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Täglich im Grünen. Ivonne Bartsch-Kiesant mag alles, was hier wächst. Natürllich auch die tausend Orchideen, die jetzt Saison haben.

© Biosphäre Potsdam, Julia Ziemann

Tropische Pflanzen in der Biosphäre Potsdam: „Orchideen brauchen harte Ansagen“

Ivonne Bartsch-Kiesant über die Eigenheiten des Regenwaldes, tropische Schaben und warum man manchen Blumen niemals gut zureden soll.

Frau Ivonne Bartsch-Kiesant, gemeinsam mit einer weiteren Gärtnerin betreuen Sie die Pflanzen in der Biosphäre Potsdam. Besucher sollen dort einen Eindruck vom Regenwald bekommen. Aber wächst der nicht von allein? Was gibt es da zu gärtnern?
Na, es ist eben ein künstlich geschaffener Regenwald. Wenn Sie unten reinkommen, sind Sie auf Höhe der Bodenschicht. Dann führt Sie der Weg immer höher und am Schluss gelangen Sie über einen Steg in die Baumkronen. Unsere Anlage simuliert ja alle Schichten des Regenwaldes. Aber natürlich haben wir nicht eins zu eins das Klima in der Halle und auch nicht die Bodenorganismen.

Was bedeutet das?
Pflanzenmaterialien, die hier absterben, werden nicht in kürzester Zeit zersetzt. Wenn wir das liegenlassen würden, würde es schimmeln und womöglich Krankheiten verursachen. Deswegen müssen wir Laub sammeln und gucken, dass kein Besucher zu Schaden kommt. Die Menschen gehen ja durch diesen Regenwald. Bei uns regnet es ja auch nicht, wir haben ein Glasdach über uns. Es muss auch gedüngt werden.

Gibt es Insekten in der Biosphäre?
Bei uns existieren Krabbeltiere, die man vielleicht nicht so schön findet. Es handelt sich um tropische Schaben, die in Gewächshäusern durchaus vorkommen. Wir haben sie uns damals eingeschleppt mit einer Mangrove, die wir vorübergehend vom Botanischen Garten Potsdam hatten. Diese Schabe ist aber nichts Ungewöhnliches, in Tropical Island gibt es sie zum Beispiel auch. Aber diese Schabe kann den Boden bei uns natürlich nicht komplett zersetzen und dafür sorgen, dass neue Erde entsteht.

Das müssen die Gärtner also erledigen?
Ab und zu müssen wir Erde ausbringen. Das ist wie bei Ihnen zu Hause im Blumentopf, da wird die Erde über einen längeren Zeitraum ja auch weniger.

Sie haben viele Palmen in der Biosphäre. Werden ihre Blätter abgewischt?
Das ist schwierig. Wir gießen mit Schlauch und Düse und spritzen dann die Blätter ab. Aber es ist eben nicht wie im Regenwald, wo es stündlich regnet. Unsere Palmblätter sehen auch relativ braun aus, das hat aber nichts mit Staub oder Dreck zu tun. Das verursachen die Schädlinge, die wir auch in der Halle haben, Wollläuse, Spinnmilben etc. Die setzen sich auf die Blätter und saugen sie aus, entziehen also das Blattgrün. Wir haben zwar auch die entsprechenden Nützlinge, die die Schädlinge auffressen. Aber das Schadbild bleibt leider. Die neuen Triebe werden natürlich wieder grün.

Nutzen Sie zum Düngen auch Pestizide?
Wir haben einen organischen Flüssigdünger, der wird ganz gering per Sprühdüse aufgebracht. Das ist nicht schädlich. Weder für unsere Besucher oder unsere Tiere, wir haben ja auch freifliegende Vögel in der Halle.

Bis Ende März ist in der Biosphäre Orchideenzeit. Lernen Besucher hier auch, wie man die Pflanzen zu Hause pflegt?
Wir bieten auch Orchideenführungen an. Meist kommt nach ein paar Minuten schon die Frage: „Ich habe eine Orchidee zu Hause, und die blüht nicht. Was kann ich tun?“ Tipps gibt’s jeweils mittwochs um 14 Uhr im Rahmen eines „Orchideencafés“, das ich anbiete. Das funktioniert ohne Anmeldung. wer Interesse hat, kommt eben dazu. Ich bringen dann auch eine kleine Auswahl an Orchideen mit, die vielleicht nicht jeder kennt.

Haben Sie ein, zwei Beispiele?
Oerstedella wäre eine Variante oder Maxillaria, die hat ganz kleine Blüten. Wer sie nicht kennt, geht daran vorbei und nimmt sie nicht als Orchidee wahr. Es gibt ganz kleine, die wurden irgendwann mal auf ein Stück Rinde gebunden, und haften dann mit ihren Wurzeln von selbst daran. Sie leben von den Nährstoffen aus dem Wasser oder irgendwelchen Ablagerungen. Die meisten Leute haben aber Phalaenopsis, diese typische Schmetterlingsorchidee zu Hause. Es gibt sie auch bei den Discountern. Die kann ganzjährig warm stehen, dann blüht die auch.

Spazierweg über den Wipfeln.
Spazierweg über den Wipfeln.

© Tina Merkau/Biosphäre Potsdam

Welche Regeln sind noch beachten?
Klassischerweise mag die Orchidee ein Ostfenster, also nur die Morgensonne. Die Mittagssonne ist nichts für sie. Alle sieben bis zehn Tage sollte man den Topf tauchen. Manchmal reichen auch 14 Tage. Die meisten Leute gießen zu viel. So lange die Pflanze kräftig ist, braucht man sie nicht zu düngen, und selbst wenn man sie düngt, ist es keine Garantie, dass sie eine Blüte bekommt. Am besten, man beachtet die Pflanze kaum, dann kann sie jedes Jahr blühen.

Aber soll man nicht mit Blumen sprechen?
Viele haben mir erzählt, dass nicht gutes Zureden hilft, sondern eine Drohung, etwa so: „Wenn Du jetzt nicht blühst, dann fliegst Du in den Müll.“ Die harten Ansagen haben tatsächlich funktioniert.

Welche sind Ihre Lieblingsgewächse?
Ich finde es spannend, wenn zum Beispiel bei einer Banane, beim Kaffee oder beim Kakaobaum mal Blüten kommen. Denn diese Pflanzen bräuchten es im Prinzip wärmer und heller als es bei uns ist. Wir hatten aber sogar schon eine Kakaoschote – für drei Wochen. An so etwas erfreue ich mich. In Botanischen Gärten haben sie bald für jede Pflanzenart ein eigenes Haus und in jedem das speziell notwendige Mikroklima.

Es gibt ja auch allerlei Fische, Frösche und kleine Reptilien zu bestaunen.
Das war im Anfangskonzept nicht so vorgesehen. Da hatten wir nur drei Aquarien. Aber Pflanzen allein ziehen das Publikum nicht an.

Aber die Leute gehen doch in die Gewächshäuser von Botanischen Gärten?
Da dreht sich’s mehr ums Wissenschaftliche. An jeder Pflanze hängt ein Schild und eine Erklärung. Das haben wir selten. Wir wollen, dass es natürlich wirkt, da kann nicht überall ein Schild sein.

Was vermissen die Besucher?
Viele wünschen sich mehr Tiere. Andere möchten außerhalb der Orchideenschau mehr Blühendes. Dabei ist ein Regenwald nun mal grün. Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass es dort bunt ist.

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