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Der Untersuchungsausschuss zur Immobilienaffäre um die Genossenschaft will Einsicht in Finanzierungsunterlagen - jetzt mithilfe eines Durchsuchungsbeschlusses.

© Christoph Soeder/dpa

Umstrittene Hauskäufe in Berlin: Durchsuchungsbeschluss im Streitfall „Diese eG“ beantragt

Der Immobilienentwickler Bestgen verwehrt Einsicht in Finanzierungsunterlagen. Nun will der Untersuchungsausschuss auf anderen Wegen Zugang erhalten.

Der Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses zur Immobilienaffäre um die Genossenschaft „Diese“ hat beim Landgericht einen Beschlagnahme- und einen Durchsuchungsbeschluss gegen den Immobilienentwickler Thomas Bestgen beantragt. Er hatte die Vorkaufsentscheidung des Friedrichshain-Kreuzberger Baustadtrats Florian Schmidt (Grüne) für mehrere Häuser gerettet – mit Übergangskrediten und Anteilszeichnungen bei der Genossenschaft.

Der Untersuchungsausschuss will nun Bestgens Rolle klären, der aber wehrt sich mit Hilfe des bekannten Anwalts Johannes Eisenberg. Am 1. Juni hatte der Ausschuss Bestgen gebeten, alle Unterlagen zur Finanzierung der Diese eG als „Beweismittel im Original“ bereitzustellen. Eisenberg teilte dem Ausschuss Ende Juni mit, dass die Unterlagen längst der Finanzverwaltung und der Förderbank IBB vorlägen. Privatpersonen seien nicht zur Herausgabe verpflichtet.

Am 2. Juli beschloss der Ausschuss, Bestgen eine Frist zu setzen und mit der Justiz zu drohen. Doch Eisenberg stellte die Kompetenz des Ausschusses in Frage: An den Ausschussvorsitzenden Frank Zimmermann (SPD), ebenfalls Jurist, schrieb er am 5. Juli: „Ich weise vorsorglich und erneut darauf hin, dass Ihre Aktenanforderung auch formelle Fehler aufweist.

Sie sind offenbar nicht einmal in der Lage, ein Aktenaushändigungsbegehren unter der Wahrung der Rechte der Betroffenen zu formulieren.“ Am Montag nun beantragte Zimmermann beim Landgericht, sämtliche Akten im Zusammenhang mit der Finanzierung der „Diese eG“ durch Bestgen und seine Unternehmen beschlagnahmen zu lassen. Zudem sollen die Geschäftsräume von Bestgens UTB Projektmanagement GmbH durchsucht werden.

Es bestehe „ein erhebliches Eilbedürfnis“

Der Ausschuss lasse sich „von der Besorgnis leiten“, dass die Dokumente „verändert oder gar zerstört werden“. Bestgens Weigerung „verstärkt diesen Eindruck“, schrieb Zimmermann. UTB und Förderbank IBB hätten „naturgemäß nicht denselben Aktenbestand“ zur Diese eG. Dem Ausschuss gehe es „um interne Prozesse und Absprachen“ bei der Rettung der Diese eG und um die Frage, ob Akten „unvollständig oder geschönt sind“.

Obendrein bestehe „ein erhebliches Eilbedürfnis“: In etwas mehr als zwei Monaten ist Abgeordnetenhauswahl, bis dahin muss der Ausschuss fertig sein. Die Hintergründe der Affäre müssten so schnell wie möglich „aufgeklärt werden, um mögliche Missstände abzustellen“, schrieb Zimmermann. Parlamentarische Untersuchungsausschüsse haben weitgehende Rechte und arbeiten teils auf Basis der Strafprozessordnung, Falschaussagen etwa werden wie vor einem Gericht mit Strafe bedroht.

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Die Diese eG hatte sich mit dem von Baustadtrat Schmidt 2019 eingefädelten Kauf mehrerer Miethäuser finanziell übernommen und stand vor der Pleite. Schmidt hatte die Finanzkraft der Genossenschaft nicht ausreichend geprüft. Der Rechnungshof attestierte ihm daher ein pflichtwidriges Vorgehen. Bestgens Rettungsaktion spielte dann eine Rolle bei der Entscheidung von Bausenator Sebastian Scheel (Linke), die Bedingungen für Zuschüsse zugunsten der Diese eG zurechtzubiegen – obwohl zuvor deren Unwirtschaftlichkeit festgestellt worden war.

Nachtrag: Das Landgericht Berlin hat den Ausschuss mit Schreiben vom 5. August 2021 hingewiesen, dass es voraussichtlich den Antrag auf Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses zurückweisen wird. Es sei unklar, inwieweit  es sich bei den angeforderten Unterlagen um Beweismittel handeln könnte; noch sei ersichtlich, aus welchen Gründen die Unterlagen herausverlangt werden und es beständen weitere rechtliche Zweifel am Ziel und der Zulässigkeit des Antrags. Dem Verlangen stehe entgegen, dass der Ausschuss nie versucht habe, Herrn Bestgen als Zeugen zu hören, was sich aufgedrängt hätte. Der Ausschuss hat mit Schreiben vom 10. August 2021 unter Aufrechterhaltung seiner Rechtsposition den Antrag zurückgenommen. Die Beweisaufnahme wurde somit abgeschlossen,, damit der Abschlussbericht noch vor Ende der Legislaturperiode verfasst werden kann. Die Redaktion

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