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Für 2020 soll die FBB als „Corona-Nothilfe“ bis zu 300 Millionen Euro von Berlin, Brandenburg und dem Bund bekommen.

© Michael Kappeler/dpa

Top-Manager trotz Sparkurs angestellt: BER bekommt neuen Technikchef

Die Flughäfen leiden an der Coronakrise, es gilt einen Einstellungsstopp. Bei den Top-Positionen wird aber nicht gespart.

Wenige Monate vor der Eröffnung des BER am 31. Oktober 2020 ist wieder ein neuer Technikchef im Anflug: Nach Tagesspiegel-Informationen soll der Ingenieur und Baumanager Christoph Schäfer neuer Geschäftsbereichsleiter Bau und Technik bei der Flughafengesellschaft Berlins, Brandenburgs und des Bundes (FBB) werden.

Vorgänger Carsten Wilmsen hatte nach nur zwei Jahren vorzeitig den Rückzug angetreten. Es geht um einen der gut dotierten Jobs der zweiten Führungsebene der FBB, wo man schon mehr verdient als ein Regierungschef in Berlin oder Brandenburg.

Der 48-Jährige, der nach Tagesspiegel-Informationen für ein Jahresgehalt von 230.000 Euro angeheuert wird, ist bislang Bereichsleiter und Prokurist bei der Strabag in Hessen. Die Personalie soll am Freitag im Aufsichtsrat beschlossen werden.

Auf der Tagesordnung stehen auch der Vorbereitungsstand beim BER–Start, die Auswirkungen der Coronakrise und die dadurch noch größere Schieflage bei den FBB-Finanzen.

Die FBB bekommt damit seit 2012 bereits den sechsten Technikchef. Schäfer hat Karriere bei Baukonzernen gemacht, war etwa Projektleiter bei Hochtief, auch Geschäftsführer einer Tochter des Bilfinger-Konzerns, hat bereits ICE-Strecken und an Flughäfen gebaut.

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Seine Aufgabe soll es vor allem sein, geplante BER-Erweiterungen zu managen, wie das neue Terminal T3, das bis 2030 fertig sein soll. Er dürfte damit auch Chef der dafür geplanten FBB-Projektgesellschaft werden. Die FBB hält bislang am „Masterplan 2040“ fest, obwohl Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup davon ausgeht, dass die Spitzenwerte bei den Passagierzahlen vor der Coronakrise – 2019 waren es 35,6 Millionen Fluggäste – und das entsprechende Wachstum wohl erst 2024 wieder erreicht werden.

Wegen der Coronakrise soll gespart werden – aber nicht bei den Spitzenjobs

Gleichwohl ist es brisant, dass seit Monaten auf jeder Aufsichtsratssitzung Führungsjobs mit Spitzengehältern besetzt werden, während Lütke Daldrup der FBB einen Sparkurs verordnet hat. Seit Wochen gilt wegen der Coronakrise eigentlich ein Einstellungsstopp, sind große Teile der 2000-Mitarbeiter-Belegschaft in Kurzarbeit.

Erst im März war mit Michael Halberstadt ein neuer Personal-Geschäftsführer (Jahresgehalt: 300.000 Euro) bestellt worden, da Vorgänger Manfred Bobke von Carmen in den Ruhestand ging.

Auf der Sitzung im Mai folgte Aletta von Massenbach, bisher Führungskraft beim Fraport in Frankfurt am Main, die als neue Finanzgeschäftsführerin (Jahresgrundgehalt: 320.000 Euro plus 50.000 Euro Tantieme) berufen wurde.

Da der BER fertig wird, hatte der Bund zwar zwischenzeitlich einen Vorstoß gemacht, die dreiköpfige Geschäftsführung zu verkleinern. Das wurde aber von Eignern und Aufsichtsrat gleich verworfen.

Dabei haben die Einbrüche bei den Passagierzahlen und damit bei den Einnahmen die schon vorher kritische Finanzlage der tiefrote Zahlen schreibenden FBB weiter verschärft. Für 2020 will die FBB als „Corona-Nothilfe“ bis zu 300 Millionen Euro von Berlin, Brandenburg und dem Bund, die diese Kapitalspritze bereits bewilligt haben. Bis 2024 – und damit noch Jahre nach dem Start des bereits 6,7 Milliarden Euro teuren BER – braucht die FBB nach Tagesspiegel-Recherchen weitere 1,5 Milliarden Euro von der öffentlichen Hand.

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Auch im zwanzigköpfigen Aufsichtsrat unter Chefaufseher Rainer Bretschneider werden Stühle gerückt, und zwar auf der Brandenburger Bank. Die Potsdamer Kenia-Regierung will eins der vier Mandate des Landes neu besetzen.

Mit Wolfgang Krüger, früher Hauptgeschäftsführer der IHK Cottbus, scheidet nach der Sitzung einer der dienstältesten Aufsichtsräte aus. Er war nach der geplatzten BER-Eröffnung 2013 als Wirtschaftsexperte in das Gremium gekommen.

Brandenburg schickt einen Berliner in den Aufsichtsrat

Als Nachfolger will Brandenburg, ein Novum, erstmals einen Berliner in den Aufsichtsrat entsenden. Auf „CDU-Ticket“, veranlasst hat das Innenminister Michael Stübgen: Nach Tagesspiegel-Informationen soll der Berliner Ex-Staatssekretär Henner Bunde Aufsichtsrat für Brandenburg werden.

Der 55-Jährige war von 2012 bis 2019 Wirtschaftsstaatssekretär in Berlin, gilt als kompetent und loyal. So hatte die Grünen-Senatorin Ramona Pop nach der Bildung des rot-rot-grünen Senats 2016 Bunde trotz CDU-Parteibuchs einige Jahre als Staatssekretär behalten.

Mit dem BER hatte Bunde schon früher zu tun. Er war bis 2012 Referatsleiter für Beteiligungsmanagement in der Senatsverwaltung für Finanzen.

Um die BER-Aufsichtsratsmandate ist in der Kenia-Koalition, wo CDU und Grünen als Regierungsneulingen jeweils ein Mandat zusteht, schon seit Ende 2019 hinter den Kulissen gepokert worden. Auch die Grünen hatten einen hochkarätigen Experten gewonnen, nämlich den früheren Kölner Flughafenchef Michael Garvens, der sich mit dem Betrieb von Flughäfen auskennt. Das wird nach dem BER-Start noch wichtiger und ist bislang eine Leerstelle im Aufsichtsrat. Diese Personalie scheiterte dem Vernehmen nach am Veto der Staatskanzlei von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), die wohl Lütke Daldrup mit dem BER-Erfolg keinen potenziellen Konkurrenten als Aufpasser vorsetzen wollte.

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