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Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD).

© Britta Pedersen/dpa

Update

Bildungsverwaltung verhängt Ausgabensperre: Berlins Schulen müssen bis Weihnachten sparen

Mitten in den Ferien bekommen die Schulen eine Haushaltssperre. Die Finanzverwaltung erklärt: Von ihr kommt die Vorgabe nicht. Fraktionen fordern Rücknahme.

Zu den letzten Amtshandlungen der scheidenden Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) gehört ausgerechnet eine Haushaltssperre: Verdutzte Schulleitungen, die in der ersten Herbstferienwoche Urlaub gemacht hatten, fanden die entsprechende Mitteilung am Montag in ihren Mails – an dem Tag, ab dem die Sperre gelten sollte. Andere Schulleitungen wurden erst einen Tag danach, also an diesem Dienstag, informiert und zunächst nur bruchstückhaft – je nach Bezirk.

Wer in den Genuss einer vollständigen Mail kam, erfuhr, dass ab dem 18. Oktober und bis zum Buchungsschluss am 15. Dezember (zunächst hieß es 23. Dezember) nur noch Ausgaben getätigt werden, „für die aufgrund bestehender gesetzlicher vertraglicher Verpflichtungen ein Zahlungsanspruch besteht“. Neue Verpflichtungen dürfen nicht mehr eingegangen werden.

Anders als von den überraschten Schulleitungen, die den Tagesspiegel am Montag informierten, vermutet, geht die Sperre – trotz der notwendigen Sparmaßnahmen – nicht auf eine Vorgabe von Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) zurück.

Finanzverwaltung: „Es gibt keine Ausgabensperre, die wir verhängt hätten“

Von dort sei kein Rundschreiben in Sachen Haushaltsdisziplin an die Senatskolleg:innen gegangen, sagte Alexis Demos, der Sprecher der Finanzverwaltung, auf Anfrage: „Es gibt keine Ausgabensperre, die wir verhängt hätten.“ Für den Umgang mit den jeweils zugeteilten Mitteln seien die einzelnen Hausleitungen selbst verantwortlich. „Was die Bildungsverwaltung gegenüber nachgeordneten Behörden kommuniziert, entzieht sich unserer Kenntnis“, sagte Demos weiter.

Das dem Tagesspiegel vorliegende und auf den 13. Oktober datierte Schreiben der Bildungsverwaltung gibt aber Aufschluss über die Hintergründe der drastischen Einschränkung. Demnach besteht die Gefahr, dass Scheeres’ Behörde es – anders als andere Ressorts – nicht schafft, die vorgeschriebenen pauschalen Minderausgaben zu erwirtschaften, die dem Spardruck geschuldet sind: Es drohe eine „Lücke von bis zu 27 Millionen Euro“. Dieser Betrag müsse von den verschiedenen Bereichen der Behörde und von den Schulen erbracht werden. Der Plan, diese Gelder bei den schulischen Ganztagsangeboten übrig zu haben, geht offenbar nicht auf, weil mehr Bedarf als vermutet angemeldet wurde.

„Das war keine Überraschung für das Haus Scheeres“

Der alte und mutmaßlich neue Koalitionspartner, die Grünen, zeigten am Dienstag wenig Verständnis für die haushalterischen Verwirrungen: Inhaltlich und zeitlich sei das Vorgehen der Senatsverwaltung weder nachvollziehbar noch tragbar. Die sogenannte pauschale Minderausgabe sei „sehr sehr lange“ bekannt gewesen. „Das war keine Überraschung für das Haus Scheeres“, betonte Bildungsexpertin Marianne Burkert-Eulitz. Anstatt zu Lasten der Schulen zu entscheiden, die die Mittel längst eingeplant hätten, stünden sie nun „von jetzt auf gleich im Regen“. Weder die Schulen, noch das Parlament seien über diese Schritte informiert worden: „Seriös und fair ist das nicht. Frau Scheeres sollte vielleicht in der Senatsverwaltung noch einmal schauen, was sich dort einsparen lässt,“ empfiehlt die Abgeordnete.

"Die Haushaltssperre muss vom Tisch"

Protest kam auch von der alten und mutmaßlich neuen Opposition: „Die Haushaltssperre von SPD-Bildungssenatorin Scheeres für unsere Schulen muss vom Tisch. Niemand kann verstehen, warum SPD, Grüne und Linke Milliarden für überteuerte Wohnungen ausgeben, aber für unsere Kinder und deren Zukunft kein Geld haben“, meldete sich Dirk Stettner, der bildungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, zu Wort. Es sei „ein Stück aus dem Tollhaus“, wenn Scheeres zu ihrem Abschied aus dem Amt „eine solche Fehlentscheidung trifft“.

Ähnlich äußerte sich Paul Fresdorf von der FDP: Die Haushaltssperre müsse „unverzüglich“ aufgehoben werden: „ Für Pop-up-Radwege oder überteuerte Wohnungsankäufe hat dieser Senat das Geld übrig, aber nicht für die Bildung unserer Kinder“, kritisierte Fresdorf.

Es droht eine Lücke von bis zu 27 Millionen Euro

Wichtige Bereiche sind allerdings von der Sperre ausgenommen. Das gilt für die Bund-Länder-Programme „Aufholen nach Corona“, den Digitalpakt und die Investitionsförderung im Ganztag. Zudem sind die Vertretungsgelder für kranke Lehrkräfte und Erzieher:innen nicht betroffen.

In den zahlreichen Programmen wie dem Bonusprogramm oder dem „Challenge-Programm“ können allerdings nur noch mit selbstständig Tätigen, nicht aber mit Vereinen oder Trägern, Verträge abgeschlossen werden.

Was die Schulen etwas beruhigen dürfte: Ihr so genannter Verfügungsfonds ist nicht in Gänze von der Sperre betroffen. Die „kleine bauliche Unterhaltung“ darf weitergehen. Nur "Ausstattung" darf nicht mehr angeschafft werden.

Eine Zeit der knappen Kassen – voraussichtlich monatelang

Die Finanzprobleme werden aber keineswegs nach dem 15. Dezember vorüber sein, im Gegenteil. Für die Finanzverwaltung wies Sprecher Demos darauf hin, dass das Land Berlin danach – infolge der Wahl zum Abgeordnetenhaus – in einen Zustand ohne Haushaltsgesetz eintreten werde.

Denn es sei unwahrscheinlich, dass die neue Regierung, sollte sie dann bereits im Amt sein, das bis Ende des Jahres auslaufende Haushaltsgesetz rechtzeitig mit einem neuen Entwurf ergänzen können werde. „Für diesen Fall sieht der Artikel 89 der Verfassung von Berlin vor, dass grundsätzlich nur das geleistet werden darf, was absolut notwendig ist“, sagte der Sprecher. Dies gelte, bis das neue Parlament ein Haushaltsgesetz beschließen werde – „voraussichtlich frühestens im zweiten Quartal 2022“.

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