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Lena Kreck, Linke, Senatorin für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung, will die veraltete IT-Technik der Gerichte erneuern.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Uralt-Programme an Berliner Gerichten: „Wir haben ein Problem, ja, selbstverständlich“

Bis Ende September will Justizsenatorin Kreck Maßnahmen bündeln, um die veraltete Justiz-IT zu erneuern. Ihre Initiative auf Ausschluss der Öffentlichkeit wurde kassiert.

Berlins Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) will bis Ende September Maßnahmen präsentieren, mit deren Hilfe die desolate Situation der IT in der Justiz verbessert werden soll. „Im September sind wir in einer Position, in der wir sprechen können“, erklärte Kreck am Montag in der zweiten Sondersitzung des Rechtsausschusses zu diesem Thema.

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Anlass für die Sitzung war eine als vertraulich eingestufte Risikoanalyse zur Justiz-IT, die den massiven Sanierungsbedarf auf knapp 200 Seiten schonungsloser Analyse kenntlich gemacht hatte.

Grundlage für den angekündigten Maßnahmenkatalog dürfte eine als „Zielbildbeschreibung“ bezeichnete Übersicht der Firma „HiSolutions“ sein, die genau wie die Risikoanalyse als vertraulich gekennzeichnet ist und dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt.

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In dem Entwurf werden fachliche, technische und organisatorische Maßnahmen vorgeschlagen, um die seit dem erfolgreichen Hackerangriff auf das Kammergericht im September 2019 im Fokus der Öffentlichkeit stehende Justiz-IT zu ertüchtigen.

Dazu zählt die beschleunigte Abschaffung von zum Teil 30 Jahre alten Programmen ebenso wie die Schaffung der organisatorsichen Voraussetzungen dafür, sich künftig vermehrt Länderverbünden anzuschließen.

Dafür sind aus Sicht der Experten „eigenständige, für die Justiz der jeweiligen Länder zentral zuständige und entsprechend strukturierte Organisationseinheiten“ nötig, die sich allein um die Themen Digitalisierung und Kooperation in den Länderverbünden kümmern. In anderen Ländern seit Jahren Standard, fehlt eine solche Einheit in Berlin.

Kreck: „Wir haben ein Problem, ja, selbstverständlich“

Zusätzlich raten die Experten zu einer erheblichen Straffung der Zeitpläne für die Einführung zeitgemäßer Programme. So weist das als „Leitfachverfahren“ vorgesehene Programm „ForumStar“ schon jetzt teilweise erhebliche organisatorische, fachliche und technische Risiken auf.

Die Entwicklung des Nachfolgeprogramms „sollte beschleunigt werden, um eine anschließende Ablösung von ForumStar zu forcieren“, heißt es.

Kreck, die in ihrer Amtsführung der Erneuerung der IT eine vordringliche Rolle zugerechnet hatte, bestätigte die desolate Lage der Justiz-IT am Montag. „Wir haben keinen Dissens, dass ganz viel im Argen liegt“, erklärte Kreck und ergänzte: „Wir haben ein Problem, ja selbstverständlich.“

Es brauche „einen langen Atem“, die Erneuerung müsse „systematisch, seriös und nachhaltig“ angegangen werden, erklärte sie weiter.

Marc Böttcher (rechts) gemeinsam mit Berlins Regierender Bürgermeisterin Franziska Giffey im IT-Dienstleistungszentrum.
Marc Böttcher (rechts) gemeinsam mit Berlins Regierender Bürgermeisterin Franziska Giffey im IT-Dienstleistungszentrum.

© IMAGO/Emmanuele Contini

Marc Böttcher, Vorstandschef des ITDZ, sprach von „Herausforderungen, die nicht ganz klein sind“. Erfolgreiche Attacken wie jene auf das Kammergericht könnten jederzeit wieder passieren, erklärte Böttcher und fügte hinzu. „Moderne Fachverfahren würden uns dabei helfen, mehr Risikominimierung zu schaffen.“

Für Irritationen sorgte am Montag die Aufhebung der Vertraulichkeit eines großen Teils der ersten Sondersitzung. CDU und FDP hatten diese beantragt, SPD, Grüne und Linke stimmten – gegenteilig zum Abstimmungsverhalten vor 14 Tagen – zu.

Die Voraussetzungen für die von Kreck angeregte Einstufung seien wohl nicht erfüllt gewesen, hieß es am Montag hinter den Kulissen. Das Wortprotokoll des ursprünglich vertraulichen Sitzungsteils soll nun veröffentlicht werden.

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