Wohnungen in Berlin. Innerhalb von drei Monaten müssen Betreiber von Ferienwohnungen ihr Gewerbe anmelden, anschließend haben sie zwei Jahre Zeit, sich von diesem Gewerbe zu trennen. Soweit die Theorie. Die Praxis ist – wie immer auf dem Berliner Wohnungsmarkt – eine ganz andere.

Die Bezirksämter müssen sich noch formieren, um das Verbot zu kontrollieren, Anmeldungen zu registrieren und Hinweisen nachzugehen. 34 Stellen hat der Finanzsenator dafür bewilligt, doch die Ausschreibung der Stellen hat in vielen Bezirken noch gar nicht begonnnen. Monatelang stritten sich Bezirke und Senat über die Frage, wieviele Mitarbeiter benötigt werden, um die Aufgaben zu bewältigen. Denn das Zweckentfremdungsgesetz betrifft nicht nur Ferienwohnungen. Jetzt zanken sich die Bezirke, ob jeder für sich alleine das Verbot managt oder alle zusammen in einer gemeinsamen Behörde, die im Bezirksamt Mitte angesiedelt sein soll.

Indizien sammeln: Klingelschilder und Infozettel

Unterdessen laufen jeden Tag Anfragen von Vermietern und Anzeigen von Nachbarn auf, insgesamt mehr als 500 berlinweit. Die eifrigen Hinweisgeber werden erstmal auf die nächsten Wochen vertröstet. Allein in Pankow und Friedrichshain-Kreuzberg haben sie eine Chance, gehört zu werden. Dort sind die Bauämter schon seit längerem aktiv in Sachen Ferienwohnungen. In den Milieuschutzgebieten ist eine Vermietung an Feriengäste untersagt.

Sind Vermieter nicht kooperativ, muss die die tageweise oder wochenweise Vermietung nachgewiesen werden. Das ist nicht ganz einfach. In einem Fall in der Prenzlauer Allee geht der Bezirk Pankow gerichtlich gegen einen Vermieter vor. Dabei komme es darauf an, einschlägige Indizien vorlegen zu können, sagt Stadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne). Dazu gehören regelmäßiger Wäschewechsel, Infozettel auf Englisch und Fantasienamen auf Klingelschildern.

Vorwurf der "Blockwartmentalität"

Fotos von Klingelschildern sind auch beliebte Fotomotive von Nachbarn, die das Bezirksamt zum Einschreiten auffordern. Ihnen „Blockwartmentalität“ vorzuwerfen, findet Kirchner unangemessen. „Das ist diffamierend. Hier geht es um gesunde Lebensverhältnisse.“ Lärmende Touristen, die oft nachts nach Hause kommen und die Regeln im Haus nicht kennen, seien eine erhebliche Belastung. Eine Ferienwohnung im Haus sei akzeptabel – doch wenn es zuviele werden, sollte den verbleibenden Dauermietern geholfen werden.

Mitte, Pankow und Charlottenburg-Wilmersdorf wollen nun eine gemeinsame Zweckentfremdungsbehörde aufbauen, Neukölln geht seinen Weg lieber alleine. „Betreiber von Ferienwohnungen melden sich erstmal bei ihrem Bezirksamt“, sagt Neuköllns Stadtrat Thomas Blesing (SPD), da sei es sinnvoll auch die weitere Bearbeitung vor Ort zu machen. Kirchner hält dagegen eine „schlagkräftige Abteilung“ für sinnvoll. Auch Mittes Stadtrat Stephan von Dassel (Grüne) glaubt, dass nur einheitliches Vorgehen erfolgversprechend ist. „Sonst werden wir vor Gericht ausgespielt.“ Außerdem könne effizienter gearbeitet werden. Von Dassel würde gerne arbeitsteilig vorgehen. Ein Mitarbeiter im Außendienst sammelt Indizien, andere schreiben Bescheide oder pflegen die Datenbank.

Der Senat rechnet damit, durch die Verbotsverordnung rund 4000 Ferienwohnungen umwandeln zu können. Tatsächlich gibt es Schätzungen zufolge bis zu 12 000 Ferienwohnungen in der gesamten Stadt. „Die Zahl 4000 ist noch eine vorsichtige Prognose. Wir gehen von einem großen Graubereich aus“, sagt Petra Rohland von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Ob dieser Graubereich ausgeleuchtet werden soll, wenn nötig mit detektivischen Methoden, müssen nun die Bezirke entscheiden.

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