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Der Senat will die Pop-Up-Radwege vorerst nicht abbauen

© imago images/A. Friedrichs

Update

Trotz Gerichtsbeschluss: Pop-up-Radwege in Berlin sollen vorerst bleiben

Die Verkehrsverwaltung will in der kommenden Woche Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen. Die AfD bereitet bereits einen Vollstreckungsantrag vor.

Der Berliner Senat will in der kommenden Woche Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht gegen die Entscheidung zu den Pop-up-Radwegen einlegen. Das kündigte der Sprecher der Verkehrsverwaltung Jan Thomsen an. Dem Tagesspiegel sagte er, man werde eine aufschiebende Wirkung erbeten, sodass die Pop-up-Radwege vorerst nicht wieder abgebaut werden müssen.

Auch die Berliner Polizei hat nach Tagesspiegel-Informationen ihre Mitarbeiter inzwischen angewiesen, dass die Pop-up-Radwege weiterhin gültig seien. „Alle Verkehrszeichen an den Pop-up-Radwegen bleiben wirksam“, heißt es in dem internen Schreiben von Mittwochnachmittag. „Verkehrswidriges Verhalten wird wie bisher geahndet." Das Verwaltungsgericht habe zwar die temporären Radwege für rechtswidrig erklärt. Der Beschluss sei jedoch noch nicht rechtskräftig.

Eigentlich müsste der Senat die temporären Radwege abbauen lassen, nachdem das Berliner Verwaltungsgericht sie für rechtswidrig erklärt hat: Geklagt hatten zwei Mitglieder der AfD-Fraktion.

Die Verkehrsverwaltung hat jedoch zwei Wochen Zeit, eine Beschwerde gegen den Beschluss einzulegen und vier für eine Begründung. „Es gelten die gesetzlichen Fristen für die Einlegung der Beschwerde und die Begründung – insgesamt ist das ein Monat. Diese Fristen werden wir einhalten", so Thomsen. 

Das Verwaltungsgericht hatte in einem Eilverfahren entschieden: Die Voraussetzung zur Errichtung von acht verschiedenen temporären Radwegen in Berlin lag nicht vor. Demnach sind die sogenannten Corona-Radwege rechtswidrig, weil für jeden Radweg eine konkrete Gefährdung vorliegen müsse. Der Verweis auf die Pandemie reiche nicht aus.

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Thomsen und die Verkehrsverwaltung sehen das anders: "Unserer Auffassung nach erlaubt die Straßenverkehrsordnung ausdrücklich eine Anordnung von Radfahrstreifen, ohne dass eine qualifizierte Gefahrenlage nachgewiesen werden muss – das gilt übrigens auch etwa für Tempo-30-Strecken vor Schulen und Kitas." Die Regelung solle schneller für mehr Sicherheit sorgen.

Land sieht Gefahrenprävention im Straßenverkehr gefährdet

"Wenn sich die Auffassung des Verwaltungsgerichts durchsetzen sollte, wären präventive Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit in Frage gestellt", sagte Thomsen. Das Ziel sei ja, Unfälle zu verhindern. Zudem sei eine Bundesratsinitiative zur Änderung der StVo möglich.

In der Berliner AfD-Fraktion drängt man darauf, die temporären Radwege zeitnah abzubauen. "Ein Vollstreckungsantrag ist in Vorbereitung", sagte ein Sprecher der Fraktion. Dieser sei verbunden mit einem Zwangsgeld von bis zu 10.000 Euro. Man wolle zunächst aber die Beschwerde der Verkehrsverwaltung abwarten. "Ein Abbau der Radwege bis zur Entscheidung in der Hauptsache ist für uns aber nicht akzeptabel", sagte der Sprecher.

Auch Klage gegen die neun übrigen Pop-up-Radwege?

Zudem prüfe man, juristisch gegen weitere neun Pop-up-Radwege vorzugehen. Die wurden bislang nicht vom Gericht behandelt, weil sie erst nach Eingang der Klage geplant und errichtet wurden.

Konkret handelt es sich bei den acht beanstandeten Radwegen um folgende:

- Gitschiner Straße/ Skalitzer Straße zwischen Halleschem Tor und Kottbusser Straße

- Hallesches Ufer zwischen Halleschem Tor und Köthener Straße

- Kottbusser Damm/Kottbusser Straße zwischen Kottbusser Tor und Hermannplatz

- Lichtenberger Straße zwischen Holzmarktstraße und Strausberger Platz

- Petersburger Straße zwischen Bersarinplatz und Landsberger Allee

- Tempelhofer Ufer zwischen Schöneberger Straße und Halleschem Tor

- Schöneberger Ufer zwischen Potsdamer Brücke und Köthener Straße,

- Kantstraße und Neue Kantstraße zwischen Messedamm und Budapester Straße

Jan Thomsen von der Verkehrsverwaltung reagierte gelassen auf die Ankündigung der AfD-Fraktion. "Derzeit laufen die gesetzlichen Einspruchsfristen. Im Rahmen des Einspruchs wird auch Klarheit darüber hergestellt werden, ob die Anordnungen des Verwaltungsgerichts bis zur Entscheidung über den Einspruch und darüber hinaus ausgesetzt werden. Dann wird festgelegt, wie es weitergeht.“

Am Mittwochabend haben derweil rund 600 Radfahrer für mehr Pop-up-Radwege demonstriert. Zu dem Protest hatte spontan die Kampagnenorganisation Changing Cities aufgerufen, ein breites Bündnis aus der Rad-Szene, darunter der ADFC, hatte dies unterstützt. Gemeinsam war man auf den Kreuzberger und Neuköllner Pop-up-Radwegen am Lützowufer, Hallesches Ufer über Kottbusser Tor und Kottbusser Damm zum Hermannplatz geradelt.

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