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Bei der Tegel-Debatte im Abgeordnetenhaus gab es unerwartete Koalitionsangebote.

© imago/IPON

TXL-Debatte im Abgeordnetenhaus: Der Flughafen Tegel wird parlamentarisch beerdigt

Berlins Senat schließt TXL im Parlament endgültig und wieder kochen die Gemüter hoch. Die FDP droht weiter mit Klage – die AfD bietet sich der CDU als Koalitionspartner an.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Es ist schon interessant, wofür der Flughafen Tegel so alles gut ist. Ein dreiviertel Jahr nach dem erfolgreichen Volksentscheid zur Offenhaltung des City-Airports sind zwar alle Argumente ausgetauscht – doch nutzten AfD und FDP im Abgeordnetenhaus die vorerst letzte Debatte dazu für überraschende Koalitionsofferten.

Zuerst bot der AfD-Abgeordnete Frank-Christian Hansel den Christdemokraten am Donnerstag ein Bündnis an. Eine bürgerliche Mehrheit in Berlin gebe es nur mit seiner Partei. „Wenn die CDU diesen Weg geht, wird sie Erfolg haben. Schauen Sie auf Italien!“

Noch verwegener ging der FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja zu Werk. Zu keiner Zeit habe der rot-rot-grüne Senat mit Leidenschaft versucht, den Volksentscheid für Tegel umzusetzen. „Wenn der Regierende Bürgermeister Michael Müller keine Lust mehr hat, dann soll er doch endlich die Stadt freigeben“, rief Czaja in den Plenarsaal. Er freue sich in diesem Fall auf die Zusammenarbeit mit Herrn Geisel, „dann kommen wir endlich voran in der Stadt“.

Wie die Liberalen eine Mehrheit mit dem sozialdemokratischen Noch-Innensenator Andreas Geisel zusammenbasteln wollen, verriet Czaja nicht. Zumal er erst einmal die Koalition aus SPD, Linken und Grünen verklagen will, um die Offenhaltung Tegels noch juristisch durchzudrücken.

Auf die Frage des Linken-Fraktionsgeschäftsführers Steffen Zillich in der recht munteren Parlamentsdebatte, warum die FDP nicht längst schon gerichtliche Schritte eingeleitet habe, sagte Czaja: „Wir haben bisher nicht geklagt, weil – na ja, man kann ja noch ein bisschen Resthoffnung haben.“ Auf einen Meinungsumschwung bei Rot-Rot-Grün, der aber erwartungsgemäß nicht eingetreten ist.

Die Fronten prallten erneut aufeinander

Die Abgeordneten der drei Koalitionsfraktionen beschlossen jedenfalls: „Das Abgeordnetenhaus nimmt zustimmend zur Kenntnis, dass der mit dem Volksentscheid ,Berlin braucht Tegel‘ gefasste Beschluss vom Senat nicht umsetzbar ist.“ Unter anderem würde die für Berlin existenzielle gemeinsame Raum- und Landesplanung mit dem Land Brandenburg aufgegeben. Deshalb unterstütze das Parlament die „Gewährleistung einer zukunftsorientierten Anbindung Berlins an den Luftverkehr entsprechend dem Single-Airport-Konzept“.

Abweichler gab es bei der namentlichen Abstimmung weder bei der Regierung noch der Opposition. In der vorhergehenden Debatte prallten die Fronten noch einmal hart aufeinander. Die Vize-Parlamentspräsidentin Manuela Schmidt musste sogar rügend eingreifen, weil Czaja die Koalition rhetorisch befragte: „Wollen Sie uns eigentlich verarschen?“

Aber auch Stefan Evers, Vize-Fraktionschef und Generalsekretär der CDU, hielt sich nicht zurück. Der Beschluss gegen Tegel sei „eine Schande für das Parlament“ und Rot-Rot-Grün politisch und moralisch am Ende. Ach, der Evers sei ein „Krawall-Sekretär“, hielt der SPD-Verkehrsexperte Jörg Stroedter gegen. Stattdessen lobte er den Reinickendorfer Bezirksbürgermeister Frank Balzer (CDU), der weiterhin aktiv für die Schließung Tegels eintrete.

„Man muss den Menschen sagen, was geht und was nicht geht“

Und Stroedter erinnerte daran, dass auch der neue CDU-Fraktionschef Burkard Dregger ein Reinickendorfer sei. Aber der meldete sich nicht zu Wort. Erst der Linken-Verkehrspolitiker Harald Wolf schaffte es, mit der ihm eigenen Nüchternheit die polemisch aufgeheizte Stimmung abzukühlen. Er wolle seinen Vortrag konzentriert zu Ende bringen, lehnte Wolf jeden Wunsch nach einer Zwischenfrage ab. „Denn ich rechne damit, dass auch diese Debatte vor Gericht landen wird.“

Gemeint ist die angekündigte, aber noch nicht weiter konkretisierte Klage der Freidemokraten. Immerhin ließ sich Wolf dazu hinreißen, der Opposition Heuchelei vorzuwerfen. „Man muss den Menschen sagen, was geht und was nicht geht.“

Eine schlechte Bilanz des Dauerstreits um den Flughafen Tegel zog am Ende der Plenardiskussion der Grünen-Abgeordnete Harald Moritz. „Der Volksentscheid wurde von der FDP missbraucht, alle anderen Parteien haben verloren.“ Dann wagte der Grünen-Politiker noch einen weiten Blick in die Zukunft, über Tegel und BER hinaus.

Wenn sich der Luftverkehr so weiterentwickle, „dann muss man mal gucken, ob man nicht ein ostdeutsches Luftverkehrs-Drehkreuz macht, anstatt irgendwann eine dritte Startbahn in Schönefeld zu bauen“. Wann und wo, ließ Moritz offen. Über Leipzig sprach er an diesem Tag nicht.

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