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Eine Ausgabe des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland.

© Stephanie Pilick/dpa

Umstrittenes Festival in Friesack bei Berlin: Verfassungsschutz warnt vor Extremisten bei „Pax Terra Musica“

Dieses Wochenende werden in Friesack szenebekannte Verschwörungsideologen Vorträge halten. Auch Querdenker und Putin-Anhänger feiern mit.

Die öffentliche Kritik am vermeintlichen Friedensfest „Pax Terra Musica“, das dieses Wochenende in der Stadt Friesack nahe Berlin stattfindet, nimmt zu. Das brandenburgische Aktionsbündnis gegen Rechtsextremismus warnt vor mangelnder Abgrenzung gegen demokratiefeindliche Positionen beim Festival. Im Programm sei eine „Offenheit gegenüber antidemokratischen Ideologien“ erkennbar, sagt der Bündnisvorsitzende Thomas Wisch.

Das Jüdische Forum übt ebenfalls scharfe Kritik an dem Festival: Das „Pax Terra Musica“ diene als „Vernetzungstreffen innerhalb der verschwörungsideologischen Szene“, unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit würden „ungestört verschwörungsideologische Inhalte verbreitet“. 

Auch Brandenburgs Verfassungsschutz sieht Bezüge zum Extremismus. Einzelne angekündigte Programmpunkte des Pax Terra Musica ließen davon ausgehen, dass die Veranstaltung von Extremisten besucht werde: Deren Bandbreite reiche „von verfassungsschutzrelevanten Delegitimierern der Demokratie über Rechtsextremisten bis hin zu Reichsbürgern und Glorifizierern der DDR“, teilt ein Sprecher des Verfassungsschutzes mit.

Der Tagesspiegel hatte vergangene Woche ausführlich über das geplante Festival berichtet. Inzwischen hat auch Attac Deutschland reagiert und seiner Cottbusser Ortsgruppe untersagt, weiterhin als Teil des Attac-Netzwerkes aufzutreten. Die Cottbusser Sektion will auf dem Pax Terra Musica als Aussteller teilnehmen. „Das Festival ist geprägt durch die prominente Teilnahme von Verschwörungsideolog*innen und Querdenker*innen. Eine Beteiligung an diesem Festival ist erkennbar nicht mit grundlegenden Attac-Positionen vereinbar“, heißt es in einer Stellungnahme von Attac Deutschland. Die Cottbusser Sektion soll künftig keine Gelder mehr erhalten und darf keine Delegierten mehr zu Attac-Gremien entsenden.

Außerdem hat der Koordinierungskreis von Attac Deutschland den Veranstalter des „Pax Terra Musica“ aufgefordert, jeden Bezug zu Attac von seiner Webseite zu entfernen. Der Name ist inzwischen tatsächlich von der Homepage des Festivals verschwunden.

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Dafür haben weitere bekannte Verschwörungsideologen erklärt, das Festival zu besuchen. Zwei prominente Querdenker-Anwälte erklärten auf Telegram, sie kämen auf jeden Fall. Einer von ihnen schreibt: „Wenn ich mich so umhöre, werden wir viele bekannte Gesichter in Friesack sehen."

Ebenfalls dabei sein wird der Aktivist Oliver Becker, der Putins Invasion jüngst als „Befreiungsaktion“ begrüßte. Becker sagt, er würde sich auch freuen, falls Putins Truppen demnächst in Deutschland einfallen und die Bundesregierung inhaftierten. Sowohl die Regierenden in der Ukraine als auch in der Bundesrepublik seien „Faschisten, die weg müssen“.

Eigentümerin und Betreiberin der Freilichtbühne, auf der das Festival stattfinden wird, ist die gut 2500 Einwohner zählende Stadt Friesack. In den vergangenen beiden Jahren flossen öffentliche Gelder in jeweils vierstelliger Höhe in den Betrieb der Bühne.

Der Bürgermeister lobt die Sauberkeit

Friesacks Bürgermeister Christoph Köpernick kennt die Vorwürfe gegen das Festival, mag sie aber nicht teilen. Gegenüber dem Tagesspiegel erklärte er, beim letzten Pax Terra Musica 2019 habe es „keine Auffälligkeiten“ gegeben. Und weiter: „Auch wurde die Freilichtbühne ordentlich und sauber hinterlassen.“

Auf die Frage, ob er sich mit der Warnung des brandenburgischen Aktionsbündnisses gegen Rechtsextremismus beschäftigt und ob die Einschätzung des Verfassungsschutzes seine eigene Bewertung des Festivals verändert habe, antwortet Christoph Köpernick nicht.

Auf seinem Facebook-Profil postet der Bürgermeister den Zeitplan des Festivals mit diversen auftretenden Querdenkern, Impfgegnern und sonstigen Verschwörungsideologen - und verkündet, es gebe ein spezielles Tagesticket für Anwohner.

Auch Mathias Tretschog, der Sprecher des Festivals, ist mehrfach durch das Verbreiten von Verschwörungsglauben aufgefallen. Er behauptete, Deutschland sei kein souveräner Staat, sondern ein „besetztes Land“, Israel beschimpfte er als „teuflischen Partner“ der Bundesrepublik. Russlands Präsident Putin sei dagegen zum Eingreifen in der Ukraine „gezwungen und nach internationalem Recht verpflichtet“ gewesen, habe lediglich „Friedenstruppen“ entsandt. (mit dpa und epd)

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