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Volles Rohr – das war einmal. Wasser ist in Brandenburg zu einem kostbaren Rohstoff geworden. 

© imago/CHROMORANGE

„Unsere Landschaft ist knochentrocken“: Brandenburg bereitet sich auf Wasserknappheit vor

Umweltminister Axel Vogel legt ein Wasserkonzept für das Land im Klimawandel vor. Nur 31 Seiten lang, verspätet und ziemlich unkonkret.

Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) hat ein „Gesamtkonzept zur Anpassung an den Klimawandel im Politikfeld Wasser“ vorgestellt, mit dem das Land auf künftige Wasserknappheit vorbereitet werden soll. Zuvor hatte das Kenia-Kabinett aus SPD, CDU und Grünen das 31-Seiten-Papier gebilligt. Zugleich schaltete das Umweltministerium am Dienstag eine neue Online-Niedrigwasserampel für Brandenburger Gewässer frei, die bei kritischen Pegelständen Alarm schlägt. Kommunen können dann etwa mit Entnahmeverboten reagieren.

„Unsere Landschaft ist knochentrocken. Es ist überhaupt nichts im Lot“, warnte Vogel auf einer Pressekonferenz. Er verwies darauf, dass etwa die Schwarze Elster regelmäßig austrockne – gleichzeitig bei Starkregen aber „unser Aartal“ sei, mit der Gefahr von Überflutungen. Die Winterniederschläge in den vergangenen Wochen dürften über längst spürbare Folgen des Klimawandels nicht hinwegtäuschen, sagte Vogel.

„Wir halten sie für ungewöhnlich hoch.“ Dabei seien sie gerade mal im langjährigen Mittel. Der Grundwasserspiegel in Brandenburg ist nach seinen Angaben bereits um einen Meter gesunken, im Vergleich zu den Jahren 1981 bis 2010, und der jüngste Winter sei mit einer Durchschnittstemperatur von 3,2 Grad schon drei Grad wärmer gewesen als Winter in früheren Zeiten.

Vogel: Gerichtsverfahren hat keine Auswirkung auf Gigafactory 

Und schon jetzt spitzen sich Konflikte in der Hauptstadtregion ums Wasser zu, etwa im Umfeld der Tesla-Gigafactory in Grünheide, für die Ende der Woche die finale Genehmigung zu erwarten ist. Vogel schloss das nicht aus. Er verwies darauf, dass das "ein Zwischenstand" wäre, da bis zum Produktionsstart die Erfüllung der Auflagen geklärt sein müsse. Wie berichtet, ist die Betriebsaufnahme aktuell für den 22./23.März vorgesehen, unter Teilnahme von Elon Musk.

Zunächst findet am Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) am Freitag das Gerichtsverfahren statt, ob vom Landesumweltamt 2020 genehmigte höhere Förderkontingente für das Wasserwerk Eggersdorf womöglich rechtswidrig sind. Aus dem will der Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) auch 1,4 Millionen Kubikmeter jährlich zur Versorgung der Tesla-Fabrik liefern.

Vogel äußerte sich zuversichtlich, dass die Genehmigung gerichtlich Bestand haben wird. Kläger sind die Grüne Liga und der Naturschutzbund Brandenburg, die etwa das Fehlen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bemängeln. Der Ausgang des Verfahrens habe keine Auswirkungen auf die Gigafactory, betonte Vogel.

Der Wasserverband Strausberg Erkner habe nach seinen Worten in jedem Fall genügend genehmigte Förderkontingente, um Tesla zu versorgen. Der WSE bestreitet das und droht im Falle eines Ausfalls von Eggersdorf den Liefervertrag für Tesla zu kündigen. Wie berichtet hat der WSE seine Satzung verändert, um die Wasserlieferungen für Verbraucher und Firmen in Trockenzeiten kontingentieren zu können.

Ministerium: Klimawandel führt zu weniger verfügbarem Wasser 

Das von Vogel vorgelegte Konzept geht auf einen Landtagsbeschluss vom 26. August 2020 zurück. Es sollte eigentlich, so die Vorgabe des Parlaments, spätestens am 31.12.2021 fertig sein. Darin wird die Problemlage der Klimawandel-Herauforderungen um das Wasser ausführlich beschrieben. „Die verfügbare Wassermenge nimmt infolge höherer Temperaturen weiter ab, gleichzeitig nimmt der Zusatzwasserbedarf zu“, heißt es etwa.

Brandenburg sei zwar gewässerreich, mit 10 000 Seen, 34 600 Kilometer Fließgewässern, das „Wasserangebot aber gering, auch wegen der im Vergleich zu anderen Teilen Deutschlands geringen Niederschläge.“ Der Ausblick sieht so aus: „Eine Zunahme von Trocken- und Hitzephasen, die länger andauern, wird prognostiziert. Starkniederschläge werden häufiger auftreten.“ Es fließe mehr Wasser ab oder verdunste, „so das auch bei gleichbleibender Gesamtmenge weniger Wasser verfügbar bleibt.“

Auswege durch Waldumbau, Moorschutz, Deichrückbau - geringere Förderkontigente beim Grundwasser 

Kritik, etwa von Umweltverbänden, ist programmiert. Denn die Passagen, wie gegengesteuert werden soll, bleiben allgemein. Details fehlen. Beim „Landeswasserhaushalt“ soll etwa mit Waldumbau dafür gesorgt werden, dass Wasser gehalten wird und versickern kann. Es geht um die Wiederbewässerung ausgetrockneter Moore, um Deichrückverlegungen an Flüssen oder darum, Siedlungen anders zu planen, wie Vogel sagte.

Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel.
Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel.

© Sören Stache/dpa

Nötig sei auch eine „Grundwasserbewirtschaftung“, heißt es im Konzept, bei der etwa bei der Genehmigung von Fördermengen ein „Klimawandelabschlag“ eingeführt werden soll – also vorsorglich künftig weniger Entnahmen genehmigt werden. Denn bislang gibt es, wie Vogel eingestand, keine regionalen, präzisen Daten über die Grundwasservorräte im Land.

Vogel hält Gesamtmanagement auf Landesebene nicht für nötig

Erst jüngst hatten auf einer Anhörung im Brandenburg Landtag Experten einhellig das bislang fehlende Gesamtmanagement des Landes kritisiert, um sich angesichts der steigenden Einwohnerzahlen in Berlin und dem Umland und des Klimawandels auf Wasserknappheit und die damit verbundenen Konflikte vorzubereiten. Eindringlich fordern dies etwa die Berliner Wasserbetriebe (BWB).

„Alle müssen handeln, damit Trinkwasserversorgung nicht zum limitierenden Faktor der Entwicklung der Region wird“, hatte Joachim Jost, Stabstellenleiter der Berliner Wasserbetriebe (BWB) im Namen einer Initiative von 16 regionalen Wasserversorgern gewarnt. Nötig seien schnellere Genehmigungsverfahren für Wasserwerke.

All das sucht man in dem Papier vergeblich. Stattdessen halten Vogel und das Konzept daran fest, dass es in Brandenburg in erster Linie Aufgabe der kommunalen Ebene und ihrer Wasserverbände bleiben soll, auch in Zeiten knapperen Wassers die Verfügbarkeit sicherzustellen, oder „Verbundsysteme einzurichten“, also Wasserfernleitungen. „Wir sehen uns in der Rolle des Ideengebers“, sagte Vogel.

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