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Im BER-Ausschuss gibt es Einblicke in den Abgrund einer Flughafen-Baustelle.

© Patrick Pleul/dpa

Untersuchungsausschuss in Berlin: Geflutete BER-Kabelschächte sogar schon 2012 bekannt

Zwei Ehemalige vorm Berliner Untersuchungsausschuss: Horst Amann weiß von einem Problem, das jetzt angepackt wird, bereits sechs Jahre. Hartmut Mehdorn poltert.

Irgendwann wird der Zeuge auch nach den Kabelschächten an der neuen südlichen BER-Startbahn draußen in Schönefeld gefragt, wo nun die Elektrokabel komplett ausgetauscht werden müssen. Möglichst noch vor dem nächsten Versuch, den neuen Airport der Hauptstadtregion zu eröffnen, im Oktober 2020. Erst jetzt publik geworden, erst jetzt angeschoben. Dabei kann sich sogar Horst Amann noch sehr, sehr gut an dieses Kabelproblem erinnern. Der frühere Flughafenchef und damalige Technik-Geschäftsführer, der 2012 nach der geplatzten BER-Eröffnung als „Retter“ geholt worden war, sich bis Frühjahr 2013 am havarierten Milliardenprojekt versuchte, wurde am Freitag nämlich im BER-Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses vernommen.

„Ja, viele Schächte an der Südbahn waren mit Wasser gefüllt. Dass da Elektrizität unter Wasser stand, war bekannt. Elektrizität und Wasser vertragen sich bekanntermaßen nicht gut“, schilderte Amann. „Es war klar, dass das saniert werden muss.“ Die Schächte seien wohl aus ökologischen Gründen so konstruiert, mit durchlässigen Deckeln, dass das Wasser oben hineinlaufen kann, um dann im Boden zu versickern. Nur, dass in Schönefeld das Grundwasser hoch stehe, so dass viele Kabelschächte an der Landebahn ständig geflutet sind.

Die Flughafengesellschaft hat bisher erklärt, dass das Ganze 2016 festgestellt worden sei. Ja, so sind sie, die speziellen Zeitrechnungen am BER, wo ein 2012 erkanntes Problem nach sechs Jahren angepackt wird und inzwischen die Zeit für die Beseitigung von Mängeln knapp, die für einen BER-Start 2020 nächsten Sommer abgeschlossen sein muss.

"Mehdorn kam, da war kein Platz mehr"

Mit Horst Amann hatte es angefangen. Er war es, der 2012/2013 eine systematische flächendeckende Erfassung aller Mängel am BER veranlasst hatte, Kabel, Entrauchung, alles. „Schonungslos, nicht zerstörungsfrei, also volles Rohr, auch hinter den Wänden“, sagte er. Als das Ergebnis im März 2013 vorgelegen habe, sechs Leitz-Ordner, zwei DVDs, sei klar gewesen, dass es „ein vollständiger Sanierungsfall im Neubau ist“, an eine schnelle Eröffnung nicht zu denken sei. „Man hätte damals innehalten müssen.“ Also Baustopp, Neuplanung, Umbau, was aber niemand gewollt habe.

Wie lange er gebraucht hätte, um den BER zu eröffnen? „Schwer zu sagen, vielleicht bis voriges Jahr, vielleicht dieses Jahr. Auf jeden Fall wäre es schneller gegangen.“ Er selbst hatte keine Gelegenheit, es zu beweisen: 2013 musste er gehen. „Ich hätte nicht weggewollt“, bemerkte er sarkastisch. „Mehdorn kam, da war kein Platz mehr.“ Ja, Hartmut Mehdorn, der dann von 2013 bis 2015 Flughafenchef war, den BER teilweise 2016 eröffnen wollte, es mit einem „Sprint“ versuchte. Er war am Freitagnachmittag als nächster Zeuge dran, bei dieser BER-Zeitreise.

Wie sieht er die Lage dort, den Starttermin 2020? „Ich bleibe dabei: Man könnte dort längst fliegen“, sagte er dem Tagesspiegel, als er noch vor der Tür des Ausschusses wartete. Und so legte er dann auch drinnen los, in seiner Vernehmung, die zwei Stunden später als geplant begann. Typisch Mehdorn. „Wo wir am Flughafen stehen, sieht man ja.“ Er habe immer in kritischen Firmen gearbeitet, ob Luftfahrt oder Deutscher Bahn. Was er aber am Flughafen vorgefunden habe, sei unvorstellbar gewesen. „Es gab nicht einmal ein Organigramm. Man hat mir gesagt: Jeder weiß, was er tut.“

Die BER-Baustelle habe ihn tief erschüttert, weil da nicht gearbeitet wurde, „da wurden nur Fehler gesucht“, alles sei schmutzig gewesen. „Wasserhähne, die früh angeschraubt wurden, waren abends weg, geklaut.“ Die FBB sei „nie in der Lage gewesen, einen Flughafen zu bauen. Die Firma hatte keinen Einfluss auf die Baustelle.“ Es habe überall eine tiefe Misstrauenskultur gegeben, die drei Gesellschafter Berlin, Brandenburg und der Bund seien sich nicht grün gewesen, die Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat schwierig, dann die Rechnungshöfe und Parlamentsausschüsse. „Überall herrschte nur die Sorge: Wie halte ich die eigene Weste sauber“, sagte Mehdorn. Deshalb habe er aufgehört.

Herr Mehdorn, konterte der SPD-Abgeordnete Jörg Stroedter, der als Erster Obmann die Befragung begann, diese Prosa, diese Märchenstunde zeige, „dass Sie nicht geeignet waren! Sie sorgen für Unterhaltung, nicht für Substanz.“ Da war Mehdorn auf Betriebstemperatur: „Und Sie bolzen und rülpsen hier nur rum!“ Auch Mehdorn wurde zu den Kabeln an der Südbahn gefragt. „Wenn Herr Amann davon wusste, hätte er es mir ja mal sagen können. Ich habe davon jetzt zum ersten Mal in der Zeitung gelesen.“ Alles schon mal da gewesen, wie so oft am BER.

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