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Berühmt: Das Logo der Disney-Studios.

© VALERIE MACON / AFP

TV-Kolumne: Mehr Disney wagen!

Nazis und Terroristen überall – auch im „Tatort“. Warum immer dieser Bezug zur grauen Wirklichkeit? Den Öffentlich-Rechtlichen stünde mehr Fantasie gut.

Zeit zum Fernsehen habe ich nur selten. Unglücklicherweise immer gerade dann, wenn im Ersten Krimis laufen. Ganz oben auf meiner Liste des Grauens steht natürlich der „Tatort“. Kann man sich krampfigere Versuche vorstellen, immer schön auf der Höhe der Zeit zu sein? Arrgghhh! Mir reichen die Neonazis in der Tagesschau, da muss ich sie nicht auch noch danach im Programm haben.

Das ist nicht kreativ, sondern platt und offensichtlich. Als Höhepunkt kommen mal islamistische Terroristen vor, und alle Fernsehverantwortlichen klopfen sich auf die Schultern, wie innovativ und mutig und hochbrisant sie sind. Da wird mir nur noch schlecht.

Der Aktualitätswahn ist allenfalls noch zu toppen von der Ambition, aus einem simplen Krimi ein Kunstwerk zu machen. Das wird dann rasch ein Fall fürs Fremdschämen. Will man sich nebenan im Zweiten mal bei einer gewaltfreien Ärzte-Schmonzette von den finsteren Abgründen erholen, muss die Hauptfigur mindestens elefantöse Schizophrenie haben. Oder ein Samenspender will nicht Vater sein. Hauptsache, es passt zu einer aktuellen politischen Debatte.

Wenn man das „U“ wie „Unterhaltung“ auf Teufel komm raus mit einem „E“ wie „Ernst des Lebens“ verschmilzt, kommt zwar kein „Iiii“ wie in „Iiii bäh“ dabei heraus, aber ein naheliegendes „Ü“ wie „überflüssig“. Nur sehen muss man es können – und dazu sind die Gebühreneinsammler wohl nicht in der Lage.

Mit ihrer unsäglichen Holzhammerpädagogik treiben mich die öffentlich-rechtlichen Anstalten öfter hin zum privaten Disney Channel. Ich will nicht sklavisch den gerade angesagten politisch korrekten Themen folgen. In meiner Freizeit will ich Spaß. Und Überraschungen. Und Unterhaltung, aber gute. Ich will die beschwingte, die anmutige Leichtigkeit des Seins. Und keine verkappte Volkshochschule für Schnarchnasen, die nicht wissen, was in der Welt sonst so los ist.

Ich will die beschwingte, die anmutige Leichtigkeit des Seins

Viel besser: das „Dschungelbuch“ zum Dinner, und vorher die Geschichten der Superhelden Ladybug und Cat Noir oder Prinzessin Elena von Avalor, die unter dem Motto „Furchtlos, wild und frei“ ihr Königreich rettet.

Und diese hübschen Feen, die auch mal tatkräftig ein defektes Rohr reparieren. Früher taten Prinzessinnen nichts weiter, als schlafend auf einen Prinzen zu warten. Und nun das! Wann habe ich jemals aus einem „Tatort“ auch nur ansatzweise so viel Nützliches gelernt?

Ja, ich weiß natürlich, dass Disney unschuldige Kindergartenmädchen dazu bringt, sich teure Prinzessinnen-Accessoires zu wünschen, deren Erlös in den gierigen Kapitalismus-Rachen des Großkonzerns geworfen wird. Immer noch besser, als mit meinen Zwangsgebühren depressiven Schindluder zu betreiben.

Ach, hätte Ladybug doch auch einen Verwandlungsspruch für die öffentlich-rechtlichen Autoren, so was wie: „Gleich müsst ihr nicht mehr öde sein!“ Und könnte vielleicht eine dieser furchtlosen Prinzessinnen denen einen positiven Geist einhauchen, auf dass sie mal spannend und unterhaltsam darstellen, wie Beziehungen zwischen Menschen richtig gut funktionieren?

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