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Riskantes Großstadtleben. In „Eine tolle Nacht“ geht es turbulent zu.

© Ufa

Ufa-Filmnächte: Ein Landei in Berlin

Mit Richard Oswalds „Eine tolle Nacht“ von 1927 starten die Ufa-Filmnächte auf der Museumsinsel.

Besuch vom Lande – in Berlin ein unerschöpfliches Thema, Anlass zu allerlei Spötteleien. Zum Beispiel dieser, verfasst von einem gewissen Herrn Kästner im Jahre 1929: „Sie lächeln bestürzt. / Und sie warten dumm. / Und stehn auf dem Potsdamer Platz herum, / bis man sie überfährt.“ Was soll man aber auch von Leuten anderes erwarten, die Florian Pieper heißen, aus Essig an der Gurke stammen, Fabrikant eines Insektenmittels namens Pieperlin sind und sich von der Metropole den entscheidenden Impuls erhoffen, um mit diesem Pülverchen den deutschen Markt zu erobern.

Nein, den ehrenwerten Herrn, Held der Stummfilm-Komödie „Eine tolle Nacht“ von 1926 und damit erste Hauptfigur der am Mittwoch startenden Ufa-Filmnächte, hat Erich Kästner nicht erfunden, vielmehr der Regisseur, Produzent und Drehbuchautor Richard Oswald. Allerdings nicht allein, war es doch – ja, das gab es schon damals – das Remake eines gleichnamigen Films von 1914, der wiederum auf einer weit älteren, offenbar unverwüstlichen Theaterposse basierte.

Vom Zirkus Busch in die Scala

Man kann an den beiden Filmen einen Wandel des Berliner Nachtlebens studieren: Im Ur-Film verschlägt es den Insektenmittel-Fabrikanten in den Zirkus Busch, bei Oswald in die Scala in der Martin-Luther-Straße, damals eine der berühmtesten Varieté-Bühnen der Stadt. Aber die Versuchungen der Berliner Nacht, gegen die gerade ein schlichtes Gemüt wie Florian Pieper nicht vollständig gefeit ist, sind einander doch sehr ähnlich. Bei Oswald heißt sie Margot Olschinsky und ist Tänzerin, dargestellt von Ossi Oswalda, die zu Stummfilmzeiten geradezu als Deutschlands Antwort auf Mary Pickford galt, mit der Erfindung des Tonfilms aber in Vergessenheit geriet.

Herr Pieper also kommt hoffnungsvoll nach Berlin, ist der Stadt aber nicht gewachsen, wird in diverse haarsträubende Situationen verwickelt, muss sogar als Ringkämpfer antreten – ein komödiantischer Großstadtreigen, der damit endet, dass überraschend die Gemahlin auftaucht.

Die verschwundene Film wurde in Moskau wiederentdeckt

Am 21. Januar 1927 hatte dieser Berlin-Ulk mit Henry Bender als Florian Pieper im ursprünglichen Alhambra-Kino in der Weddinger See-/ Ecke Müllerstraße Premiere. Lange galt er als verschollen, bis er im Staatlichen Russischen Filmarchiv Gosfilmofond in Moskau wiederentdeckt und in diesem Jahr digital restauriert wurde. Am Mittwoch, 21 Uhr, ist „Eine tolle Nacht“ zum Start der Ufa-Filmnächte im Kolonnadenhof vor der Alten Nationalgalerie zu sehen. Uwe Ochsenknecht spricht einleitende Worte, die neugeschaffene Musik von Frido ter Beek und Maud Nelissen orientiert sich an den Werken des Film- und Schlagerkomponisten Fred Raymond, dargeboten wird sie vom Filmorchestra The Sprockets. Zu sehen ist der Film auch am 26. August auf Arte.

Am Donnerstag folgt, passend zum 50. Jahrestag des Apollo-11-Flugs, Fritz Langs „Frau im Mond“, die Musik spielt DJ-Legende Jeff Mills. Am Freitag steht Ernst Lubitschs „Madame Dubarry“ auf dem Programm, Ekkehard Wölk und das Ensemble Ancien Régime spielen dazu eine Neukomposition von Wölk. Diese Filmauswahl ist ebenfalls einem historischen Ereignis geschuldet: dem blutigen Revolutionsjahr 1918/19. Denn auch Madame Dubarry muss sterben: 1793 unter der Guillotine. Karten gibt es unter www.ufa-filmnaechte.de, www.ticketmaster.de und Tel. 01806 999 000

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