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Wohnhäuser in Berlin (Symbolbild).

© picture alliance/dpa

Über 30 Prozent mehr: Deutsche Wohnen kündigt drastische Mieterhöhungen in Berliner Großsiedlung an

Zunächst sind 203 Wohnungen in der Großsiedlung An der Kappe in Spandau betroffen, es könnten aber deutlich mehr werden. Der Bezirk will sich nun einschalten.

Schreckensmeldung für viele in der Großsiedlung An der Kappe in Spandau: Wegen Modernisierungsarbeiten hat der börsennotierte Immobilienkonzern Deutsche Wohnen, dem das Quartier gehört, Mieterhöhungen angekündigt.

Insgesamt 203 Wohnungen sind betroffen. Eines der Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt, setzt bei einer 41 Quadratmeter großen Wohnung einen Preissprung von 263 auf 346 Euro an – eine Steigerung von ganzen 31 Prozent.

Marcel Eupen, Chef des Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbunds e.V., kritisiert das scharf: „Viele Mieterinnen und Mieter werden sich aufgrund der Modernisierung ihre Wohnung nur noch schwer leisten können und sind von Verdrängung bedroht.“ Die hohe Inflation sei ein besonderes Problem für die Menschen vor Ort. Die meisten von ihnen beziehen niedrige oder mittlere Einkommen.

Hinzu kommt, dass eine Modernisierung der restlichen Großsiedlung – die insgesamt 1139 Wohneinheiten umfasst – nicht unwahrscheinlich ist. Deutlich mehr Mietparteien als zurzeit wären dann von den Steigerungen betroffen.

„Der nun anstehende erste Bauabschnitt betrifft 203 Wohnungen“, sagt Unternehmenssprecher der Deutschen Wohnen, Marko Rosteck, auf Anfrage. Weitere Bauabschnitte seien in Planung, aufgrund der Marktlage im Handwerk könne jedoch nicht verlässlich vorhergesagt werden, ob und wann diese umgesetzt werden.

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Bis 2004 gehörte die Spandauer Großsiedlung zur landeseigenen Gewobag, ging dann an die Amsterdamer Draaipunt-Holding. 2016 wurde sie von der Deutschen Wohnen, die ihren Hauptsitz in Berlin hat, übernommen.

Bezirk Spandau will mit Deutsche Wohnen in den Dialog

Marcel Eupen fordert derweil, dass sich die Bezirkspolitik umgehend einschalten soll, um die drastischen Mitsteigerungen zu verhindern. Er verweist auf Vereinbarungen, die in der Vergangenheit zwischen Bezirksverwaltungen und Immobilienwirtschaft getroffen wurden. 2018 handelte der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg bei der Modernisierung der Otto-Suhr-Siedlung am Moritzplatz – die auch der Deutschen Wohnen gehört – eine Begrenzung der Umlage auf 1,79 Euro pro Quadratmeter aus.

Das ergäbe beim Beispiel der 41-Quadratmeter-Wohnung in Spandau jedoch immer noch einen Mietanstieg um 72,38 Euro – gerade einmal zehn Euro weniger als von der Deutschen Wohnen angekündigt. Eine echte Entlastung? Für Eupen sind die Fälle nicht vergleichbar. Das liegt daran, dass die Modernisierungsumlage zwischenzeitlich bundesweit von elf auf nun acht Prozent abgesenkt wurde. Das müsse auch in den aktuellen Verhandlungen mit einfließen: „Unser Ziel ist eine Deckelung von Mieterhöhungen auf einen Euro pro Quadratmeter und ein Ausschluss von weiteren Steigerungen für sechs Jahre nach der Sanierung".

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Wie es aussieht, kommt nun auch von Seiten des Bezirksamts Bewegung ins Spiel. Nachdem die Zuständigkeit zunächst ungeklärt war – Baustadtrat Thorsten Schatz (CDU) verwies auf die SPD-geführte Abteilung für Soziales und Bürgerdienste und deren Bezirksstadtrat Georg Kempert – kommen von dort nun konkrete Ankündigungen.

Man wolle in der kommenden Woche rechtlich und verwaltungstechnisch prüfen, was möglich sei, sagt Kempert zum aktuellen Vorgehen. Dabei sollen auch die Erfahrungen der anderen Bezirke miteinfließen. „Bis zu ein Drittel Mietsteigerungen sind in der momentanen Situation nicht vertretbar“, sagt der SPD-Politiker weiter. Ziel sei es, in ein konstruktives Gespräch mit der Deutschen Wohnen zu treten, in das sich notfalls auch Bezirksbürgermeisterin Carola Brückner (SPD) einschalten würde. Die Deutsche Wohnen zeigt sich dahingehend offen. „Selbstverständlich sind wir bereit, mit dem Bezirksamt in den Dialog zu gehen“, heißt es von Seiten des Konzerns.

Deutsche Wohnen: Modernisierung für bessere Klimabilanz

Der begründet die Modernisierungsarbeiten an der Spandauer Großsiedlung derweil mit einer „Verbesserung der Klimabilanz des Quartiers“. „Steigende Energiekosten können kein Argument dafür sein, auf Maßnahmen zur Senkung des Energiebedarfs zu verzichten – ganz im Gegenteil“, sagt Unternehmenssprecher Marko Rosteck zu den geplanten Arbeiten.

Die angekündigten Arbeiten beinhalten unter anderem Anbringung von Wärmedämmung an Außenwänden, den Austausch von Fenstern in Treppenhäusern und Wohnungen gegen neue Kunststoff-Wärmeschutzfenster sowie eine Vielzahl von Instandsetzungsarbeiten, wie die Erneuerung der Balkone.

Laut Deutsche Wohnen werde die Modernisierungsumlage für Haushalte mit geringem beziehungsweise mittlerem Einkommen reduziert oder gänzlich gestrichen. „Das bedeutet, dass die Miete bei einem Teil der Mieterschaft trotz maßgeblicher Verbesserung hinsichtlich Wohnqualität und Energieverbrauch unverändert bleibt“, sagt Rosteck.

Sie könne sich im Falle gesunkener Nebenkosten, wie sie nach Modernisierungen zu erwarten sind, sogar verringern. Derartige Härtefallregelungen sind jedoch damit verbunden, dass Mietparteien ihre Einkommenssituation dem Immobilienkonzern offenlegen müssen – wozu erfahrungsgemäß viele nicht bereit sind, trotz niedrigem Einkommens.

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Ken Münster

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