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Neuer Stadtplatz für Pankow - die Straßenbahn fährt unter der S-Bahn-Brücke zum Stadthaus. Flanieren, einkaufen, verweilen kann man hier künftig.

© Simulation: CKSA/Nöfer

Update

Überraschung im Wettbewerb: Favoritenentwurf ausgestochen – Pankower Tor bekommt ein „Pedaleum“

Der große Favorit scheitert in der letzten Jury-Sitzung: Das Areal zwischen den S-Bahnhöfen Pankow und Heinersdorf wird nach Plänen von CKSA/Nöfer entwickelt.

Ein großes Fahrradkaufhaus mit Werkstätten, "Pedaleum" genannt, nahe am Radweg "Panketrail", ein neues Stadthaus am S-Bahnhof Pankow, ein Hochhaus am östlichen Rand des Areals, das dieses neue Quartier weithin sichtbar ankündigt sowie architektonisch vielfältige Häuser, die große grüne Höfe umschließen und die Mieter so vor dem Verkehrslärm schützen: Das sind einige der Merkmale des neuen "Pankower Tors" von Investor Kurt Krieger. 

So sieht es der Sieger des Städtebaulichen Wettbewerbs für die Bahnbrache vor. Diese Pläne hat die Arbeitsgemeinschaft aus Nöfer Architekten, CKSA/Christoph Kohl, Fugmann Janotta Landschaftsarchitekten und dem Ingenieurbüro Thorsten Terfort vorgelegt. Damit enden zehn Jahre Streit und Planung. Und das mit einer faustdicken Überraschung. 

Denn das als großer Favorit gesetzte Büro "03Architekten" scheiterte in der letzten Jury-Sitzung. Zuvor war bekannt geworden, dass der Architekt Andreas Garkisch Mitglied des Baukollegiums der kürzlich in Ruhestand versetzten Senatsbaudirektorin Regula Lüscher ist. 

Lüscher hatte zuvor in der Jury gesessen. Auch die Vorsitzende der Jury Christa Reicher war Teil von Lüschers Baukollegium gewesen. Der Entwurf von 03Architekten war vor der letzten Sitzung als erstplatzierter gesetzt worden. Nun kam die überraschende Kehrtwende.

Angsträume verschwinden

"Angsträume" nannte Tobias Nöfer die Flächen an der Brücke und den Brachen am S-Bahnhof Pankow bei der Vorstellung seines Entwurfs. Diese verschwinden mit dem Bau des Pankower Tors: Ein Stadtplatz mit einem öffentlich genutzten Stadthaus wird das Gebiet eröffnen.

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Daneben entsteht an der Berliner Straße ein "Nahversorgungszentrum" mit einer Vielfalt von Läden und Lokalen. Das ist das Entree zum westlich anschließenden Wohngebiet. Dieses ist von der Bahnschneise durch Grünanlagen getrennt, ein Teil davon angelegt mit Spielplätzen und Sitzgelegenheiten, ein anderer Teil als Naturgarten.

Das Pankower Tor - neues Quartier für mehr als 4000 Menschen mit Schule, Kita und einem Stadthaus - und natürlich Möbelmärkte von Investor Kurt Krieger.
Das Pankower Tor - neues Quartier für mehr als 4000 Menschen mit Schule, Kita und einem Stadthaus - und natürlich Möbelmärkte von Investor Kurt Krieger.

© CKSA/Nöfer

Das "Pedaleum", ein großes Einkaufs- und Dienstleistungszentrum, schließt an die Bauten am Rand des Stadtplatzes an und soll mit dem "Panke-Trail", einem Radweg parallel zur Bahntrasse, verbunden werden. Der Trail selbst soll zur Rad-Strecke Berlin-Kopenhagen geführt werden. Räder haben Vorfahrt in dem autoarmen, aber nicht autofreien Quartier.

[Den Lageplan des siegreichen Entwurfs von Nöfer Architekten können Sie hier als PDF herunterladen. Alle Entwürfe einschließlich des prämierten Siegerentwurfs sind auf der Projektwebsite in einer digitalen Ausstellung zu sehen.]

