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300 bis 400 Menschen gehen pro Tag zur Cottbuser Tafel. Abgebildet ist allerdings hier die Trierer Tafel.

© Harald Tittel/dpa

Transporter war erst ein halbes Jahr alt: Kühlwagen der Cottbuser Tafel gestohlen

300 bis 400 Menschen profitieren pro Tag von den Lebensmitteln, die die Cottbuser Tafel bereitstellt. Nun ist der Kühltransporter weg.

Die Aufschrift hob ihn ab aus der Masse, an der Dostojewskistraße 8 in Cottbus parkte am Wochenende nicht bloß einer dieser anonymen Lieferwagen. Auf den Seitenwänden, groß, unübersehbar, stand: „Tafel Cottbus: Wo Essen hingehört“. Auch der Eigentümer war auf dem Schriftbild leicht zu identifizieren: „Albert Schweitzer Kinderdörfer und Familienwerke“.

Ein Lieferwagen im Einsatz für die Armen, die Bedürftigen. Am Samstagabend wurde er in der Dostojewskistraße abgestellt, am Montagmorgen war er weg. Gestohlen. Direkt vor den Räumen der Cottbuser Tafel.
Hier geht es nicht bloß um einen simplen Diebstahl. Hier geht es vor allem um den Satz, den Kai Noack fassungslos formuliert: „In welcher Welt leben wir denn, dass man ein Fahrzeug stiehlt, das für Menschen in Not im Einsatz ist? Das ist schon grenzwertig.“
Für Noack, den Leiter der Cottbuser Tafel, ist dieser Diebstahl auch eine Geschichte über Moral und Respekt. 5000 Menschen sind bei seiner Tafel eingeschrieben, Rentner, Geringverdienende, alleinerziehende Mütter. Die Klientel, die kostenlos vernünftiges Essen erhalten und einen Minibetrag spenden können, wenn sie wollen. In der Regel ist das eine einzige Münze. Die Dostojewskistraße liegt in Sachsendorf, einem Brennpunkt von Cottbus. Die Kunden der Tafel müssen nicht weit gehen zu ihren Lebensmitteln. 300 bis 400 pro Tag tauchen auf.
Diese Kunden merken nichts vom Diebstahl, die „Albert Schweitzer“-Werke betreiben mehrere Tafeln, den Cottbusern stellen jetzt die Kollegen aus Spremberg ihr Fahrzeug zur Verfügung. Aber denen fehlt es natürlich für ihre eigene Arbeit.

„Die Helfer waren schockiert“

Doch Noack und seine Helfer merken den Verlust. Mittelfristig, das sagt der Tafel-Leiter deutlich, ein Hauch Verzweiflung in der Stimme, „brauchen wir ein neues Fahrzeug.“ Einen Kühlwagen, 80.000 Euro teuer. Nur mit diesem Kühlwagen dürfen die Helfer jene Lebensmittel transportieren, die sie morgens in Supermärkten einladen. Essen, das von den Märkten kommt oder von Privatpersonen gespendet wird. Die Ware, die Helfer am Samstag eingeladen hatten, trugen sie anschließend in der Dostojewskistraße in die Kühlregale der Tafel. Am Montag um elf Uhr wurde das Essen ausgegeben. Am Montag um 7 Uhr sollte das Fahrzeug wieder los, neue Ware holen, wie jeden Werktag. Doch das Fahrzeug war weg. „Die Helfer waren schockiert“, sagt Noack. Der Wagen war erst ein halbes Jahr alt, 18 Monate hatten sie Spenden gesammelt, bis sie die 80.000 Euro zusammen hatten. Der vorherige Kühlwagen war alt und kaputt.

Im März wurde ein Panzerschrank der Luckauer Tafel gestohlen

Natürlich, die Versicherung übernimmt einen Teil des Schadens. Aber halt nur einen Teil, schätzt Noack. „Bei uns bleibt trotzdem noch einiges hängen“, er geht von „rund 10.000 Euro“ aus. „Das Geld haben wir nicht.“ Und deshalb bittet er jetzt um Spenden. „Wenn jemand etwas Geld übrig hat und uns damit unterstützen könnte, wäre das toll.“

Diese Frage nach Moral und Respekt, diese Fassungslosigkeit über so ein Verhalten, das hat für Noack auch mit einem anderen Diebstahl zu tun. Im März haben Unbekannte in der Tafel in Luckau, im Kreis Dahme-Spreewald, einen Panzerschrank gestohlen, in dem Autopapiere und -schlüssel für zwei Transporter lagen. Die Luckauer Tafel gehört auch zum „Albert Schweitzer“-Familienwerk.

Die Kreissparkasse Cottbus spendete 4000 Euro

Den Tresor konnten die Täter nicht knacken, sie warfen ihn am Ende in einen Bach. Doch die Tafel hatte nur für einen Wagen einen Ersatzschlüssel. Eine Firma hatte dann die Schlösser für beide Wagen gewechselt. Bis dahin mussten die Spremberger auch schon aushelfen.

Aber Noack hatte am Montag auch gute Nachrichten: Die Kreissparkasse Cottbus sagte eine Spende von 4000 Euro zu. Auch ein anderer Anrufer hatte konkrete Hilfe im Angebot: Der Landesverband Bayern der Deutschen Tafeln stellt den Cottbusern so lange ein Fahrzeug zur Verfügung, bis die ein neues Kühl-Auto haben.

Wer spenden will: „Albert Schweitzer Familienwerk“, Betreff: Spende Fahrzeug Tafel“, IBAN DE 28180500003610900490.

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