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Verkehrskontrolle in Berlin.

© Paul Zinken/dpa

Update

Unfallstatistik in Berlin: Berlin fährt langsamer - und baut mehr Unfälle

Eine "ernüchternde" Bilanz zogen Polizei und Senat am Freitag bei den Verkehrsunfallzahlen. Im zehnten Jahr in Folge stieg die Zahl der Unfälle in Berlin an.

Viele schlechte Nachrichten verkündeten am Freitag Polizei und Senat bei der Vorstellung der Verkehrsunfallbilanz 2015. Polizeipräsident Klaus Kandt, der Staatssekretär in der Innenverwaltung, Bernd Krömer, und Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler stellten die Zahlen wieder gemeinsam vor. Die Gesamtzahl der Unfälle ist um vier Prozent gestiegen, die Zahl der Verletzten um zwei Prozent. Eine gute Nachricht gibt es bei der Zahl der Getöteten. 2015 waren es 48, vier weniger als im Jahr zuvor - aber elf mehr als 2013.

Mehr Unfälle, weniger Tote

Die Gesamtzahl der Unfälle ist um vier Prozent gestiegen, die Zahl der Verletzten um zwei Prozent. Eine gute Nachricht gibt es bei der Zahl der Getöteten. 2015 waren es vier weniger als im Jahr zuvor – 48, das sind aber immer noch elf mehr als 2013. Auch im vergangenen Jahr traf es bei den tödlichen Unfällen vor allem die schwächeren Verkehrsteilnehmer: Unter den Getöteten waren 19 Fußgänger und zehn Radfahrer. Sechs Motorradfahrer starben, damit hat sich deren Zahl im Vergleich zu 2014 mehr als halbiert. Die Zahl der getöteten Autofahrer hat sich dagegen verdoppelt, nämlich von 7 auf 13. Die Rangfolge der Hauptunfallursachen ist unverändert: Fehler beim Abbiegen (10 803 Unfälle), Vorfahrtsmissachtung (5836) und „Nicht angepasste Geschwindigkeit“ (2516).

Durchschnittstempo sinkt

Eine Aussage vom Chef der Verkehrspolizei überrascht: „Das Geschwindigkeitsniveau ist gesunken“, sagte Andreas Tschisch. Die Polizei erkennt das an der so genannten Überschreitungsrate bei Kontrollen. Diese sank von 5,25 Prozent auf 4,9 Prozent. Auch als Unfallursache ist nicht angepasste Geschwindigkeit deutlich zurückgegangen, nämlich um 18 Prozent. 253.000 Autofahrer wurden von stationären Tempoblitzern erfasst, 33.000 von stationären Ampelblitzern. Wie berichtet, lehnt die Politik mehr stationäre Blitzer ab.

Aktionen gegen illegale Rennen

Polizeipräsident Kandt kündigte an, dass die Polizei in diesem Jahr „zielgerichtet gegen rücksichtslose Raserei und illegale Autorennen vorgehen“ wird. Derzeit erstellt sie ein Lagebild, wo diese Rennen stattfinden, aber schon in der kommenden Woche soll es die ersten Kontrollen geben. Bekanntlich war vor zwei Wochen in der City West ein unbeteiligter Autofahrer Opfer eines derartigen Rennens geworden, das zwei junge Männer mit PS-starken Wagen auf der Tauentzienstraße ausgetragen hatten. Einer der Wagen rammte auf einer Kreuzung den Wagen des 69-Jährigen, der Grün hatte.

Erfolge gegen "Profilierer"

Bei einem ähnlichen Phänomen hat die Polizei im vergangenen Jahr erstmals scharf durchgegriffen. In der City West wurden in den Sommermonaten mehr als 20 Luxuswagen der Marken Maserati, Lamborghini und Mercedes und ein Motorrad der Marke Harley Davidson buchstäblich aus dem Verkehr gezogen. Die aufgemotzten Wagen waren vor allem durch extrem laute Motorengeräusche und hohe Drehzahlen aufgefallen, nicht durch zu hohes Tempo.

Die sicher gestellten Fahrzeuge wurden von Gutachtern technisch überprüft, alle wiesen erhebliche Mängel auf, die zum Erlöschen der Betriebserlaubnis führten. Die Halter mussten sich also um eine neue – teure – Betriebserlaubnis bemühen. Dazu gab es hohe Bußgelder und Punkte in Flensburg. Einem 21-Jährigen wurde von der Führerscheinstelle „die charakterliche Eignung“ abgesprochen und die Fahrerlaubnis entzogen. Für wie lange, konnte die Polizei nicht sagen.

Abbiegen: Polizei sucht Gespräch

Bei zwei einwöchigen Sonderaktionen im Frühjahr und im Sommer will die Polizei zu schnell oder unachtsam abbiegende Autos kontrollieren. Diese mit Abstand größte Unfallursache gefährdet vor allem Radfahrer. Der ADFC hat oft bemängelt, dass die Polizei hier zu wenig tut. Da sich dieses Delikt kaum beweisfest dokumentieren lässt, soll nun das Gespräch gesucht werden, um die Fahrer „zu sensibilisieren“, wie Kandt sagte. Dies sei wichtiger als ein Knöllchen. Mehr Sicherheit ist auch durch Umbauten möglich: So sank die Zahl der Unfälle nach der Neumarkierung des Kreuzberger Moritzplatzes für Radfahrer, sagte Gaebler.

Unsicherheitsfaktor "Elterntaxis"

Polizeipräsident Kandt lobte das Pilotprojekt „Zu Fuß zur Schule“ mit der Reinhardswald-Grundschule in Kreuzberg. Durch das „Halten in zweiter und dritter Reihe“ vor den Schulen durch die Eltern würden andere Kinder gefährdet. Von Tempokontrollen zum Schulbeginn weiß die Polizei, dass es oft Eltern sind, die vor der eigenen Schule geblitzt werden. Sicherheit im Straßenverkehr erwerben Kinder nach Kandts Worten nur, wenn sie zu Fuß (oder mit dem Rad) zur Schule kommen, aber nicht im Elterntaxi.

Erfolg der Fahrradstaffel

Nur an einem Tag im vergangenen Jahr musste die vor 18 Monaten aufgestellte Fahrradstaffel die Räder wegen extrem schlechten Wetters stehen lassen. Die 20 Radpolizisten schrieben bisher 19.500 Anzeigen: 8000 gegen Radfahrer und 11.500 gegen Autofahrer. „Die Staffel hat unsere Hoffnungen voll und ganz erfüllt“, sagte Kandt. Die Unfallforschung der Versicherer begleitet das auf drei Jahre angelegte Projekt wissenschaftlich. Zwischenbilanz: Die „Staffel hat einen deutlich positiven Einfluss auf das Unfallgeschehen mit Radfahrerbeteiligung“, berichtete Kandt.

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