Im Osten des Gebietes entstehen eine Schule und eine Kita. Auch werden dort an der Prenzlauer Promenade zwei Möbelmärkte entstehen mit 250 oberirdischen Parkplätzen. Auch ein Hochhaus ist geplant. Ursprünglich hatte Nöfer mehrere Türme in dem Gebiet vorgesehen. Die Jury überzeugte das nicht, wie Christa Reicher deutlich machte. 

Übrig blieb dieser eine und - wenn man so will - auch das Stadthaus, das bis zu 50 Meter hoch werden könnte. Aber sogar über diese beiden "Hochpunkte" wird noch gestritten. Immerhin gab Jury-Chefin Reicher zu, das ein "Hochpunkt" jedenfalls am östlichen Rand des Areals vorstellbar ist.

Streit um Hochhäuser

Der Architekt selbst nannte als Beispiele für sein Konzept mit Hochhäusern den Borsigturm sowie den Siemensturm. Diese beiden Hochhäuser markieren die dort anschließenden Gewerbe- und Wohnquartiere sichtbar im Stadtbild. Es ist Nöfers Auffassung von Städtebau, wonach Häuser und Quartiere wiedererkennbare "Adressen" bilden sollen, die sich so gar nicht mit der Doktrin der Ära Lüscher verträgt. 

Häuser sollen, so Nöfer, durch unterschiedliche Gestaltung ein "Gesicht" bekommen. So sollen auch die Wohnblöcke am "Pankower Tor" aus einzelnen Häusern mit unterschiedlicher Gestalt gebaut werden. Nöfer schließt damit an den Städtebau des 19. Jahrhunderts an.

Rundlokschuppen bleibt

Im Osten des langgestreckten Planungsgebiets wird das neue Möbel Höffner-Haus entstehen. Investor Kurt Krieger will auch den Rundlokschuppen erhalten: "Das kann man nicht abreißen." Das Engagement im Denkmalschutz koste ihn vier Millionen Euro. Der Senat hätte gerne "Event-Nutzungen" an diesem Ort.

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Für die Kreuzkröte, die auf der Brache lebt, gibt es Krieger zufolge "zwei Standorte in Brandenburg". Und damit eine Chance, die Amphibien am Leben zu erhalten. Die Verschärfung des Konfliktes mit dem Naturschutzbund, der in dieser Sache Klage gegen die Fortsetzung der Planung eingelegt hat, führt Krieger auf den Wechsel des Personals bei dem Verein zurück - "das ist wie bei der Regierung".

Nabu: Das ist "Realitätsverlust"

Der Vorsitzende des Naturschutzbundes (Nabu), Rainer Altenkamp, sagte, es sei "skandalös, wie alle Beteiligten unbeirrt an einer Planung festhalten, die das Vorkommen der Kreuzkröte auf der Fläche vollständig ignoriert". Dabei sei dies seit 16 Jahren bekannt. Die Verantwortlichen in Senat und Bezirk litten "offenbar unter Realitätsverlust". Das ungewöhnlich große Vorkommen der geschützten Art sei "von überregionaler Bedeutung".

Der Neubau würde bedeuten, "dass die Art in Berlin ausgerottet wird", erklärte Altenkamp. Eine Umsiedlung sei "grob rechtswidrig". Um dies zu ermöglichen, habe die Verwaltung einen Trick angewandt und die Baupläne als "im zwingenden öffentlichen Interesse liegend" für "alternativlos" erklärt. So solle das "Artenschutzrecht ausgehebelt werden". Dagegen klage der Nabu vor dem Verwaltungsgericht.

Erste Bauarbeiten in zwei Jahren

Die Staatssekretärin für Wohnen in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Wenke Christoph, sagte, mit dem Entwurf sei die "Grundlage für die Transformation des ehemaligen Rangierbahnhofs hin zu einem neuen Stadtquartier" gelegt. Dieses "städtebauliche Gerüst" gehe nun in die "Feinarbeit".

Abteilungsleiter Kühne zufolge könne in zwei Jahren der Bebauungsplan vorliegen. Dann folgten "vorbereitende Arbeiten" wie das Planieren der Bauflächen sowie die Erteilung von Baugenehmigungen für die einzelnen Gebäude.

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